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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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ihr bis auf die Schultern. Und warum sollte Carver Haarfarbe und Schere gekauft haben, wenn nicht, um ein so auffälliges Aussehen loszuwerden?
    Blieben noch zwei. Eine war rothaarig. Trotz der frühen Morgenstunde war sie schick gekleidet, eine ehrgeizige junge Angestellte, die Wochenenden und Urlaub keine Beachtung schenkte. Papin betrachtete ihre kantigen Züge und die schmalen dunkel geschminkten Lippen. Er konnte sich vorstellen, wie sie im Bett war: feurig, herrisch, neurotisch. Die war leicht zu verärgern und schwierig zu lenken. Ein Mann müsste Petrucchio spielen, um sie zu zähmen. Sie sah kaum aus wie das verführerische Model, das Charlie beschrieben hatte.
    Blieb also nur die eine in dem kurzen hellblauen Kleid. Papin stellte sich vor, wie es aussehen würde, wenn sie lief: straff über dem Hintern, locker über den schlanken Oberschenkeln. Einen Moment lang gab er sich genüsslich dem Bild hin. Aus rein praktischen Gründen, sagte er sich. Er musste sich in Carver hineinversetzen.
    Charlie hatte von einem Model gesprochen. Nun, diese junge Frau hatte den entsprechenden Körper und die feinen arroganten Gesichtszüge. Das war sogar in dem körnigen Videostandbild zu erkennen. Papin betrachtete die rabenschwarzen Haare. Sie waren struppig geschnitten wie bei einer Straßengöre. So eine Frisur konnte in einem schicken Pariser Salon ein Vermögen kosten. Dasselbe Ergebnis konnte man aber auch kostenlos erzielen. Mit einer billigen Schere und einer Flasche Haarfarbe aus der Apotheke.
    Ja, dachte Papin, das war sie. Es barg ein Risiko, alle anderen außer Acht zu lassen, aber er war bereit, aufs Ganze zu gehen. Er glaubte, Mademoiselle Petrowa gefunden zu haben.

29
    Sie saßen nun beide auf dem Sofa, jeder in seiner Ecke, und neben ihnen auf dem Boden stand die leere Weinflasche im Eiskübel. Carver hatte ebenfalls geduscht. Er trug jetzt ein weites weißes T-Shirt und eine hellblaue Leinenhose. Er sah gut aus. Aliks war gleich auf den ersten Blick aufgefallen, wie er sie ansah. Sie fragte sich, wann er den Schritt tun würde.
    »Sie sind dran«, sagte sie.
    »Muss ich?«
    »Ja! Ich habe es auch getan. Ich will jedenfalls wissen, wie Sie zum … naja, wie Sie geworden sind, was Sie jetzt sind. Ich bin schon vielen Menschen begegnet, die töten; aber keiner von denen hat mir ein Omelett gebraten oder mal zugehört, was ich zu sagen hatte. Vermutlich bin ich noch keinem Killer mit Manieren begegnet.«
    »Man sollte auf gute Manieren nicht reinfallen. Sie bedeuten nicht zwangsläufig, dass man für die Leute etwas übrig hat. Manchmal verschleiern sie nur die Tatsache, dass man drauf pfeift.«
    Sie sah ihn an. »Und? Pfeifen Sie drauf?«
    »Worauf?«
    Sie antwortete nicht.
    »Nein.«
    Er brauchte sich nur nach vorn zu beugen und die unsichtbare Schranke zwischen ihnen zu durchbrechen. Ihr Puls beschleunigte sich, sie atmete tiefer, streckte unwillkürlich die Brust vor und öffnete ein wenig die Lippen.
    Aber Carver rührte sich nicht.
    Aliks kam sich blöd vor. Ihr Zorn flammte auf. Wie konnte er es wagen, mit ihr zu spielen? Sie mit diesen kühlen, abschätzenden Blicken zu betrachten?
    »Sie haben noch nicht zu Ende erzählt«, wandte er ein.
    Aliks schwieg.
    »Erzählen Sie mir von Kursk. Was für ein Angebot war es, das Sie nicht ablehnen konnten?«
    »Ich habe genug gesagt. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
    »Was möchten Sie hören?«
    »Ist mir egal. Irgendwas. Solange es wahr ist.«
    Carver sah weg. Er griff sich an die Stirn, lehnte den Kopf zurück und sah an die Decke. »Na gut, das ist nur fair«, sagte er schließlich. »Ich werde Ihnen sagen, warum ich Sie jetzt nicht geküsst habe.«
    Aliks schwieg, aber sie beobachtete ihn genau.
    »Ich hatte Angst. Ich fürchtete, wenn ich mich einmal öffne, würde ich nicht mehr aufhören, bis ich mich völlig preisgegeben hätte. Ist das die Wahrheit, die Sie brauchen?«
    »Ja«, flüsterte Aliks. Sie hatte auf seine Augen geachtet, während er das sagte. Darin hatte sich etwas verändert, als wäre ein Vorhang aufgezogen worden, um einen fernen Blick auf den Mann freizugeben, der er wirklich war. Doch nun wurde er wieder zugezogen. Als Carver weitersprach, war der andere Mann verschwunden.
    »Und was ist mit Kursk?«
    Sie wollte ihn am liebsten anschreien, er solle mit Kursk aufhören. Sie sehnte sich nach dem verborgenen Samuel Carver. Doch würde sie Geduld aufbringen müssen, damit er von sich aus wieder auftauchte. Also ordnete sie ihre Gedanken und

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