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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor
Autoren: Tom Cain
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stahlgrauen Haare zu einem Knoten frisiert, die Lesebrille an einer goldenen Kette um den Hals. Sie redete mit den Zimmermädchen und war wegen der Störung sichtlich verärgert.
    Aliks brauchte nur zwei Sekunden, um sich ein Bild von der Frau zu machen. Dann schlüpfte sie unbemerkt aus der Portiersloge. Bis die Wirtschafterin dort ankam, war Aliks längst verschwunden.
    Es war halb sieben. Aliks saß im Bus drei Reihen hinter der Wirtschafterin, die auf dem Heimweg war. Bestimmt hatte sie einen Satz Schlüssel von sämtlichen Arbeitsräumen des Hotels und auch eine Passepartout-Karte für die Gästezimmer bei sich. Die Zimmermädchen hatten auch Passepartout-Karten, aber die trugen sie an einer Schnur um die Taille, damit sie nicht verloren gehen oder verlegt werden konnten. Nur übergeordnetes Personal war berechtigt, Schlüssel in der Hosentasche oder Handtasche bei sich zu tragen. Aliks musste irgendwie an diese Handtasche herankommen.
    Es passierte im Supermarkt eines Wohnviertels. Aliks beobachtete, wie die Wirtschafterin vor dem ersten Regal stehen blieb, die Handtasche öffnete, um nach dem Einkaufszettel zu greifen, und sie offen ließ, während sie sich die Lesebrille aufsetzte und dann mit dem Finger über die Liste fuhr, um sich einzuprägen, was sie zu besorgen hatte.
    Aliks ging an ihr vorbei und warf einen Blick in die Handtasche. Da waren zwei Schlüsselbunde, ein kleiner mit Wagen- und Haustürschlüsseln und ein viel größerer mit Hotelschlüsseln, von denen einer wie eine Kreditkarte aussah. Auf den hatte sie es abgesehen.
    Doch sie musste zehn Minuten lang warten, währenddessen ihre Enttäuschung wuchs, weil sich keine Gelegenheit bot. Die Wirtschafterin war schon auf dem Weg zur Kasse, als sie mitten im Gang stehen blieb. Sie setzte noch einmal die Lesebrille auf, um ihren Zettel zu befragen, schnaubte über die eigene Vergesslichkeit und eilte ohne ihren Einkaufswagen auf einen anderen Gang zu.
    Aliks ging langsam auf den Einkaufswagen zu. Ohne Hast griff sie mit ihrer Kneifzange in die Handtasche, kniff den Ring durch, mit dem die Passepartout-Karte an dem Schlüsselbund hing, ließ sie in ihrer Hand verschwinden und steckte sie in ihre Umhängetasche. An der Kasse bezahlte sie den Salatkopf und das Glas Bolognese-Sauce, dann verschwand sie nach draußen in die Dunkelheit.

14
    Es waren über achtzig Menschen in dem Bankettsaal des Luxushotels in McLean, Virginia, das nur ein paar Meilen von Washington D.C. entfernt lag, als Lieutenant General Kurt Vermulen aufstand, um vor der Nationalen Wertekommission zu sprechen.
    Seine Zuhörer – lauter Männer, denn Frauen waren nicht eingeladen – gehörten zum innersten Zirkel einer überaus verschwiegenen Organisation. Ihre geheimen Mitglieder zählten zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der amerikanischen Konservativen: Politiker, Prediger, Lobbyisten, Strategen, Anwälte, Wissenschaftler und Unternehmensführer. Die Zahl ihrer Mitglieder ging in die Millionen, ihr Vermögen ging in die Milliarden. Sie konnten Wahlkampagnen finanzieren oder Fernsehsender boykottieren. Es hieß zwar, dass sie nicht in das Weiße Haus hineinregierten, trotzdem übten sie einen enormen unsichtbaren Einfluss auf die nationale Politik aus.
    Unter ihnen war auch Waylon McCabe, und er verfolgte mit Interesse, wie Vermulen auf das Podium schritt.
    Die Kommission, die sich mit den nationalen Werten befasste, vertrat die Ansicht, es sei unmoralisch, ja geradezu blasphemisch, Gott aus der Regierung herauszuhalten. Ihr Gott war jedoch ein spezieller Gott, nämlich der baptistische Gott, und sie betrachteten die Anhänger des Islam mit einer Angst und mit einem Hass, der nur noch von dem Abscheu der Islamisten gegenüber der amerikanischen Satans- und Kreuzzugskultur übertroffen wurde.
    Das waren nicht Kurt Vermulens Vorstellungen. Er glaubte an Gott, aber sein Glaube war reine Privatsache. Wenn es um das Land ging, für das er so häufig sein Leben riskiert hatte, dann war die Verfassung seiner Meinung nach ein viel wichtigeres Dokument als die Bibel, und er war überzeugt, dass die Gründungsväter der Nation gewusst hatten, was sie taten, als sie für die Trennung von Staat und Kirche argumentierten.
    Im Augenblick war er jedoch nicht in der Position, wo er solche philosophischen Feinheiten diskutieren konnte. Er brauchte jeden Freund, der sich anbot, und er konnte es sich nicht leisten, wählerisch zu sein. Darum trug er den Männern der Nationalen
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