Samtschwarze Nacht - Dodd, C: Samtschwarze Nacht - Into the Shadow (Darkness Chosen 03)
schwimmen die Varinskis im Geld.«
»Sagen wir mal so: Sie müssen ordentlich strampeln, um den Status quo aufrechtzuerhalten.« Er hantierte an seinen Wanderstiefeln herum, so ungeschickt, als wären seine Finger taub.
Sie schaltete abermals den Autopiloten ein, kniete sich vor ihn und half ihm, die Schuhe anzuziehen. »Und dann hast du dich heimlich ins Haus gestohlen?«
»Nein.« Er grinste. »Ich bin so selbstverständlich hineinmarschiert, als gehörte ich zu dem Haufen.«
Sie bewunderte ihn für seinen Mumm.
»Offenbar fiel ich nicht auf. Keiner beachtete mich. Ich bin rumgelaufen, hab ihre Gespräche belauscht und dabei aufgeschnappt, dass irgendjemand eine Prophezeiung abgegeben hatte …«
»Wer? Ein Medium?«, meinte sie mit einem Anflug von Sarkasmus.
»So was in der Art. Onkel Ivan ist der älteste Varinski. Er ist blind - der erste Varinski, der erblindete.«
»Über tausend Jahre hinweg war in dieser Familie keiner blind?«
»Der Deal mit dem Teufel garantierte gute Gesundheit und ein langes Leben, aber inzwischen haben sich Krankheiten eingeschlichen, und das ist ein Zeichen, dass der Pakt nicht mehr richtig funktioniert. Onkel Ivan hat diese typisch milchigtrüben Pupillen, er säuft wie ein Loch und erzählt wirres, zusammenhangloses Zeug. Bisweilen spricht er mit der Stimme Satans.« Warlord fröstelte unbehaglich. »Er hatte Boris, ihrem Anführer, befohlen, die Ikonen aufzuspüren, und als er versagte, brachten die anderen Varinskis Boris eiskalt um.«
Es wurde immer schauriger, fand Karen.Vor ihrem geistigen Auge spielten sich wahre Horrorszenarien ab, mit Monstern und mythischen Wesen - Kopfkino. Ihr wurde zunehmend unbehaglich zumute.
»Was ist mit dir?«, fragte sie. »Wirst du irgendwann wieder ein ganz normaler Mensch sein und dich nie wieder in eine Raubkatze verwandeln oder …?«
»Ich will es schwer hoffen.« Sein gutes Auge verengte sich zu einem fiebrigen Schlitz. Er schien fest entschlossen, den Spuk ein für alle Mal zu beenden.
Sie sei sein Licht in tiefer Dunkelheit, hatte Warlord gesagt. Karen glaubte das zwar nicht wirklich, trotzdem stimmte es sie optimistisch. »Wenn es stimmt und die Varinskis einander nicht grün sind, hast du gute Chancen zu gewinnen.«
»Ja, außer …«
»Außer was?«
»Es gibt da einen jungen Typen, er heißt Vadim. Er
verbreitet den Atem des Bösen, und ich bin fest davon überzeugt, dass er seinerzeit gemerkt hat, dass ich nicht dazugehörte. Als Einziger, wohlgemerkt. Er war noch zu jung, um die Führung des Haufens zu übernehmen. Die alten Männer, die sich gegen seinen Führungsanspruch auflehnen, sterben jedoch allmählich weg - natürlich keines natürlichen Todes, und als ich dort war, gewann Vadim zunehmend an Boden. Zwischenzeitlich habe ich mit anderen Söldnern gesprochen, Gerüchte aufgeschnappt und im Internet recherchiert. Vadim ist der neue Anführer«, ergänzte er grimmig. »Wenn es ihm gelingt, uns zu stoppen - und mit uns meine ich meine Familie, die Wilders -, wird der Teufel die Seelen der Varinskis weitere tausend Jahre lang einkassieren.«
Sie flogen eben über den westlichen Rand der Sierra Nevada. Östlich von ihnen erstreckte sich das trist braune Great Basin. Im Westen ragten steile Berge auf, ihre verschneiten Gipfel erhoben sich jungfräulich weiß vor dem grauen Himmel.
Karen ließ den Blick über die kargen Weiten der Sierra Nevada schweifen. Dann blickte sie sich in der luxuriös ausgestatteten Cessna um. Dieses hübsche Flugzeug sollte sie freiwillig verlassen? Dazu hatte sie offen gestanden gar keine Lust. »Du hast einen Bruder«, warf sie ein. »Du wolltest mich zu ihm schicken.Wieso gehen wir nicht einfach zusammen hin?«
»Ich gehe davon aus, dass er nicht sonderlich scharf darauf ist, mich zu sehen, und schon gar nicht, wenn ich ihn mit meinem ganz persönlichen Kampf behellige.«
»Dieser Kampf ist der Kampf deiner Familie.« Sie band ihm die Schnürsenkel zu und ließ sich auf ihre Fersen zurücksinken.
»Innokenti kämpft für die Varinskis, ja. Und er verfolgt mich.Weil ich ihn für dumm verkauft hab. Er hat mich im Kampf geschlagen. Und gefangen genommen. Er glaubte jedoch fälschlicherweise, ich wäre bloß ein Normalsterblicher.«
»Und?«
»Kannst du dir vorstellen, dass die Varinskis verdammt scharf darauf sind, einen Sohn von Konstantine Wilder in die Finger zu bekommen? Von Konstantine Wilder, der in Amerika lebt. Nein, das kannst du natürlich nicht. Wenn sie einen von uns zu
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