Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
Vom Netzwerk:
über die Schweizer Grenze. Er wollte eben Gas geben, als ihm ein Lichtstrahl in die Augen fiel, der Lichtreflex einer Linse, die keine hundert Meter entfernt war. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, aber lange genug, um Carvers Aufmerksamkeit zu erregen und seinen Blick auf die Rundung eines Motorradreifens zu lenken, der hinter einem geparkten Wagen hervorschaute.
    Jemand beobachtete ihn. Und Carver fuhr ihm entgegen.
    Er musste von dieser Straße herunter. Carver sah nach rechts. Da war eine Abzweigung. Zwecklos, eine Sackgasse. Blieb also noch eins. Er lenkte die Honda auf den breiten Bürgersteig und raste an einer Baumreihe und einem niedrigen, schwarz lackierten Geländer entlang, das zwischen ihm und dem, der auf ihn wartete, eine gewisse Barriere bot.
    Rechts ragte die grauweiße Masse des Palais de Tokyo auf. Die Flügel umgaben einen weiten, offenen Platz mit vier ansteigenden Terrassen, die über die ganze Breite durch flache Treppen miteinander verbunden waren. Am Ende verliefen zwei hohe Säulenreihen mit einem Ziergiebel zwischen den Flügeln. Dahinter lag die Avenue du President Wilson, die ebenfalls stadtauswärts führte.
    Carver schwenkte zur Seite aus und steuerte auf die Säulenreihen des Museums zu. Er hielt sich dicht an die geschwungenen Gebäudeflügel, raste an einer Gruppe Skateboarder vorbei und kurvte um einen glühenden Joint herum, hinter dem ihn zwei zugekiffte Augen anstarrten. An den ersten Treppenstufen richtete er sich im Sattel auf, um Arme und Beine als Stoßdämpfer zu benutzen, und die Honda ratterte über das Hindernis.
    Unter seinem Helm hörte Carver die Schüsse nicht. Er sah nur einen Lichtblitz im Augenwinkel, nach dem sofort die Kugeln in den hinteren Schmutzfänger einschlugen und durch das Auspuffrohr knallten.
    Hinter ihm erwachten die Skateboarder aus ihrer Lethargie. Zwei warfen sich auf den Boden; die anderen rannten bloß schreiend über den offenen Platz.

    Carver duckte sich über den Lenker und hielt den Kopf so tief wie möglich, als neben ihm die Wand in einer Reihe kleiner Explosionen Steinsplitter und Staubwölkchen ausspuckte. Er konnte nirgendwohin außer geradeaus. In Schlangenlinien raste er über das Pflaster und erreichte die nächsten Stufen.
    Inzwischen war er schweißgebadet; fast drängte er die Maschine durch reine Kraftanstrengung und sture Entschlossenheit die Stufen hinauf. Doch während sein Körper hin und her schwankte, arbeitete sein Verstand an einem anderen Problem: Wer schoss da auf ihn? Die nächstliegende Antwort wäre, dass derjenige für Ramzi Narwaz arbeitete. Wenn der aber einen Beschützer hatte, warum hatte dieser seinen Wagen nicht verteidigt? Es musste also jemand anderes sein. Und wenn das Anschlagkommando keinen ungebetenen Gast hatte, blieb nur noch eine Möglichkeit …

    »Scheiße!« Kursk schüttelte verärgert den Kopf und steckte die Miniuzi wieder in die Jacke. Er hatte sich im Sattel verrenken müssen, um schießen zu können, weil sein Motorrad in die falsche Richtung zeigte, weg von dem Platz, über den der Engländer flüchtete. Da standen Bäume im Weg, und er schoss auf ein sich bewegendes Ziel. Er verschwendete nur Munition.
    Dann blickte er wieder hinüber. Der Engländer fuhr anscheinend in eine Sackgasse, wo er am Ende des U-förmig umbauten Platzes vor einer mindestens vier Meter hohen Wand in der Falle sitzen würde. Kursk sah, dass es seitlich noch eine weitere Treppe gab, die viel steiler anstieg. Heilige Muttergottes, wollte er die etwa auch hinauffahren?
    Wenn er das täte, würde Kursk ihm nicht folgen können. Sein Motorrad war für solche Stunts nicht gemacht. Mit Beifahrer ginge es schon gar nicht. Natürlich hätte er Zeit, abzusteigen, die Maschinenpistole auf Einzelschuss zu stellen und sorgfältig zu zielen, solange sich der Engländer die Treppe hinauf mühte; aber der Abstand läge bei über einhundert Metern. Dabei hätte seine Waffe, die für kurze Kampfentfernung ausgelegt war, nur noch eine stark reduzierte Durchschlagskraft.
    Und noch eins: Angenommen, er würde genügend Kugeln in den Engländer jagen, um ihn zu töten, dann hätte er eine Leiche auf der Treppe eines belebten Platzes und Zeugen, die keine vierhundert Meter von dem Unfall entfernt waren. Selbst für die Kerle, die ihn angeheuert hatten, wäre das schwer zu vertuschen.
    Kursk stieß einen leisen Fluch aus. Die Sache entwickelte sich beschissen. Er musste etwas tun, um seinem Gegner einen Zug voraus zu sein.

Weitere Kostenlose Bücher