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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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Asylantenheim hochgeht. Niemals würde er kneifen. Aber er will für den Scheiß nicht zehn Jahre in den Knast.
    Wenn nach der Aktion alles rauskommt, dann wäre ich sogar nachträglich der Gute. Ich könnte sagen: „Mama, hast du wirklich geglaubt, ich sei bei den Glatzen? Ich doch nicht! Ich weiß, wie viele Sorgen du dir gemacht hast. Aber ich konnte auch dir die Wahrheit nicht sagen. Niemand durfte wissen, dass ich ein Spion war. Die hätten mich sonst umgelegt. Aber jetzt weißt du es. Ich war immer auf Seiten der Guten, auch wenn es so aussah, als wäre ich bei den Bösen.“
    Ja, so könnte es gehen.
    Er atmet tief durch. Ein V-Mann ist auch jemand, der für Ruhe und Ordnung sorgt. Ein Söldner für den Staat.
    Da stupst jemand Jürgen von hinten an. Es ist ein junger Türke.
    „Drecksack!“, sagt er angriffslustig. „Komm mit um die Ecke.“
    „Klar“, zischt Jürgen, „komm. Erledigen wir das sofort, Kanake.“
    Jürgen geht mit. Fast einig schreiten sie nebeneinander her. Dann ist das Polizeipräsidium außer Sichtweite.
    Noch einmal nach links. Dann weiß Jürgen, dass er reingelegt wurde. Dort steht die ganze Türkengang.
    Jürgen versucht zu fliehen, dreht um und rennt in eine Faust.

63
    Siggi kann nicht zur Arbeit gehen. Es kommt ihm so lächerlich vor. Soll er wirklich Törtchen mit Ananas belegen, Baumkuchen bestreichen oder Berliner füllen?
    Seine Gedanken kreisen um Yogi. Wenn er irgendeine Frau überfallen und vergewaltigt hätte, gut. Aber die eigene Schwester? Er mochte Renate doch. Seine Ate.
    Ein paarmal hatte Siggi Yogi erwischt, wie er mit glasigen Augen, eine Hand in der Hose, in einer Illustrierten blätterte.
    Und wenn, denkt Siggi. Wie oft hab ich auf Illustriertenblätter gewichst? Das hat wohl jeder. Dafür sind die Dinger doch da. Bring ich deshalb Frauen um?
    Klar wollte Yogi immer mit dabei sein, wenn sie sich zusammen Pornos reingezogen haben. Na und? Er hat auch schon mal versucht, auf dem Spielplatz einem kleinen Mädchen die Hose auszuziehen. Und plötzlich sieht Siggi das alles in so dunklen Farben.
    Dann denkt er wieder: Quatsch. Das ist alles ganz normal. Ich mach so etwas auch. Ich bin auch hinter Mädchen her. Glotze jeder auf die Beine. Flippe bei schwarzen Nylons aus. Knall mal einer Kellnerin auf den Arsch oder gucke beim Treppensteigen Frauen unter die Röcke. Ich bin wie er. Ganz normal.
    Doch dann ist es für ihn, als ob eine kalte Hand nach seinem Herzen greifen würde. Die Hand drückt es zusammen, es pocht und blubbert zwischen den Fingern, will sich befreien und wird doch immer mehr zusammengepresst. Es fühlt sich eng an in der Brust. Eng und schwer.
    Ich bin wie er. Er ist wie ich.
    Ich habe genauso viel Scheiße in mir wie er. Dass ich keinen Mord begehe, liegt nur daran, dass ich klüger bin und Angst vor den Konsequenzen habe. Sonst …
    Ich habe sogar noch zu Renate gesagt: „Ich bring dich um, du blöde Kuh!“ Ach, einmal? Zigmal. Und nicht gesagt, sondern geschrien. Ja, das macht man so. Das ist nicht ernst gemeint. – Am Samstag werde ich zum Mörder werden. Dann sind wir wieder gleich. Du und ich.
    Siggi sitzt auf der Parkbank. Yogi jagt unten am Teich Enten. Er kriegt sie nie. Er scheucht sie nur hoch mit wedelnden Armen und seinem Geschrei.
    Ein kleiner Junge versucht, die Enten zu füttern. Er wirft Brotkrumen. Die Enten flattern heran. Dann kommt Yogi. Sie stoßen auseinander, in alle Richtungen, drehen in gebührlicher Entfernung um und versuchen erneut, ein Stück Brot zu erobern.
    Das kann noch Stunden so gehen, wenn das Kind genug Brot hat. Die Enten werden nicht aufgeben und Yogi erst recht nicht. Er kann stundenlang das Gleiche tun, ohne sich zu langweilen, um dann unvermittelt das Interesse daran zu verlieren und in einen Zustand geistiger In-sich-Gekehrtheit zu verfallen.
    Die Mutter des kleinen Jungen findet ebenfalls Spaß an dem Spiel. Sie reicht Yogi eine Handvoll alter Brotrinde. Yogi nimmt etwas davon in den Mund und probiert. Der kleine Junge sagt „Iiihh!“ und dann lacht er. Yogi mag es, wenn Kinder über ihn lachen. Clown. Spaßmacher. Knallkopf.
    Yogi stopft sich jetzt alle Brotrinden in den Mund. Auch die Frau lacht. Yogi will etwas sagen. Als er den Mund öffnet, fallen Brotstücke heraus. Die mutigsten Enten schnappen direkt vor seinen Füßen danach.
    Yogi streichelt die Frau. Er kennt sie. Sie ist oft hier mit dem kleinen Markus. Manchmal bekommt Yogi Bonbons von ihr. Die gleichen wie Markus. Sie ist lieb. Sie hat

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