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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Nahrungsmittel für zehntausend Menschen, aber mittlerweile sind es zigmal so viele. Sie müssen mehr Vorräte senden«, bettelte er.
    Die UNO-Angestellte hieß Hester Thompson. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann sie zuletzt gebadet oder länger als vier Stunden geschlafen hatte. Ihre fettigen, ungewaschenen Haare waren zum Pferdeschwanz zurückgekämmt und mit einem Gummiband zusammengehalten. Ihre Augen waren vom Schlafmangel und von der staubigen Luft gerötet.
    »Mehr haben wir nicht«, sagte sie. »Die UNO hat das Budget für Nahrungsmittellieferungen gekürzt. Wir geben Ihnen schon alles, was wir haben.«
    »Aber die Leute verhungern. Es gibt kein Trinkwasser, keine Sanitäranlagen. Seit gestern haben wir zwanzig neue Cholerafälle, aber keine Ärzte, keine Medizin, um sie zu behandeln.«
    »Ich verstehe das ja, und ich fühle mit Ihnen, wirklich. Aber selbst wenn ich alles Geld der Welt hätte, um es für Lebensmittel auszugeben, würde das nichts nützen, weil Ihre Regierung –«
    »Das ist nicht meine Regierung«, fauchte Iluko. »Das sind Hyänen, die sich am Aas meines Landes sattfressen.«
    Thompson seufzte schwer. »Wie auch immer, das Gushungo-Regime weigert sich, mehr als hunderttausend Tonnen Mais ins Land zu lassen. Der Präsident sagt, dass mehr nicht gebraucht wird. Tatsächlich wären sechshunderttausend Tonnen nötig, um dieses Land notdürftig zu ernähren. Vorige Woche haben wir die Maisration auf fünf Kilo pro Person und Woche reduziert. Das ergibt sechshundert Kalorien am Tag. Ja, ich weiß, das ist eine Hungerration.«
    »Sie werden uns also nicht helfen ...«
    »Es sei denn, ich entwickle plötzlich Superkräfte.«
    Justus fuhr mit leeren Händen nach Hause. Unterwegs rief er aus dem Toyota Land Cruiser, den er mit der Hälfte von Carvers Geld gebraucht gekauft hatte, seine Familie an. Aber keiner ging ans Telefon.
    Als er zu Hause ankam, sah er den Grund dafür. Von Trauer und Zorn überwältigt wütete er gegen Henderson Gushungo und rief Gott um Rache an. Als die Sonne hinter den Hügeln unterging, begann er für Nyasha ein Grab zu schaufeln und hob es im Schein einer Taschenlampe fertig aus. Er wickelte seine Frau in eine Decke, und eine Hand voll der Obdachlosen versammelte sich um ihn, während er ein paar Gebete sprach, um die Reise der Seele zu beschleunigen. Als er die Leute fragte, was aus seinen Kindern geworden sei, konnte ihm niemand Auskunft geben. Sie seien mitgenommen worden, zwei Verschwundene mehr auf der langen Liste. Wohin man sie verschleppt habe, sei doch nun egal.
    Spät in der Nacht, als er zwischen Tränen und Wut einen Augenblick lang ruhig war, dachte er an den einzigen Menschen auf der Welt, der ihm vielleicht helfen konnte. Er hatte zu Carver immer Kontakt gehalten, an jedem Weihnachten einen langen Brief geschickt, wo er die Fortschritte seiner Kinder in der Schule schilderte. Der Engländer hatte nur ab und zu geantwortet, ihm aber immer Freundschaft und Respekt erwiesen. Justus konnte es sich eigentlich nicht leisten, per Mobiltelefon im Ausland anzurufen, doch das war wohl kaum noch wichtig.
    Er hatte Carvers Nummer. Er wählte und hoffte das Beste.

40
    Vierundzwanzig Stunden nach seiner Ankunft stand Carver wieder in Klerks Salon vor dem Elefantengemälde, und diesmal kehrte er dem Bullen den Rücken zu. Seine Aufmerksamkeit war auf Wendell Klerk, Patrick Tshonga und Zalika Stratten gerichtet. Er tendierte gewöhnlich nicht zum Redenschwingen. Doch er musste einräumen, dass ihm die gespannte Erwartungshaltung seines Publikums einen gewissen Kick gab. Er wusste, was sie von ihm hören wollten. Doch er wollte sie warten lassen, bis er innerlich so weit war, seine Antwort zu geben.
    Terence hatte wie immer etwas zu trinken gebracht. Carver schwenkte seinen Whisky, und während er den Bewegungen der goldenen Flüssigkeit zusah, ordnete er seine Gedanken. Dann sagte er: »Vor langer Zeit, einige Jahre bevor ich nach Mosambik ging, um Zalika zu befreien, verbrachte ich eine Weile in einer Klinik bei Genf. Ich hatte einen Auftrag ausgeführt, der von Anfang an schieflief und noch schlimmer endete. Vermutlich wussten Sie davon, Mr. Klerk.«
    Klerk nickte. »Ja, ich habe mir sagen lassen, dass Sie in schlechter Verfassung gewesen waren.«
    »Nun, dann wissen Sie sicher auch, dass ich von Dr. Karlheinz Geisel behandelt wurde. Sobald ich wieder ein bisschen funktionierte und nicht bloß vor mich hin vegetierte, begannen wir mit Therapiesitzungen. Dr. Geisel

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