Samuel Carver 03 - Assassin
schockiert. Sie gingen zu zweit unter die Dusche und brauchten etwas l ä nger, als das Waschen erforderte. Sp ä ter setzte sich Carver auf den Bettrand und sah Maddy zu, wie sie sich die lockige Mähne föhnte und bürstete.
Sie sah ihn ü ber die Schulter an und sagte: » Du hast also was gegen Frauen, die ihr Auto selber reparieren? «
» Ganz und gar nicht. Ich habe vor jeder Art K ö nnen Respekt. Ich mag f ä hige Leute.«
Er hatte nur einen Hauch von Anz ü glichkeit im Ton.
» Da stimme ich dir zu, K ö nnen ist sehr wichtig «, sagte sie mit einwandfreier damenhafter Zur ü ckhaltung.
Carver wusste nicht, ob er die Kraft hatte, den Gedanken noch weiterzutreiben, darum lenkte er die Unterhaltung auf sichereren Boden. » Im Ernst, wo hast du das alles gelernt? «
» Ich war ein Einzelkind. Dad hatte wohl keinen anderen, dem er sein Wissen vererben konnte. Darum hat er mich auch jede Saison zum Jagen mitgenommen. Wir haben Rehe, Fasane und Moorh ü hner geschossen. Ich habe schie ß en gelernt und wie man eine Waffe reinigt und wie man seinen Wagen repariert. Vielleicht dachte er, ich k ö nnte der Junge sein, den er nicht bekommen hat …«
» Gott sei Dank hast du sonst nichts von einem Jungen.«
Maddy schwieg eine Weile und b ü rstete gedankenverloren ihre Haare.
» Es tut dir gut, allein zu leben «, meinte er. » Du siehst entspannter aus, wie eine richtige Frau, nicht wie jemandes Hauptgewinn.«
Maddy gab ihren Haaren einen letzten B ü rstenstrich und fuhr noch einmal mit den H ä nden hindurch, um ihnen das richtige Ma ß von nat ü rlicher Wirrheit zu geben, dann stand sie von der Frisierkommode auf.
» Lust auf ein sp ä tes Fr ü hst ü ck? «
» Gott sei Dank. Ich dachte schon, du w ü rdest gar nicht mehr fragen.«
14
Bill Selsey saß an seinem Schreibtisch in der Zentrale des Secret Intelligence Service, auch bekannt als MI6, in Vauxhall Cross in London. Wenn er aufstand und an die Fenster, trat, die ü ber die Themse blickten, konnte er ein paar Hundert Meter flussabw ä rts die gotischen T ü rme und Spitzen des Parlamentsgeb ä udes sehen. Er hatte sein ganzes Arbeitsleben diesem Dienst gewidmet und die Werte gesch ü tzt, die das Parlament verk ö rperte. Jetzt war er dabei, das alles zu verraten. Sicher, das war kein so schwerwiegender Betrug wie der von manch anderen Verr ä tern. Er arbeitete nicht f ü r Feinde, die entschlossen waren, sein Land zu vernichten; er tat nur einem Verbrecher einen Gefallen. Aber gerade dass die Angelegenheit so geringf ü gig war, machte es im Grunde noch schlimmer. Er konnte nicht f ü r sich beanspruchen, f ü r eine gro ß e Sache zu handeln. Er beging schlichten Geheimnisverrat.
Alles hatte mit Sir Perceval Wake angefangen. Selsey hatte dazu beigetragen, dass Wakes Konsortium zerschlagen worden war und dass Wake sich gezwungenerma ß en in einen schimpflichen Ruhestand im tiefsten Shropshire begeben musste. Doch der alte Mann war immer ein zwanghafter Netzwerker gewesen, und er hatte es immer geliebt zu intrigieren. Er hatte Selsey in sein bescheidenes Landhaus gelockt, indem er ihm neue Enth ü llungen ü ber die T ä tigkeiten des Konsortiums versprach. Ein paar Kr ü mel n ü tzlicher Information warf er Selsey hin, damit der nicht mit leeren H ä nden zu seinen Vorgesetzten zur ü ckkehren musste. Danach war es leicht gewesen – ü berraschend leicht –, Selsey zu ü berreden. Er hatte ein paar einfache Anweisungen ausgef ü hrt und eine Bezahlung erhalten, die sein bescheidenes staatliches Gehalt bei Weitem ü berstieg.
Nat ü rlich war Geld immer ein Beweggrund f ü r Verrat. Die anderen Hauptmotive, die sich Geheimdienste zur Informationsbeschaffung zunutze machten, waren Ideologien, eine Zwangslage und Selbstgef ä lligkeit. Selsey war f ü r Ideologien nicht anf ä llig, und er war auch nicht in einer Zwangslage. Aber Selbstgef ä lligkeit, gestand er sich ein, ja, das k ö nnte etwas damit zu tun haben.
Jahrelang war er der loyale Stellvertreter von Jack Grantham gewesen, der j ü nger, aber brillanter und tatkr ä ftiger war. Selsey hatte sich und allen anderen immer gesagt, dass er froh sei, die Verantwortung einem anderen ü berlassen zu k ö nnen. Soll Grantham doch die Belastungen des F ü hrungspostens und die giftige Atmosph ä re innerhalb der Abteilung aushalten: Er, Selsey, war froh, dass er einfach seiner Arbeit nachgehen und dann nach Hause fahren konnte in ein ruhiges Leben am s ü dlichen Stadtrand von London.
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