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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Minuten dauern. Er könnte Larsson auch von dort anrufen.
    Im Zug fand er einen Sitzplatz am Ende eines Wagens, von wo er leicht jeden beobachten konnte, der neben ihm durch die Schiebetür oder den Gang zwischen den Sitzen entlangkam. Das musste der letzte Abendzug sein; es fuhren nicht viele Leute mit. Dennoch konnte er sich nicht entspannen. Er starrte die anderen Reisenden an und versuchte zu ergründen, wer eine Bedrohung darstellen mochte. Er befahl sich, damit aufzuhören. Sie würden denken, er wäre ein Spinner. Aber er tat es trotzdem. Es war Monate her, seit er zuletzt unterwegs gewesen war, umgeben von Fremden. Es war schwer, sich wieder hineinzufinden.
    Als er in Genf aus dem Zug stieg, starrte er die Leute an, die über den Bahnsteig gingen. Ein Jugendlicher, der sich mit seinen Kameraden herumtrieb, bemerkte seinen Blick.
    »Was glotzen Sie denn so?«, rief er.
    Einer seiner Freunde, der sich in der Gruppe stark fühlte, setzte noch eins drauf. »Sind Sie ’n Perverser oder so was?«
    »Bestimmt ’n Pädophiler«, meinte ein Dritter, und sie johlten im Chor: »Pädo! Pädo!«
    Carver wandte sich mit hochgezogenen Schultern ab. Bis er bei den öffentlichen Telefonen ankam, war er schweißgebadet vor Scham. Er rief Larsson an.
    »Wir müssen uns treffen. In meiner Wohnung, so schnell wie möglich.«
    »Warte«, sagte Larsson. »Von wo rufst du an? Wieso bist du nicht in der Klinik?«
    »Hatte da ein bisschen Ärger. Ich bin jetzt in der Stadt. Ich muss heute Nacht noch von hier weg. Aber da sind ein paar Dinge, die ich vorher erledigen muss.«
    »Was für welche?«
    »Nichts Dramatisches. Ich muss nach Aliks suchen. Hör zu, kannst du zur Wohnung kommen oder nicht?«
    »Schätze, schon.«
    »Super. Und bring deine Schlüssel mit. Du hast sie doch noch, oder?«
    »Ja. Aliks hat das Originalpaar, aber ich habe zwei nachgemachte.«
    »Bis gleich.«
    Carver nahm ein Taxi. Er sah die ganze Zeit aus dem Fenster, um sich wieder an den Anblick der Stadt zu gewöhnen. Er ließ sich ein paar Häuserblocks vorher absetzen und ging zunächst in die falsche Richtung, dann wandte er sich um und lief durch das Gassenlabyrinth im Herzen der Altstadt. Andauernd sah er über die Schulter, blickte in parkende Wagen, zuckte bei jeder unerwarteten Bewegung, bei jedem neuen Geräusch zusammen.
    Ein paar Häuser vor seinem Ziel blieb er einen Moment lang vor einem kleinen Café stehen, dessen Eingang ein paar Stufen unterhalb des Trottoirs lag. Es kam ihm vertraut vor, doch etwas hatte sich verändert. Es war das Schild über der Tür – er war sich sicher, es war ein anderes. Er versuchte, sich zu erinnern, was früher da gestanden hatte oder warum das Café eine Bedeutung für ihn hatte, aber diesmal stellte sich kein Bild ein. Er stand mit gerunzelter Stirn da und bemühte sich konzentriert um eine Erinnerung, die quälend nah und doch außer Reichweite war. Er fragte sich, was hier Schlimmes passiert sein musste, dass sich sein Verstand weigerte, es zu akzeptieren. Dann wandte er sich ab und verfluchte sich im Stillen, weil er so dagestanden hatte, stocksteif mitten im Freien, wo ihn jeder hätte erwischen können.

    Am anderen Ende der Stadt hielt der Mann, der Marianne Marchand und und ihren Gatten getötet hatte, ein Agent des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB namens Piotr Korsakow, ein Taxi an. Er gab dem Fahrer eine detaillierte Wegbeschreibung zu seinem Ziel: zu dem Ort, wo Carver nach Ansicht seiner Vorgesetzten am wahrscheinlichsten hingehen würde. Seine nächste Zielperson war bereits unterwegs. Er hatte keine Zeit zu verlieren.

33
    Am Gull Lake in Minnesota, wo das letzte Tageslicht von dem eisengrauen Himmel verschwand, sodass die Bäume am anderen Ufer kaum noch auszumachen waren, wappnete sich Dr. Kathleen Dianne »Kady« Jones für ihre erste Begegnung mit einer echten Atombombe.
    Als Forschungsangestellte in der Atomanlage von Los Alamos in New Mexico war sie eine der Freiwilligen, die auf Abruf bereitstanden für eine Abteilung des Energieministeriums, bekannt als NEST. Die Abkürzung stand für Nuclear Emergency Search Team und beschrieb exakt die Aufgabe der Abteilung: mit dem schlimmsten Albtraum nationaler Sicherheit fertig zu werden – mit einem Verbrecher, der eine Atombombe an sich gebracht hatte.
    Seit man NEST 1975 ins Leben gerufen hatte, waren mehr als hundert Berichte über potenzielle Bedrohungen entstanden. Davon waren etwa dreißig Fälle untersucht worden. Alle hatten sich als

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