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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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machen. Seine Ablehnung des Auftrags musste sie als persönliche Zurückweisung empfinden. Sie hatte sich ihm angeboten, und er war abgereist. Darüber war sie bestimmt nicht glücklich. Und wenn er ihr wahrheitsgemäß entgegenhielte, dass die Entscheidung nichts mit ihr persönlich zu tun hatte, würde es die Sache wahrscheinlich nur schlimmer machen.
    So kam es, dass er erst am Morgen gegen neun die Verbindung zur Außenwelt wieder aufnahm und Justus’ Nachricht abhörte.
    Und sein erster Gedanke war, dass er sich geirrt hatte. Es war nicht Zalika, die ihn manipulieren wollte, sondern Wendell Klerk.

42
    Am Morgen kamen sie Justus Iluko holen. Er war nicht überrascht. Selbst die Hohlköpfe im örtlichen Büro der Geheimpolizei, die ihren Teil zu Gushungos Einschüchterungskampagne beitrugen, hatten sich ausrechnen können, dass es für sie nicht günstig war, nur die Kinder und nicht auch den Vater festzunehmen. Justus ließ sie kommen. Er betrachtete sich sowieso als toten Mann. Und er überlegte, dass das nächste Gefängnis in Buweku lag, knapp fünfzig Kilometer weit weg. Canaan und Farayi waren sehr wahrscheinlich dort eingesperrt. Wenn er selbst auch dorthin käme, hätte er eine Chance, sie noch einmal zu sehen, bevor sie alle verschwanden. Er wollte nur vorher noch mit Carver sprechen. Ihm war klar, dass sein Freund jetzt nichts für ihn tun konnte. Aber wenn er ihm erzählte, was passiert war, durfte er vielleicht auf Rache hoffen.
    »Ich weiß ja, dass Sie ein rücksichtsloser Kerl sind, Klerk, aber ich hätte nie gedacht, dass Sie sich so weit erniedrigen würden.«
    »Was soll das denn heißen, Carver – was meinen Sie mit erniedrigen? Was ist los?«
    Carver war in seinem Wohnzimmer auf und ab geschritten und blieb jetzt stehen. »Ich meine die Nachricht, die ich von Justus erhalten habe.«
    »Welcher Justus?
    »Iluko. Er hat mal für Sie gearbeitet, erinnern Sie sich? Sie sind zusammen im Krieg gewesen. Er hat mir geholfen, Zalika zu befreien.«
    »Ach der Justus. Sicher, ich erinnere mich. Guter Mann, arbeitet seit einer Weile nicht mehr für mich. Aber was ist das für eine Nachricht?«
    »Er hat mich gestern Abend angerufen – jedenfalls jemand, der sich als er ausgab. Die Verbindung war schlecht und die Stimme kaum zu erkennen, es kann also jeder gewesen sein. Er sagte, seine Frau sei tot und seine Kinder von Gushungos Schergen mitgenommen worden. Er bat mich um Hilfe. Sie behaupten also, dass das kein Trick von Ihnen ist; Sie spielen mir keine Tragödie mit einer Familie vor, die ich kenne, nur damit ich meine Entscheidung ändere? Denn das ist schon ein ziemlich blöder Zufall. Ich spaziere bei Ihnen zur Tür raus, und ein paar Stunden später, siehe da, ruft mich einer Ihrer ehemaligen Angestellten an –«
    »He, ich schwöre Ihnen, ich hatte nichts damit zu tun. Und um es zu beweisen, werde ich meine Leute in Malemba anweisen, die Sache zu prüfen und herauszufinden, was da läuft. Einverstanden?«
    In Carvers Ohr piepte es.
    »Warten Sie, da ist jemand auf der anderen Leitung«, sagte er. »Mist, das ist Justus’ Nummer. Ich rufe Sie gleich zurück.«
    »Samuel, sind Sie das?«
    Die Stimme klang gepresst und schrill vor Angst, und der Empfang war beschissen, aber jetzt, wo Carver ihn live hörte, hatte er keine Zweifel mehr: Das war Justus Iluko.
    »Ja. Was ist los?«
    »Sie kommen mich gerade holen. Sie haben meine Frau umgebracht und meine Kinder mitgenommen. Jetzt wollen sie auch mich verhaften.«
    In der Leitung hörte Carver laute Rufe und Poltern – sie waren dabei, die Tür einzuschlagen. Und er konnte nicht eingreifen. Er empfand eine verzweifelte Hilflosigkeit und fühlte sich schuldig.
    »Kann ich irgendetwas tun?«, fragte er, obwohl ihm das sinnlos vorkam.
    »Machen Sie sich meinetwegen keine Gedanken, ich bin ein toter Mann«, kam es zur Antwort. »Aber bitte, Sam, ich flehe Sie an, wenn Sie etwas für meine Kinder unternehmen können ... irgendetwas ... ich ...«
    Seine letzten Worte gingen in dem Bersten der Holztür und dem dumpfen Hall von Stiefelschritten unter. Dann drangen laute Stimmen in den Raum, und Justus wurde abgeführt.
    Carver hörte noch einen verzweifelten Zuruf: »Sam, bitte!« Es knackte in der Leitung, und die Verbindung brach ab.
    Carver stand in seiner Genfer Wohnung, umgeben von Behaglichkeit und all den Dingen, die er sich während der Jahre gekauft hatte, wo er sein einträgliches Gewerbe betrieb, und schämte sich der Leichtigkeit seines Lebens.

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