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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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gibt ihr einen gewissen Vorteil, hofft sie. Sie ist nicht zum ersten Mal in diesem Keller. Dieter vermutlich schon.
    Warum kann ich nicht schreien? Warum nicht? Es wohnen acht Mietparteien hier. Gut dreißig Leute. Einer würde mich bestimmt hören. Jetzt sind die Leute sensibilisiert für so etwas. Aber ich kann nicht schreien. Komisch, ich kann mit ihm reden, aber ich kriege keinen Pieps heraus, wenn ich schreien will.
    Maria ertastet eine Eisenstange. Ein altes Rohr. Sie drückt sich mit dem Rücken gegen die Wand, die Stange schlagbereit.
    Ich werde sie dir über den Schädel ziehen, du Sau.
    Sie erkennt Umrisse in der Dunkelheit, und sie hört ihn polternd näherkommen. Dieter ist keine zwei Meter von ihr entfernt, tastet sich mit der Linken an der Wand lang, in der Rechten das Messer. Er sieht sie nicht.
    Gleich, gleich. Komm nur noch einen Schritt näher.
    Seine Finger erreichen den Lichtschalter. Mitten in ihren Schlag hinein erhellt sich der Flur. Er sieht das Rohr kommen, duckt sich und reißt die Arme hoch. Das Metall kracht auf seinen Rücken. Maria holt noch einmal aus aber jetzt hat er sie.
    Das Rohr poltert auf den Boden. Dieter schlägt mit links zu, dreimal, viermal. Der Schmerz im Rücken behindert ihn beim Ausholen und treibt ihn gleichzeitig dazu, ihr wehzutun und erneut zuzuschlagen.
    Dann reißt er ihren Kopf an den Haaren herum. Er zwingt sie auf die Knie und drückt ihr sein Ding in den Mund. Er hält ihr dabei das Messer an die Kehle und dirigiert ihren Kopf mit der Faust in ihren Haaren.
    Sie schluckt, würgt, verzieht das Gesicht.
    Gleich muss sie kotzen, dann weiß sie wenigstens, wie das ist. Ich habe auch gekotzt wie ein Reiher von dem Scheißgas.
    In ihrer dunklen Verzweiflung wird Maria bewusst: Sie kann auch das hier keinem erzählen. Nie darf das jemand erfahren. Nie. Gino vielleicht. Nein, auch er nicht. Es muss ein Geheimnis bleiben zwischen ihrem Peiniger und ihr. Doch solange sie schweigt, wird er es immer wieder tun.
    Der hört nicht auf. Der nicht. Für den bin ich jetzt das Opfer. Es wird nie aufhören. Es gibt keine Hilfe.
    Die Ausweglosigkeit gibt ihr Mut. Den Mut der Verzweiflung.
    Maria beißt zu. So fest sie kann, alle Kraft in die Kiefer. Gleichzeitig drückt sie die Hände gegen seine Beine.
    Der Schmerz ist so unglaublich, dass er das Messer vor Schreck fallen lässt.
    Sie hat sich festgebissen. Mit ihrem ganzen Körpergewicht hängt sie an seinem Schwanz und zieht ihn lang. Er versucht, sie an den Haaren näher zu sich zu ziehen, aber das hat keine Wirkung.
    Ihr Mund füllt sich mit Blut. Es knackt und knirscht.
    Ansatzlos schlägt er zu. Ihr Kopf fliegt nach hinten. Sein Schwanz reißt durch.
    Irre vor Schmerz und Wut stolpert Dieter gegen Fahrräder. Er windet sich gurgelnd und jammernd am Boden.
    Maria rafft sich auf. Sie spuckt das rohe Stück Fleisch aus.
    Ihre Lippen. Ihr Kinn. Ihr Hals. Ihr T-Shirt. Alles voller Blut.
    Sie flieht aus dem Keller. Im Rennen packt sie ihre Handtasche und nimmt das Reizgas, aber das braucht sie nicht mehr. Sie hält es im Fahrstuhl gegen den Ausgang gerichtet, bis die Tür sich endlich geschlossen hat und der Fahrstuhl in die vierte Etage fährt.
    Dann steht sie vor der Tür. Was jetzt? Soll sie so reingehen? Was soll sie erzählen?
    Die Wahrheit. Nein, das geht nicht. Soll der Typ doch im Keller verbluten.
    Sie schließt auf, rennt zum Badezimmer durch und verriegelt die Tür. Sie wirft sich kaltes Wasser ins Gesicht, putzt sich die Zähne, gurgelt mit Mundwasser. Nicht zwei Tropfen ins Wasserglas wie sonst. Nein. Ein Drittel von dem Rachenspüler. Es beißt, ätzt den Geschmack weg. Tötet jeden Geschmacksnerv ab.
    Die Stimme vor der Tür ignoriert sie.
    Das T-Shirt wird sie nie wieder anziehen.
    Unter der heißen Dusche kriegt sie einen Lachkrampf, bevor das heulende Elend sie packt.

61
    Siggi wühlt in Yogis Schrank. Er muss die Klamotten finden. Was hatte Yogi an dem Tag an? Das Hemd hier. Ja, das bestimmt. Es ist schon frisch gewaschen, aber Siggi weiß, die Bullen können Blutspuren in den Fasern feststellen. Der ganze Mist muss weg.
    Die Hose hier oder die? Beide. Nur nicht kleinlich sein. Die Socken. Am besten alle und dann die krumm getretenen Turnschuhe. Yogis Schuhe wellen sich alle in der gleichen Art. So als hätte er keine Füße, sondern Räder.
    „Schon an den Schuhen sieht man, dass er bekloppt ist. So laufen nur Irre!“, hat Wolf einmal gesagt. Wolf, der Söldner, der plötzlich zu Yogi hält, obwohl Yogi

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