Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
Sir William und Harriet saßen dem Liebespaar gegenüber. Jack Tate war in einen Gasthof in der Nähe gezogen. Offenbar fand er es unpassend, weiterhin unter Dashs Dach zu wohnen, nachdem der Versuch, seine Frau zu verführen, fehlgeschlagen war.
„Ja“, sagte Maryanne zu Dash und bemühte sich um einen festen Ton. „Das werden wir tun.“
In seiner Miene spiegelte sich mehr als Überraschung, als seine kantige Kinnlade nach unten fiel und seine dunklen Augenbrauen in die Höhe schnellten. Dann vertiefte sich sein Grübchen, und sein breites Lächeln blendete sie mehr als der weiße Schnee. „Das werden wir tun“, wiederholte er ihre Worte. Was wollte er ihr sagen? Dass er tatsächlich ein Mörder war?
Dieser Mann, ihr Ehemann, war ein Fremder für sie. Und alles, was sie über ihn erfuhr, war entsetzlich. Da waren Männer, die ihm nach dem Leben trachteten, eine geheimnisvolle, unglückliche Kindheit, eine ermordete Verlobte, sein Geständnis, seinen Cousin getötet zu haben …
Sie rückte von Dash weg, als der Schlitten eine weitere offene Wiese überquerte und sich dem Besitz von Lord und Lady Markham näherte, einem elisabethanischen Haus, das inmitten eines riesigen Parks lag. Bedeckt von Schnee und Reif, ähnelte es Dashs Haus – einem Märchenschloss.
Begeistert zeigte Anne auf einen zugefrorenen Teich, und Maryanne reckte neugierig den Hals. „Du wirst auf keinen Fall Schlittschuh laufen, Liebste“, bemerkte Dash in entschiedenem Ton.
Somit bot sich ihnen die perfekte Gelegenheit, einen Moment allein zu sein.
Es schien endlos lange zu dauern, bis die Gesellschaft die Schlittschuhe hervorgesucht hatte – seltsame Apparate mit scharfen Metallkufen und verknoteten Lederbändern. Während sie neben Dash am Fenster stand, um den Schlitten hinterherzuwinken, die sich in Richtung des zugefrorenen Sees entfernten, bemühte sich Maryanne, tief und gleichmäßig zu atmen.
Die Begegnung mit ihren Gastgebern und den übrigen neugierigen Gästen war wie in einem Nebel an ihr vorübergezogen. Maryanne konnte sich kaum erinnern, was sie gesagt hatte. Niemand hatte ein Wort über ihre Schwangerschaft verloren. Wie viele der Anwesenden wohl ahnten, dass sie guter Hoffnung war?
Sicher hatte jedes ihrer Worte und ihrer linkischen Bewegungen ihren Gastgebern, der Frau des Pfarrers und den anderen Damen deutlich gezeigt, dass Dash unter seinem Stand geheiratet hatte. Und ebenso sicher hatten sie erraten, was der Grund für diese Ehe war.
Fast wünschte sie sich, sie könnte auf den Tisch steigen und es allen ins Gesicht schreien. Das wäre ihr viel leichter gefallen als das Warten. So aber saß sie da, die Finger um ihr Glas gekrampft, und wartete darauf, dass irgendeine scharfzüngige Katze ihre Krallen ausfuhr und sie verletzte.
Sie waren alle so herzlich und nett zu ihr. Waren das wirklich die Gefühle dieser vornehmen Damen ihr gegenüber? Oder war es einfach die Weihnachtsstimmung? Jedenfalls wurde ihr höchst aufmerksam nachgeschenkt, sodass ihr Glas niemals leer war.
Zwischendurch schlüpfte sie aus dem Salon, um sich frisch zu machen, und kam genau in dem Moment zurück, als Sir William und Dash ebenfalls auf den Flur hinaustraten. Sir William hatte eine Hand auf die Schulter ihres Mannes gelegt. „Seit Miss Westmorelands Tod ist viel Zeit vergangen. Du kannst nichts dafür, Swansborough, denn du hast getan, was du konntest. Nun hast du eine Frau, der du viel bedeutest. Und ein Kind. Liebe deine Frau.“
Liebe deine Frau.
Als die Schlitten nicht mehr zu sehen waren und Maryanne sich vom Fenster abwandte, griff Dash nach ihrer Hand und schob seine kräftigen Finger zwischen ihre. Dann ließ er seine Finger auf und ab gleiten, und sie schmolz dahin. Ihr Rückgrat verwandelte sich in heißes Wachs, und vor Verlangen wurde es zwischen ihren Schenkeln von einer Sekunde auf die andere feucht.
Natürlich waren sie nicht wirklich allein. Mit teilnahmslosen Gesichtern standen überall im Salon Diener herum. Sie wünschte sich, sie könnte die Dienstboten fortschicken. Ihre Beine zitterten, und sie wollte zum Sofa wanken, darauf niedersinken und Dash über sich ziehen.
„Lass uns unsere Mäntel holen, hinaus auf die Terrasse gehen und die klare Luft genießen“, schlug sie vor.
Im Stillen betete sie, dass die Kälte sie auch innerlich abkühlte, und als sie endlich angezogen und draußen waren, wählte sie sofort eine kalte Steinbank, um sich darauf niederzulassen. An den gerundeten Rändern der Bank
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