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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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hätte. Es lag an Carvers unerwarteter Verletzlichkeit, dass er in ihren Augen nicht bloß ein funktionierender Killer, sondern ein komplexer, liebenswerter Mensch war.
    Aliks sagte sich, dass es so lange Hoffnung gebe, wieder mit ihm vereint zu sein, solange sie noch am Leben war. Wie oder wann, das wusste sie nicht. Doch sie war sicher, dass er versuchen würde, sie zurückzubekommen. Bis dahin konnte sie nichts anderes tun, als Juri davon zu überzeugen, dass er sich über nichts Sorgen zu machen brauchte.
    So drängte sie ihre wahren Gefühle beiseite und gab sich ihm hin, ließ sich von ihm benutzen, wie er wollte, büßte, indem sie sich ihm so restlos unterordnete wie noch nie.
    Zuletzt hatte sie ihm einen Dienst erwiesen, den sie sich niemals verzeihen würde. Als Carver kurz nach dem Mittagessen angerufen hatte – vor weniger als zwölf Stunden, obwohl es ihr wie eine Ewigkeit vorkam –, hatte sie die Rolle des hilflosen Entführungsopfers gespielt, ihm etwas vorgeheult, während Juri vorgegeben hatte, sie zu schlagen.
    Nachdem die Scheinverhandlung vorbei und Carver auf den Weg gebracht war, hatte Juri sich zu ihr umgedreht, sie an den Oberarmen gepackt und ihr in die Augen gesehen, als suche er nach einem Hinweis darauf, dass sie ihn vielleicht doch betrogen hatte. Er schien jedoch keinen zu finden.
    »Du bist ein braves Mädchen«, sagte er daraufhin. »Ich habe dir immer vertraut, und du hast mir keinen Grund gegeben, es zu bedauern. Das war sehr vernünftig. Es hätte mich sehr geschmerzt, dich bestrafen zu müssen. Aber nun …«, sein Gesicht hellte sich auf, seine Laune hob sich, »nun hast du dir eine Belohnung verdient. Geh in die Stadt; einer der Männer soll dich fahren. Kauf dir, was du willst. Mach dich wieder schön.« Er strich ihr beinahe väterlich durch die kurzen schwarzen Haare. Ausnahmsweise hörte sie einen Hauch von Wärme in seinem Ton. »Mein hübsches Goldköpfchen hat mir gefehlt.«
    Aliks gehorchte. Sie verbrachte Stunden in Boutiquen und probierte die kürzesten Röcke und höchsten Absätze an, legte die funkelndsten Juwelen um, die Gstaad zu bieten hatte, eine Stadt voll kostspieliger Frauen. Doch das war erst der Anfang.
    Aliks ließ sich massieren, maniküren, pediküren. Ihr Gesicht wurde mit Masken überzogen, mit Cremes geglättet, die Haare mit Strähnen verlängert (»Von russischen Frauen wie Ihnen!«, flötete der Friseur, weil er glaubte, sie damit glücklich zu machen, vertiefte aber nur ihren Selbsthass), dann wieder blond gefärbt, kunstvoll frisiert und mit Haarspray gefestigt. Schließlich bekamen Gesicht und Körper die absurde Bemalung jener künstlichen Schönheit, die ein Mann wie Schukowski einzig schätzte, und damit hatte sie das geeignete Aussehen, um sich wieder in seine Gegenwart zu begeben. Die blauen Flecke waren unter der Schminke verschwunden. Die Kosmetikerin hatte kaum die Augenbraue hochgezogen, denn die Gewohnheiten ihrer Kundinnen schockierten sie schon lange nicht mehr.
    In ihren Stilettostiefeln und dem Stella-McCartney-Mikrokleid wippte Aliks ins Wohnzimmer des Chalets und stellte sich den hungrigen, lasziven Blicken von Kursk und seiner Mannschaft schnorrender Psychopathen. Juri begrüßte sie mit einem flüchtigen Lächeln und den Worten: »Aleksandra, meine Liebe, du siehst prächtig aus. Ich kann es nicht erwarten, Mr Carvers Gesicht zu sehen, wenn er dir gegenübertritt!«
    Den falschen Klang ihres Lachens hatte sie nicht verhindern können.
    »Keine Sorge«, sagte Juri, der ihre Reaktion als Zeichen dafür betrachtete, dass sie mit dem Engländer nichts mehr zu tun haben wollte. »Ich weiß, wie sehr du leiden musstest, und ich werde ihn dafür bezahlen lassen. Wir werden also zuerst zu Abend essen, dann wird er zu uns gebracht, und wir werden uns von ihm unterhalten lassen.«
    Aliks saß ihm gegenüber im Esszimmer, als sie den Van ankommen hörte. Er fuhr an der Tür vorbei die Auffahrt hinunter zur Garage im Untergeschoss. Irgendwo im Innern des Hauses hörte man Türen knallen und Schritte. Als das Essen serviert wurde, konnte sie es nicht genießen. Der Champagner schmeckte ihr schal.
    Zuletzt schickte Juri den Butler, das Hausmädchen und den Koch nach Hause ins Dorf. Er wartete, bis sie das Chalet verlassen hatten, dann stand er vom Tisch auf, nahm Aliks’ Arm und begleitete sie ins Wohnzimmer. Er setzte sich in einen Sessel am Kamin und klopfte einladend auf die Seitenlehne, damit sie sich zu ihm setzte. Aliks gehorchte.

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