Samuel Carver 03 - Assassin
es allerdings, wenn er die Flasche n ä her zu sich heranbr ä chte, viel n ä her, sodass er leicht heranreichte – sofern in diesem Horrorkabinett ü berhaupt etwas leicht sein konnte.
Carver befahl sich, mit dem Grundlegendsten anzufangen: f ü r Trinken zu sorgen.
Er atmete dreimal tief durch, um sich mit reichlich Sauerstoff zu versorgen. Beim vierten Mal hielt er den Atem an und ging mit voller Konzentration auf die Wasserflasche zu. Die Fessel schn ü rte ihm den Hals ab, aber er zwang sich, den W ü rgereiz und das Gef ü hl des Erstickens zu ignorieren. Dann wurde der Zug so stark, dass das Seil ihn zur ü ckzurei ß en drohte.
Er hatte nicht einmal die H ä lfte der Strecke geschafft.
Carver stemmte sich in den n ä chsten Schritt hinein. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, und allm ä hlich verschwamm ihm die Sicht. Einen Moment lang sehnte er den Bambusstock herbei, der ihn weitergetrieben hatte. Ohne die Schl ä ge schien es fast noch schwerer zu sein.
Einen Schritt noch. Er schob den linken Fu ß so weit vor wie m ö glich, bis er mit den Zehen fast das Tischbein ber ü hrte, dann zog er mit dem Oberk ö rper hinterher.
Die Halsfessel quetschte ihm den Kehlkopf. Der Drang, Luft zu holen, war so heftig wie bei einem Ertrinkenden.
Er streckte die Arme aus, zog so weit es nur ging und schaffte es tats ä chlich, um den Flaschenhals zu greifen. Mit der anderen Hand angelte er nach dem Pappbecher.
Als er den Becher an den Flaschenrand hob, war er kurz davor, ohnm ä chtig zu werden.
Er neigte die Flasche. Das Wasser floss in den Hals, erreichte jedoch nicht den Rand. Er w ü rde sie schr ä ger halten m ü ssen.
Er neigte sie noch um ein paar Grad. Jetzt war es, als k ä mpfte er an zwei Fronten gleichzeitig. Das Gewicht der Flasche zog ihn hinab, das Seil zog ihn aufw ä rts und davon weg.
Sein Drang zu atmen wurde ü berm ä chtig. Doch wenn er die Flasche jetzt loslie ß e, w ü rde er es vielleicht nie wieder so weit schaffen. Er musste jetzt etwas ausgie ß en.
Doch das Wasser kam nicht.
Er neigte die Flasche noch ein paar Grad, der Zug erh ö hte sich, als sich der Schwerpunkt verlagerte.
Und dann kam alles in Rutschen.
Was als Erstes nachgab, wusste er nicht. Aber pl ö tzlich glitt ihm der hintere Fu ß weg, und er scharrte auf dem Holzboden nach Halt, w ä hrend die Flasche auf dem Tisch kippte.
Der Druck an der Kehle wurde noch schlimmer. Das Gewicht der Flasche war zu viel f ü r seine Finger, die zugleich gegen den Zug des Gummiseils zu k ä mpfen hatten. Sowie sie sich ein wenig lockerten, passierte es.
Die Flasche entglitt ihm, schwankte f ü r einen Sekundenbruchteil und fiel mit einem dumpfen Schlag auf die Tischplatte und rollte dann zur Seite weg. Das Wasser str ö mte aus dem Flaschenhals, und Carver konnte nichts weiter tun, als zuzusehen, wie sie ü ber die Kante auf den Boden fiel und ihren kostbaren Inhalt ü ber die Holzdielen vergoss.
Eine Pf ü tze breitete sich aus, aber viel zu weit entfernt, als dass er mit den H ä nden hinreichen konnte.
Das Wasser gluckerte und schwappte und floss, doch jeder Tropfen war vergeudet.
Carver stand da und sah voller Verzweiflung zu, wie es zwischen die Bodenritzen rann und ganz langsam in dem weichen hellen Holz versickerte.
Er zerrte heftig an dem Seil, um an die umgekippte Flasche zu gelangen, in der noch ein Liter geblieben war. Er zog, bis er das Gef ü hl hatte, den Kopf aus der Verankerung zu rei ß en. Er k ä mpfte gegen das Ersticken und gegen die drohende Ohnmacht an, aber es war sinnlos. Die Flasche blieb au ß er Reichweite, unber ü hrbar, mit der verlockenden Ö ffnung auf ihn gerichtet.
Da wusste er, dass es vorbei war. Tyzack hatte gewonnen. Er w ü rde den Pr ä sidenten umbringen. Und er selbst w ü rde in den n ä chsten Tagen sterben. Es war nur noch die Frage, wie und wann.
67
Der Stadtplan mit den nördlichen Vierteln Oslos sieht aus wie ein Labyrinth in einem R ä tselbuch f ü r Kinder. Die Stra ß en verlaufen in Serpentinen die H ü gel hinauf, manche m ü nden in eine weitere Stra ß e, andere enden als Sackgasse. H ä tte Maddy nicht Thor neben sich gehabt, der ihr sagte, wie sie fahren sollte, sie h ä tte sich hoffnungslos verfranst. Aber er gab seine Anweisungen mit aufreizend ruhiger, tonloser Stimme wie ein Navigationsger ä t, w ä hrend sie ihre Wut und ihre Verzweiflung darin b ü ndelte, so schnell wie m ö glich zu Sam zu gelangen.
Larsson hatte einen Volvo XC90 mit Allradantrieb, der
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