Samtschwarze Nacht - Dodd, C: Samtschwarze Nacht - Into the Shadow (Darkness Chosen 03)
»Meinst du, Mingma konnte noch rechtzeitig entkommen? Meine Köchin und Dolmetscherin wollte fliehen und sich in Sicherheit bringen. Meinst du, sie hat es geschafft?«
»Mit Mingma ist alles okay«, meinte er lapidar, seine Miene unbewegt.
»Wirklich?«, brachte sie unsicher hervor. »Woher willst du das so genau wissen?« Verdammt, sie klang wie ein verschrecktes kleines Mädchen.
»Mingma ist clever, sie hat die Gefahr rechtzeitig genug erkannt. Anders als du.« Er kniete sich vor Karen, band ihr den Schuh auf und zog ihn ihr mitsamt Jeans aus.
Welche Gefahr meinte er damit? Karen war sich nicht recht schlüssig. Sprach er vom Mount Anaya oder von der Gefahr, die er für sie darstellte?
Sie wich zurück. »Ich weiß zwar nicht, was du vorhast, aber …« Sie wusste ganz genau, was er vorhatte - und Vorsicht war auf jeden Fall besser als Nachsicht.
»Was ich vorhabe? Hmm, wir beide nehmen jetzt
eine schöne erfrischende Dusche.« Er deutete mit einem Kopfnicken zu dem glasklaren, munter plätschernden Wasserfall.
»Nein. Ohne mich. Ich hab mir vorhin das Gesicht mit dem eisigen Wasser gewaschen. Das hat mir voll und ganz gereicht. Zudem bin ich in Montana in den Rocky Mountains aufgewachsen, nicht weit vom Glacier National Park. Als Kind bin ich durch die Wasserfälle gewatet und hab mit Felsbrocken Dämme gebaut. Ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich sage, dass ich in der kalten Brühe kein Bad nehmen werde.« Sie trat trotzig mit dem Fuß auf.
Er nutzte die Gunst des Augenblicks, um ihr das Höschen auszuziehen.
»Hey, du bist total verschwitzt und schmutzig. Und hier ist weit und breit kein Hotel mit Bad, fließend warmem Wasser und so, also komm, gib deinem Herzen einen Stoß.« Er klang ganz vernünftig und kein bisschen anzüglich, eher wie ihre Collegemitschüler, wenn sie früher zusammen Zelten gewesen waren. »Und außerdem, wenn das Wasser so kalt ist, wie du sagst, komm ich bestimmt nicht auf dumme Gedanken.«
Der Mount Anaya hatte drei Monate mühsame Arbeit zerstört. Sie hatte bei dem Erdbeben einen Mann verloren. Sie hatte ihren Lover endlich mal im Hellen gesehen und festgestellt, dass sie nicht verrückt war - aber er vielleicht. Ihr war bestimmt nicht zum Scherzen zumute. Trotzdem zuckte es verräterisch um ihre Mundwinkel. »Okay, was du sagst, stimmt.« Sie sah sich verstohlen um. Sie befanden sich irgendwo im Grenznirwana,
weitab von den Segnungen der Zivilisation. Nirgends eine Menschenseele und, was noch gravierender war, kein Bad.
Sie blickte an sich hinunter. Ihr T-Shirt starrte vor Schmutz. Ihre Beine waren nackt. Und völlig verdreckt.
Eine Stunde mehr oder weniger in dieser Wildnis machte den Kohl auch nicht mehr fett.
Eine kühle Brise wehte durch die einsame Schlucht.
Sie riss sich kurz entschlossen das T-Shirt über den Kopf und lief zu dem Wasserfall. Stieß einen Schrei aus, dessen gellendes Echo von den Felswänden zurückgeworfen wurde.
Hinter ihr vernahm sie einen ähnlich schrillen Laut. Er folgte ihr mit langen Sätzen und stürzte sich Sekundenbruchteile nach ihr in die Fluten. Eisige Tropfen sprühten in die Luft. Er prallte mit ihr zusammen, kam schlitternd zum Halten. Schloss sie in seine Arme und schob sie unter die eisige Wasserkaskade.
Sie kreischte und lachte und planschte, während er mit den hohlen Händen Wasser schöpfte und Karen den Schmutz vom Körper abwusch. Da ließ sie sich nicht lange bitten, sondern revanchierte sich dafür, indem sie ihn mit ihren klammen Fingern kräftig abrubbelte. Dabei fühlte sie sich fantastisch und einen Herzschlag lang übermütig und frei.
Sie blieben nicht lange im Wasser, dafür war es zu kalt.
Nachher fühlte Karen sich himmlisch sauber und erfrischt. Und sie realisierte, weshalb er immer so
umwerfend frisch duftete, wenn er zu ihr ins Bett schlüpfte.
Vorher kam er immer hier an diesen Wasserfall.
Er half ihr ans Ufer, umspannte mit seinen Händen ihre Taille.
Sie sah zu ihm hoch, strahlte ihn an.
Er strahlte zurück, bis sich seine blendende Laune plötzlich verlor. Seine Miene verdüsterte sich mit einem Mal, wurde hart, bitter, dass es ihr fast das Herz zerriss.
Was er dann sagte, ließ ihre Bestürzung in helle Entrüstung umschlagen. »Ich werde dich niemals mehr hergeben. Du gehörst zu mir.«
7
K aren fuhr spontan zurück. Was bildete er sich ein? Sie kannte diesen Mann ja gar nicht … oder doch? Zumindest wusste sie inzwischen, wie er sexuell drauf war. Das war immerhin etwas. »Wie meinst
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