Samtschwarze Nacht - Dodd, C: Samtschwarze Nacht - Into the Shadow (Darkness Chosen 03)
deine Mutter diese Vision hatte«, murmelte Ann abwesend, während sie durch irgendwelche Internetseiten scrollte. »Vor zwei Jahren hab ich die erste Ikone gefunden und Tasya die zweite. Die Krankheit deines Vaters schreitet unaufhaltsam fort.Wenn wir nicht bald die beiden anderen Ikonen finden, wird er sterben, und das mit dem Pakt geht ewig so weiter und …«
»Ich weiß! Ich weiß!« Jasha fühlte sich hilflos und machtlos, und er hasste dieses Gefühl. »Er wird auf ewig in der Hölle schmoren.«
»Und deine Mutter durchlebt ihre eigene Hölle ohne ihn.« Ann tippte ihm auf den Arm und schob ihm den Laptop hin.
Er las die Ankündigung für ein brandheißes Computerspiel, das mit Spannung erwartet wurde, und unter der Überschrift WARLORD war das Foto des Erfinders, Rick Wilder.
Selbst nach siebzehn Jahren erkannte Jasha seinen Bruder Adrik wieder.
Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Dieser kleine Mistkerl«, sagte er.
Ann umarmte ihn. »Ich weiß.«
»Siebzehn Jahre ohne ein Sterbenswort. Er hat Mama das Herz gebrochen. Die Nachricht von seinem Tod brachte Papa fast ins Grab.«
»Ich weiß.«
»Himmel, wir haben die sterblichen Überreste beerdigt, in dem festen Glauben, es wäre Adrik.«
»Ich weiß.«
»Ich sollte diesen Idioten eiskalt in der Wildnis verrecken lassen.«
»Was du sagst, stimmt.« Ann lächelte ihn an. »Soll ich für dich einen Flieger nach Yosemite chartern?«
»Ja, mach das.« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und sprang aus dem Bett. »Ich ruf Rurik an und erzähl ihm, dass wir unserem kleinen Bruder mal wieder aus der Scheiße helfen müssen - man gönnt sich ja sonst nichts.«
27
D er Autopilot war auf Höhe halten eingestellt, während sie über dem verschneiten Bergpanorama der Sierra Nevada kreisten. Zweimal flogen sie so dicht über einen Gipfel, dass Karen sich ängstlich in ihren Pilotensitz drückte. Sie hoffte inständig, dass Warlords Berechnungen stimmten. Er durfte sich keinen Fehler, nicht die kleinste Abweichung erlauben. Sonst würde die hübsche kleine Cessna Citation X nicht erst über dem Acantilado Mountain abstürzen, sondern vermutlich schon viel früher an irgendeinem anderen Bergmassiv zerschellen und Warlord und Karen mit sich in die Tiefe reißen.
Sie nahm die letzten Einstellungen vor, hauchte einen wehmütigen Luftkuss in Richtung Instrumententafel und lief zurück in die Kabine.
Warlord lag in Fallschirmspringermontur lang ausgestreckt im Mittelgang.
Sie befühlte seine Stirn, presste ihre Hand auf seine Halsvene.
Gott sei Dank. Er lebte. Sie hatte sich solche Sorgen um ihn gemacht. Sie hatte Angst um ihn gehabt - sie wusste nicht weshalb. Er war und blieb ein Schuft - trotzdem war er die Nummer eins in ihrem Leben.
Sie zog den Springeroverall an, Brille und Schutzhelm. Gurtete den Rucksack auf dem Rücken fest. Nahm ihre Tasche nach vorn. Es fiel ihr wahnsinnig schwer, die schnittige Cessna aufzugeben. Sie kämpfte einen inneren Kampf mit sich.
Nicht nur wegen der Cessna, sondern auch wegen der Enthüllungen über Warlords erste große Liebe … Wenn ich könnte, würde ich es wieder so machen. So ähnlich hatte er sich ausgedrückt.
Er hatte einen Mann getötet. Er hatte ihn mit Zähnen und Klauen zerfleischt.
Emmas Vater hatte ihr Mitleid sicher nicht verdient. Er hätte seine Tochter bestimmt wieder geschlagen. Sie womöglich im Affekt getötet.
Trotzdem war ihr nicht wohl bei der Vorstellung, dass Warlord kein Pardon kannte und auch vor einem Mord nicht zurückschreckte, wenn es hart auf hart kam.
Sie neigte sich über ihn. »Du bist zu allem entschlossen, nicht?«
Sie balancierte zur Tür, fand den Griff für die Notentriegelung und aktivierte ihn. Die Tür glitt auf und verschwand unter der Tragfläche der Cessna.
Warlord stand hinter ihr und gurtete eben seinen Rucksack fest.
Der erste Alarm ertönte; der Flugzeugcomputer realisierte, dass sie zu niedrig flogen und sich einem Hindernis näherten.
»Kommt Jasha?«, überbrüllte Warlord den tosenden Wind.
»Keine Ahnung«, brüllte sie zurück. »Womöglich hab ich das Falsche gesagt und es vermasselt.« Sie spähte mit weit aufgerissenen Augen zu einer Bergspitze, die blitzartig näherkam.
Erneuter Alarm. Dann noch einer.
»Ganz egal, was du gesagt hast. Mach dir keinen Kopf. Ich hatte es schon vorher vermasselt.« Er hakte sie an seinem Gurt ein.
»Er meinte, sie hätten dich beerdigt.« Sie sah ihn forschend an. »Fertig?«
»Los, spring.«
Der Alarm
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