Samuel Carver 03 - Assassin
hatte.
Er blickte sich in der staubigen Halle suchend nach Ü berwachungskameras um. Es waren keine zu sehen. Doch in ihm regte sich bereits die Vermutung, dass es irgendwo Bilder von ihm gab, samt Datum und Uhrzeit, wie er bei dem Haustelefon stand mit dem H ö rer in der Hand. Er musste sofort verschwinden.
Aber was war mit Maddy? Carver f ü rchtete nicht um ihre Sicherheit. Der Knall war vom anderen Ende des Hotels gekommen, weit weg vom Caf é , das einen eigenen Ausgang hatte, wo der Strom der Fl ü chtenden nicht hinkam. Sie d ü rfte unversehrt geblieben sein. Aber wahrscheinlich war sie seinetwegen krank vor Sorge. Es dr ä ngte ihn, zu ihr zu gehen und ihr zu sagen, dass alles in Ordnung war mit ihm, aber dazu war keine Zeit. F ü r Maddy und Thor war es sowieso besser, wenn sie nicht wussten, was mit ihm war. Dann konnten sie auch nichts ausplaudern, falls die Polizei ihnen auf die Spur k ä me, und sie brauchten sich nicht selbst zu belasten. Er w ü rde sp ä ter einen Weg finden, sie zu benachrichtigen. Erst einmal ging es nur um eins: Er musste weg.
Er sah sich um, auf welchem Weg er am besten durch das Gew ü hl k ä me, und dabei fiel ihm bei dem nunmehr unbesetzten Empfangstresen ein sp ö ttisch l ä chelndes Gesicht ins Auge, das immer wieder kurz hinter den K ö pfen der Fl ü chtenden verschwand, ein sp ö ttisches Gesicht mit hellblauen Augen und feuerroten Haaren, daneben ein eigens f ü r ihn erhobenes Handy, das er sehen sollte; es wurde herumgedreht, sodass die Kameralinse auf ihn gerichtet war; dann blitzte es.
Da erst wurde Carver bewusst, dass er etwas in der Hand hielt. Es war der H ö rer des Haustelefons. Seit der Explosion waren keine zehn Sekunden vergangen. Er hatte vergessen, aufzulegen.
W ü tend ü ber sich selbst warf er den H ö rer hin. Als er wieder hinschaute, war das Gesicht verschwunden.
Er wandte sich dem Ausgang zu und lie ß sich vom Strom der Leute durch die Glast ü r auf die Stra ß e treiben.
Drau ß en herrschte ein noch gr öß erer Tumult. Durch die Explosion war ein t ö dlicher Hagel aus Ziegeln, Metall, Holz und Glas auf die Stra ß e niedergegangen. Einige Menschen waren erschlagen worden und lagen blut ü berstr ö mt unter Tr ü mmern. Dazwischen funkelten rasiermesserscharfe Glasscherben in der Abendsonne. Die Sch ö nheit des spielenden Lichts inmitten von Tod und Verw ü stung wirkte unpassend, ja geradezu obsz ö n.
Oben klaffte ein schwarzes Loch in der Hauswand, zerfranst von herausstehenden losen Balken, wo Boden und Decke eingesackt waren. Der Anblick war umso entsetzlicher, als die Fassade darum herum v ö llig heil geblieben war und gleichsam unersch ü tterlich erschien. Es war, als ob der Rest des Hauses den Schaden einfach ignorierte.
Von Weitem h ö rte man die Sirenen der ersten Polizei- und Rettungswagen n ä her kommen. Carver sah eine wogende Menge verwirrter, orientierungsloser Menschen zusammenstr ö men, fl ü chtende Hotelg ä ste und Passanten, w ä hrend zugleich die ersten Schaulustigen aus den Nachbarstra ß en und von dem gro ß en Platz gegen ü ber dem Hotel angelaufen kamen. Und dann war alles vergessen, als er, im W ü rgegriff eines Arms, die Spitze einer Messerklinge im Kreuz sp ü rte und ein warmer Atem nah an seinem Ohr vorbeistrich.
Er h ö rte einen Mann halb fl ü stern, halb fauchen: » Hallo, alter Freund … kennen Sie mich noch? «
Und auf einmal war alles wieder da: die Stimme, das Gesicht, die Erinnerungen.
» Tyzack «, kr ä chzte er. » Ist lange her.«
» Was Sie nicht sagen. Sp ü ren Sie das hier? « Tyzack dr ü ckte ein bisschen fester zu, gerade so viel, dass es blutete. » Sie wissen doch, dass ich Sie jetzt t ö ten k ö nnte, wenn ich wollte – falls Sie etwas Dummes tun? «
Carver schwieg. Tyzack stach erneut zu, und Carver zuckte zusammen.
» Ich habe Sie was gefragt. Antworten Sie!«
» Ich wei ß , dass Sie mich t ö ten k ö nnten, ja «, murmelte Carver.
» Gut «, sagte Tyzack. » Aber das tue ich nicht … noch nicht. Zuerst will ich ein bisschen Spa ß haben, so wie Sie mit mir Spa ß gehabt haben. Ich nehme an, Sie erinnern sich an die Begebenheit. Sie dachten, Sie w ä ren viel besser als ich. Nun denn, beweisen Sie es. Ich habe Sie in die Schei ß e geritten, also sehen Sie zu, ob Sie wieder rauskommen. Die Polizei wei ß ü brigens, dass Sie es waren. Ich habe ihnen gerade das Foto geschickt. Sie werden also hinter Ihnen her sein. Und ich ebenfalls. Und wenn ich mit
Weitere Kostenlose Bücher