Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain

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Auf kurze Distanz war das ein Vorteil; das könnte der einzige Grund gewesen sein, weshalb er in dieser desaströsen ersten Runde überhaupt eine Scheibe getroffen hatte. Doch je länger die Jagd dauerte, desto mehr Löcher taten sich zwischen den Schrotkugeln in der Luft auf und desto schwieriger wurde es, einen Treffer zu landen. Sobald sie auf hochfliegende Scheiben oder auf größere Distanzen schießen würden, bekäme Carver Probleme.

36
    »Die Moorhühner haben wir geschossen, jetzt kommen die Rebhühner dran«, sagte Klerk, als sie beim zweiten Stand ankamen. Er war viel einfacher als der vorige, da er nur aus einem hüfthohen Stück Holzzaun bestand, an dem ein Behälter für die Patronenhülsen hing. Dafür hatte man sich umso mehr Mühe gegeben, eine voll entwickelte Feldhecke aus Büschen und Bäumen vor dem Stand zu schaffen, die aussah, als gehörte sie dort schon seit Jahrhunderten zur Landschaft. Carver staunte, wie viel Anstrengung und Geld aufgewendet worden waren, um diese Pflanzung aus Hartriegeln, Rotdorn- und Spindelsträuchern mitsamt der Eichen und Kastanien, die dazwischen standen, ausfindig zu machen und umzusiedeln.
    Hinter der Hecke hörte man einen Motor anspringen und dann ein etwas leiseres Surren. Irgendwo dort hinten wurde mindestens eine mechanische Plattform in die Höhe gefahren, die eine Wurfmaschine trug. Die Tonscheiben würden also genau wie die Vögel, die sie imitieren sollten, in verschiedenen Höhen hinter der Hecke auffliegen.
    »Simultan«, kündigte McGuinness an, was hieß, dass beide Scheiben gleichzeitig ausgelöst würden. »Mr. Klerk ist an der Reihe.«
    Die Reihenfolge rotierte nun also zu Carvers Gunsten. Diesmal würde er als Letzter schießen.
    Klerk nahm seinen Platz hinter dem Zaun ein und rief: »Pull!«
    Die Scheiben kamen hinter der Hecke in Sicht, flogen über eine der Eichen und weiter aufsteigend auf Klerk zu, wobei sie diesmal von links nach rechts kamen. Sie flogen in unterschiedlicher Höhe und in leicht differierenden Bahnen, was es umso schwieriger machte, sie rasch hintereinander zu treffen.
    Klerk zielte und zog den Lauf im Uhrzeigersinn fast bis zur Drei, ehe er abdrückte. Wieder war seine Technik geübt und effektiv. Er machte neun von zehn Punkten.
    Zalika demonstrierte erneut, dass sie begabter war als ihr Onkel. Sie erledigte die ersten vier Dubletten mit gewohnter Akkuratesse, indem sie früher schoss, sodass die Tonscheiben getroffen wurden, als sie kaum die Zwei-Uhr-Position verlassen hatten. Als das letzte Paar erschien, vernichtete sie die neunte Scheibe ganz gelassen. Doch wie jeder ernst zu nehmende Schütze weiß, ist der letzte Vogel häufig der schwierigste. Es mag an mentaler Ermüdung liegen, denn auch die beste Konzentration kann kurz entgleiten. Vielleicht ist aber Selbstgefälligkeit die größere Gefahr, eine minimale Entspannung, hervorgebracht durch die Gewissheit, dass der zehnte Schuss genauso gut laufen werde wie der neunte. Auf jeden Fall haben schon viele Schützen kurz vor dem Ende einer bis dahin fehlerfreien Sequenz danebengeschossen. Und genau das passierte Zalika Stratten. Ungläubig schaute sie zu, wie die letzte Tonscheibe weiterflog, nachdem der Schuss verhallt war, dann fing sie verärgert die herausspringenden Patronenhülsen auf.
    Das Mädchen war also auch bloß ein Mensch.
    Zalika hatte Carver eine Möglichkeit eröffnet. Er würde den Vorteil voll ausnutzen müssen.
    Diesmal kam Ablenkung nicht in Frage. Er sah sich nicht um. Er dachte an nichts anderes als die Tonscheiben. Während die anderen geschossen hatten, hatte er die Flugbahnen beobachtet, sich genau eingeprägt, wo die Scheiben relativ zu der Eiche ins Blickfeld kamen, und hatte sein Ziel von einem bestimmten Zweig aus ins Auge gefasst. Er pulverisierte die ersten vier Dubletten bis sie die Ein-Uhr-Position erreichten.
    Als McGuinness zum fünften Mal den Knopf drückte, machte Carver die Augen schmal, biss die Zähne zusammen, und in einem Moment völliger Konzentration fühlte er sich, als ob die Abläufe ringsherum verlangsamten, sodass die Tonscheiben so groß und träge wie Ballons zu treiben schienen und er jede Menge Zeit hatte, sie vom Himmel zu holen. Er schoss beide ab, bevor die anderen sie auch nur bemerkt hatten, nämlich als sie kaum die Zwölf auf dem imaginären Zifferblatt passierten.
    Als er seine Patronenhülsen in den Behälter warf und sich zu seinen Konkurrenten umdrehte, bemerkte er bei McGuinness ein leises sarkastisches