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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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neuerdings solche Angst vor ihm hat.
    Siggi macht sich seinen Reim darauf. Wolf hilft ihnen nicht nur, weil er Siggis Freund ist. Oh nein. Wolf hat durch Yogis Tat etwas entdeckt, das ihn anzieht. Seine dunkle Seite.
    Solange Yogi nur ein Kindskopf war, interessierte sich Wolf nicht für ihn. Aber jetzt, jetzt fühlt er sich ihm näher, denn Yogi hat etwas Schlimmes gemacht. Auch Wolf plant Schlimmes.
    Die Guten halten zusammen, aber die Bösen auch. Wer richtig gemein sein kann, für den hat Wolf immer Respekt. Prügelpädagogen findet er super. Auch Polizisten, die richtig draufhauen. Alles Lasche widert ihn an.
    Siggi stopft die Kleider in den Allesbrenner. Er hält die Tür offen und sieht zu, wie die Beweise zu Asche werden. Diesmal wird er Yogi beschützen und alles wieder gutmachen.
    Er war nicht schuld. Nicht wirklich, auch wenn alle ihm die Schuld gaben. Es hatte geregnet seit fast drei Tagen und das in den Ferien. Sie hockten aufeinander. Mama, Papa, Yogi, Renate und er. Whisky, der kleine schwarze Hund mit dem weichen Fell, drehte fast durch. Er brauchte Auslauf.
    Er war jung. Dreimal am Tag musste jemand mit ihm gehen. Morgens, mittags und abends. In der Siedlung gehörte er an die Leine. Erst hinten, auf der sogenannten Kackstrecke, durfte er losgemacht werden.
    Renate, die Frühaufsteherin, war morgens gegangen. Yogi mittags und jetzt, abends vor dem Schlafengehen, war Siggi dran.
    „Es ist dein Scheißköter“, sagte er zu Yogi. „Wem ist er denn zugelaufen, dir oder mir?“
    Weder Mama noch Papa kümmerten sich um das Tier. Es war die Sache der Kinder. Die Eltern meckerten nur, wenn etwas schieflief, wenn Whisky auf den Teppich pinkelte oder einen Pantoffel anfraß.
    Statt mit dem Köter durch den Regen zu latschen, ließ Siggi ihn nur einfach nach draußen. Sollte er doch in die Vorgärten scheißen. Siggi juckte das nicht.
    Dann schimpfte Vater, wenn sich keiner um den Hund kümmere, müsse er eben abgegeben werden. Es habe schon zwei Klagen von Nachbarn gegeben, er habe die Nase voll.
    Yogi sprang auf, ging zur Tür und rief: „Whisky!“
    Aber das blöde Vieh hörte nicht, wie immer. Dann rannte Yogi raus. Im Hemd durch den Regen, um Whisky zu fangen.
    Er wurde überfahren von diesem besoffenen Schwein. Er. Nicht der Scheißköter. Seitdem war alles in der Familie anders. Und jetzt hatte der Idiot seine eigene Schwester umgebracht.
    Siggi kommt sich vor, als ob er es getan hätte. Wieder durch eine Unachtsamkeit, durch Faulheit, Verantwortungslosigkeit. Wäre er damals mit Whisky Gassi gegangen, wie die Eltern es verlangt hatten, wäre aus Yogi kein sabbernder Knallkopf geworden. Hätte er besser auf Yogi aufgepasst, wie er es Mama versprochen hatte, würde Renate heute noch leben.
    „Du wirst uns noch alle ins Unglück stürzen!“, hört Siggi seinen Vater sagen, obwohl der gar nicht im Raum steht. „Du! Weil du nie auf deine Eltern hören kannst.“

62
    Jürgen sitzt breit grinsend an Dieters Bett und hört sich die Geschichte an. Er hat für seinen Kumpel einen Sixpack Dosenbier ins Krankenhaus geschmuggelt. Aber Dieter kann nicht trinken, weil „es beim Pissen wehtut“.
    Drei Punks waren angeblich dabei. Zwei Türken und ein Italiener. Der Rest Neger. Pakistanis oder Inder. Insgesamt gut ein Dutzend. Bewaffnet mit Messern und Schlagstöcken.
    „Drei hab ich alle gemacht. Das hättest du sehen sollen. Den Türken erkennen wir überall. Der hat nur noch ein Ohr. Der Punk eine Nase wie ein Pflasterstein. Ich in der Mitte“, er gestikuliert, haut im Krankenbett um sich, als sei er wieder im Kampf, „ich den linken Arm hoch. Rechts das Messer. Und dann – zwei lagen schon – da springt mich einer von hinten an … Ich pack ihn in die Haare … weißte, so – sag mal, warum grinst du denn so dämlich?“
    Jürgen schluckt. Dann sagt er, was er weiß. Er platzt damit raus. „Hör doch auf. Jeder weiß es längst. Die Krankenschwestern giggeln im Flur darüber. Dir hat eine den Schwanz abgebissen. Von wegen, Messerstich!“
    Dieter fühlt sich bleischwer. Er hat geglaubt, es könnte ein Geheimnis bleiben. Maria würde bestimmt nicht reden, und er hat einmal gehört, Ärzte hätten eine Schweigepflicht. Er hat ihnen nicht verraten, „welches Miststück das war“.
    „Ist er ganz ab oder fehlt nur ein Stück?“, fragt Jürgen. Er hat Dieter noch nie so blass gesehen. Er will ihn trösten und sagt, wie so oft im Leben, genau das Falsche. „Man kann so was heute reparieren. Echt. Hab

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