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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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und billigen, unvorteilhaften Jeans. Irgendwie musste sie im Lauf der nächsten Stunde ihre natürliche Schönheit darüberstülpen, die die Gäste im Bierkeller von ihr erwarteten, diese betrunkenen Grapscher, die zu den überteuerten Getränken einen ordentlichen Leckerbissen erwarteten.
    Sie kehrte in Carvers Dachgeschosswohnung zurück. Die Zimmer leerten sich allmählich, weil sie die Möbel verkaufte, um die immer neuen Rechnungen des Sanatoriums zu bezahlen. Sie vermisste das lange Chesterfield-Sofa und die antiken Ledersessel, die sie so einladend gefunden hatte, weil sie weich und abgenutzt gewesen waren. Sein Großbildfernseher und die Stereoanlage waren auch schon weg, dazu alle Gemälde, bis auf eins. Es hing über dem Kamin im Wohnzimmer, eine helle, impressionistische Darstellung eines viktorianischen Tages am Strand, wo die Frauen ihre Röcke hoben und die Männer sich die Hosenbeine aufkrempelten, eine Szene unbeschwerter Heiterkeit.
    Aliks brauchte sich das Bild nur anzusehen, und sie hatte sofort den Nachmittag vor Augen, als es ihr zum ersten Mal aufgefallen war. Damals trug sie eins seiner alten T-Shirts. Sie hatte sich in einem Sessel zusammengerollt wie eine schläfrige Katze, um Carver zu beobachten, wie er durch die staubigen Lichtstrahlen der Nachmittagssonne ging, die durch die Fenster hereinfielen. Er kam mit raubtierhafter Anmut zu ihr und beugte sich über den Sessel. Sie spürte, wie seine Blicke über ihren Körper glitten, bevor er ihr einen der beiden großen Kaffeebecher gab. Er hatte bemerkt, dass sie das Bild betrachtet hatte.
    »Das ist Lulworth Cove«, sagte er, »an der Küste von Dorset, westlich von meiner alten Basis.«
    »Das ist sehr schön. Welche Basis war das?«
    Carver lachte. »Das darf ich dir nicht sagen. Vielleicht bist du eine gefährliche russische Spionin.«
    Sie lächelte und sagte: »Oh nein, das bin ich nicht. Nicht mehr.« Sie sagte die Wahrheit. An jenem Nachmittag in seiner Wohnung war sie eine normale Frau gewesen, die in dem Gefühl schwelgte, dass sie sich verliebt hatte.
    Dieser Traum war vernichtet worden. Es hatte keinen Zweck, dass sie sich wie ein unerfahrenes Mädchen an die Illusion einer Romanze klammerte. In der wirklichen Welt gab es so etwas nicht, es gab nur den endlosen Kampf ums Überleben, in dem Skrupel und Prinzipien keinen Platz hatten. Wenn einem alles genommen worden war, gab es nur noch zwei Überlegungen: wie sehr man überleben wollte und was man bereit war zu tun, um dieses Ziel zu erreichen.

12
    Kurt Vermulens Handy klingelte mitten beim Abendessen. Er klappte es auf und sah kurz auf das Display. Dann wandte er sich den anderen drei Personen zu, die mit ihm an einem Tisch in dem italienischen Restaurant im Georgetown-Distrikt von Washington D. C. saßen, und sagte reuig lächelnd: »Tut mir wirklich leid, aber ich muss das Gespräch entgegennehmen.«
    In Wahrheit war er erleichtert, als er »Moment bitte« in den Apparat sagte und von seinem Platz aufstand, um zur Tür zu gehen.
    Bob und Terri hatten es gut gemeint, als sie ihn zu einem Abendessen zu viert einluden, an dem auch Megan teilnahm, eine alleinstehende neununddreißigjährige Anwältin. Sie war eine heiße Nummer: attraktiv und intelligent. Und sie war froh, dass sie die Aggressivität, mit der sie den Prozess führen musste, im Gerichtssaal lassen konnte. Er war sich ziemlich sicher, dass er ihr gefiel. Und das war das Problem.
    Achtzehn Monate waren seit Amys Tod vergangen, und er konnte sich noch nicht wieder auf das ganze Spiel einlassen. 1964, im Sommer, bevor sie aufs College gingen, hatten sie sich kennengelernt, waren in einem Plattengeschäft in Pittsburgh aneinandergerempelt, als sie sich gleichzeitig auf das letzte Exemplar von »A Hard Day’s Night« stürzen wollten. Das war er gewesen, der Anfang von dreißig gemeinsamen Jahren, in denen sie nur eins bedauerten – dass sie keine Kinder hatten. Dann bekam Amy Brustkrebs, und plötzlich war geschehen, womit er nie gerechnet hatte: Er war derjenige, der allein zurückblieb.
    Immer war sie ein Teil von ihm gewesen, immer hatte sie so sehr zu seiner Persönlichkeit gehört wie seine blauen Augen und die rotblonden Haare. Jetzt, wo sie für immer fort war, fühlte er sich unvollständig. Und was noch schlimmer war: Er konnte sich nicht vorstellen, wie er sich je wieder vollständig fühlen sollte. Mit Amy war alles so natürlich gewesen, in vielen Dingen hatten sie sich wortlos verstanden. Aber nun würde

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