Samtpfoten im Schnee
Als sie aufstand, fiel eines ihrer Bücher mit einem lauten Knall zu Boden.
»Ich denke«, sagte sie mit einem vernichtenden Blick auf Mutter und Tochter Hamlin, »dass Ihr Euren Gatten und Ihr Euren Vater zum Gespött der politischen Welt gemacht haben werdet, wenn die Kunde von diesem geschmacklosen kleinen Komplott dem Premierminister oder einem der anderen Lords erst einmal zu Ohren gekommen ist.«
Lady Hamlin war so schockiert, dass ihr die Worte fehl-ten. Georgina öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
»Und darüber hinaus«, fuhr Meghan fort, »bezweifle ich, dass man auch nur eine von Euch je wieder in den Salons dieses Königreiches willkommen heißen wird.«
Georgina fand schließlich ihre Sprache wieder. »Justin!
Ihr wart hier drinnen mit ihr?«
»Das ist ja unerhört!«, keuchte Lady Hamlin. »Komm mit, Georgina!«
Die beiden Hamlin-Damen verließen die Bibliothek, die eine aufgebracht, die andere mit einem wehmütig-sehnsüchtigen Blick zurück. Die Tür fiel hinter ihnen mit einem lauten Knall ins Schloss.
Justin hatte es für einen Augenblick die Sprache verschlagen. Er sah Meghan an, in deren Augen noch das Feuer der Schlacht glühte. Großer Gott, sie ist hinreißend, dachte er mit einem Blick auf ihre entschlossene Haltung und die roten Flecken, die der Zorn auf ihre Wangen gezaubert hatte.
Justin klatschte in die Hände, um ihr zu applaudieren.
»Bravo! Ich wäre mit der Situation zurechtgekommen, aber vermutlich nicht ganz so wirkungsvoll.«
Plötzlich schien sich Meghan ihres Auftritts bewusst zu werden, denn sie wirkte verlegen. »Ich ... oh ... es ist nur, dass ich Heimtücke verabscheue - und die beiden schienen zu versuchen, Euch in eine Falle zu locken.«
»Ich hatte keine Ahnung von Eurer Anwesenheit.«
»Ich ... ich wollte mich Euch gerade bemerkbar machen, als Miss Hamlin hereinkam. Und dann wollte ich keinen von uns in eine peinliche Situation bringen.« Sie wandte sich ein wenig ab.
Justin ging zu ihr und berührte sie an der Schulter. Meghan wandte sich um, und mit einem kleinen überraschten Aufschrei lag sie plötzlich in seinen Armen. Er hielt sie fest, ihr Kopf ruhte unter seinem Kinn. Er schloss die Hände um ihr Gesicht, hob ihren Kopf und sah ihr in die Augen. Justin staunte darüber, was für eine wahrhaft wunderschöne Farbe Grau sein konnte.
»Ihr wart wunderbar. Meine Ritterin in schimmernder Rüstung«, flüsterte er und küsste sie. Georgina hat Recht, ging es ihm durch den Sinn. Der Kuss auf dem Ball war ein Versprechen gewesen, denn Meghan hatte sich mit ihrer Erwiderung unauslöschbar in seine Seele eingebrannt.
Als Justin sich zurückzog, atmete er schwer und schien irgendwie aus der Fassung geraten.
»Sollte ich mich entschuldigen - wieder einmal?«, fragte er und hielt ihren Blick gefangen.
»Nein. Es war mein Fehler ebenso wie der Eure. Aber es darf nicht wieder geschehen.«
Nun gut, dachte Justin. Sie hat also eine Übereinkunft mit Layton. Und dennoch hatte sie seinen Kuss erwidert, als sei es ihr ernst damit gewesen. Vielleicht jedoch war ihre Reaktion aber auch nur die Folge der aufwühlenden Szene mit den Hamlins. Justin unterdrückte die aufflam-mende Enttäuschung, die ihn bei diesen Überlegungen ergriff.
»Kommt«, sagte er. »Ich denke, wir sollten Irene berichten, was sich hier ereignet hat. Sie und Robert werden Wert darauf legen, dem Schaden zuvorzukommen, den die Hamlins anrichten könnten.«
Irene war in ihrem Salon. Sie lachte herzlich über die Geschichte von Meghans entschlossenem Eingreifen.
»Du warst in diesem Theaterstück, das wir in der Schule aufgeführt haben, absolut fehlbesetzt, Meghan«, erklärte Irene während eines weiteren Lachanfalls. »Du hättest den Ro-bin Hood spielte sollen, nicht die unterwürfige Marian.«
»Es ist ja gut und schön, herzlich darüber zu lachen, meine liebe Schwägerin, aber was können wir tun, um dem zuvorzukommen, was diese beiden Damen möglicherweise anrichten könnten?«
»Mach dir deswegen keine Gedanken«, beruhigte Irene ihn. »Lady Hamlin war gerade bei mir. Sie hat erklärt, dass Hamlin eine dringende Nachricht von zu Hause erhalten hat und dass sie binnen einer Stunde abreisen werden - trotz des Wetters.«
Justin machte eine ungeduldige Handbewegung. »Dass sie Everleigh heute verlassen, bedeutet nicht, dass sie Meghans Namen in der Stadt nicht in den Schmutz ziehen werden.«
Irene erhob sich. »Ich bin sicher, dass ich das verhindern kann.«
»Wie denn«, fragte
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