Samtpfoten im Schnee
er herausfordernd.
»Ich werde Lady Hamlin daran erinnern, dass Sally Jersey eine sehr enge Freundin von mir ist. Wenn sie also Wert darauf legt, dass ihre Tochter auch in der nächsten Saison zu exklusiven Gesellschaften der Almacks eingeladen wird, dann ...«
Justin grinste, als sein Blick von Irene zu Meghan wander-te. »Erpressung und Nötigung. Ich muss aufpassen, dass ich euch beiden nie in die Quere komme.«
Meghan wusste, dass die Suche nach der verschwundenen Katze fortgesetzt worden war. Vor dem Essen stattete sie dem Kinderzimmer einen kurzen Besuch ab und musste feststellen, dass Joy noch immer an ihrem Schweigen festhielt. Man hatte ihr ein neues Kätzchen angeboten, aber sie hatte es zurückgewiesen.
Nach dem Abendessen zogen sich einige Gäste in den Sa-Ion zurück. Man unterhielt sich gedämpft, wobei die Gespräche sich meist um das Wetter drehten, denn es hatte wieder zu schneien angefangen. Hin und wieder wurde leise die neugierige Frage nach dem Grund der Abreise der Hamlins gestellt, aber letztlich akzeptierte jeder die Erklärung, die dafür gegeben worden war.
Als sich die Herren wieder zu den Damen gesellten, war Justin nicht unter ihnen. Er kam einige Minuten später und ging zu der Gruppe, zu der auch Meghan gehörte. Da Justin besorgt wirkte, wandte sie sich von den anderen ab und sah ihn fragend an.
»Ich komme eben von Joy. Ich habe ihr gute Nacht gesagt.«
»Noch immer nichts von Schneeflöckchen?«, fragte Meghan leise.
»Nichts. Einer der Stallburschen glaubte, das Kätzchen gesehen zu haben, war sich dann aber doch nicht sicher.«
»Es ist der zweite Tag«, stellte sie fest.
»Ich weiß. Und ich habe Joy versprochen, dass wir die Katze finden werden.«
»Hat sie ... bis jetzt irgendetwas gesagt?«
»Nein.« Seine Augen waren ausdruckslos. »Joy glaubt, das Kätzchen ist verschwunden, weil sie nicht brav gewesen ist.«
»Hat sie sich denn schlecht betragen?«
»Nicht das ich wüsste. Aber genau das hat sie auch geglaubt, als ihre Mutter fortgegangen ist. Und das ist irgendwie das Schlimmste dabei - weil es ein Rückschlag ist.«
»O Justin, es tut mir so Leid.« Meghan legte die Hand auf seinen Unterarm und drückte ihn mitfühlend.
»Danke.« Er legte seine Hand auf ihre, und bei dieser Be-rührung spürte Meghan eine Welle der Wärme in sich aus-breiten.
Nachdem sie sich wieder zu den anderen gesellt und Justin sich dem Gespräch mit einem der Gentlemen zugewandt hatte, bemerkte Meghan, dass Laytons Blick nachdenklich zwischen ihr und Justin hin und her ging.
Später, als Meghan sich zurückgezogen hatte und bereits zu Bett gegangen war, um zu lesen, hörte sie das inzwischen vertraute Geräusch an ihrer Tür.
»O Joy, Liebling, du musst in deinem eigenen Bett schlafen.«
Das Kind stand wie verloren da und schüttelte abwehrend den Kopf.
Meghan seufzte und ließ es eintreten. »Also gut. Es brauchte ein weitaus härteres Herz als meines, um es dir ab-zuschlagen.«
Meghan zog an der Klingelschnur. Der Zofe, die kurz darauf nach ihren Wünschen fragte, gab sie den Auftrag, Lord Justin - und auch dem Kindermädchen - mitzuteilen, dass Joy erneut der Obhut des Kinderzimmers entschlüpft war.
»Wenigstens werden sie wissen, wo du dieses Mal bist«, murmelte Meghan, als sie wieder ins Bett ging. Joy schmiegte sich an sie, und Meghan fühlte einen solchen Ansturm von Zuneigung zu dem kleinen Mädchen, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie schüttelte den Kopf und legte tröstend den Arm um das Kind. »Ich weiß nicht, wie ihr es angestellt habt«, murmelte sie, »aber du und dein Vater habt es geschafft, alle meine Vorsätze umzuwer-fen!«
Am nächsten Morgen holte das Kindermädchen Joy aus Meghans Zimmer ab, ganz so, als handele es sich um einen ganz und gar üblichen und gewohnten Vorgang.
Der Schnee, der in der Nacht gefallen war, hatte die Welt von Everleigh in ein Winterwunderland verwandelt. Die Schlitten wurden aus der Abstellkammer hervorgeholt, in der sie gelagert worden waren, und vor den alten Pferde-schlitten wurde ein verlässliches Zugpferd gespannt, sodass man für den Rest des Tages Spazierfahrten in die Umgebung unternehmen konnte.
Eine Reihe von Kindern und Erwachsenen waren mit den Rodelschlitten zu einem Hügel gezogen, der sich in einiger Entfernung vom Herrenhaus erhob. Joy hatte darauf bestanden, dass Meghan sie auf dieser Schlittenexkursion begleitete, indem sie sie wortlos bei der Hand genommen und mit sich gezogen hatte. Das Kind
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