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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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bereitete es Probleme, mich wieder gesund zu machen. Er hatte Skrupel, weil ich nach meiner Genesung meinen Beruf wiederaufnehmen und Dinge tun könnte, die er moralisch unentschuldbar fand. Es lastete auf seinem Gewissen, dass er mich wieder dazu befähigen sollte.«
    »Und worauf wollen Sie hinaus?«
    »Im Laufe des Wochenendes habe ich Ihnen zugehört, wenn Sie über das von Ihnen so geschätzte Malemba redeten. Nun werden Sie mir zuhören.
    Geisel und ich haben uns mit dem ganzen Problemfeld des Tötens auseinandergesetzt. Wie fühle ich mich dabei? Kann man es jemals rechtfertigen? Ich konfrontierte ihn mit einer ausgedachten Situation. Angenommen Sie steigen in eine Zeitmaschine und werden in das Deutschland von 1936 versetzt. Sie sind am Berliner Flugplatz. Adolf Hitler will ein Flugzeug besteigen. Jemand drückt Ihnen einen Zünder in die Hand und sagt, dass in dem Flugzeug eine Bombe ist. Sie brauchen nur auf den Knopf zu drücken, die Bombe geht hoch und Hitler stirbt. Kein Zweiter Weltkrieg, keine Judenvernichtung. Das Problem ist, dass noch andere Leute in dem Flugzeug sitzen. Nette, anständige Leute: die Piloten, ein paar hübsche Stewardessen, vielleicht einige fröhliche, blonde Kinder aus der Hitlerjugend. Wenn also Adolf stirbt, sterben sie auch. Frage: Drücken Sie den Knopf?«
    »Natürlich!«, schnauzte Klerk. »Ein paar Leben gegen zehn Millionen. Wo ist das Problem?«
    »Geisel hatte eins«, sagte Carver. »Er war nicht derjenige, der die vielen Millionen umbringen würde. Aber er sollte die Menschen in dem Flugzeug sterben lassen. Ihren Tod hätte er auf dem Gewissen. Darum wollte er Zeit zum Nachdenken. Ich sagte: Sie haben keine Zeit; Sie müssen sich sofort entscheiden. Dann habe ich ihm diesen ganzen Machomist erzählt, wie ich den Auftrag vergeigt hatte. Es war zu spät, das Flugzeug hob ab, und nun war Hitler am Leben und siebzig Millionen Menschen würden sterben. Ich weiß noch, wie ich zu ihm sagte: Darum verschwende ich nicht allzu viel Zeit damit, über die Dinge nachzudenken, derentwegen Sie sich den Kopf zerbrechen. In meiner Branche hat man die Zeit nicht.«
    »Das ist die richtige Haltung«, meinte Klerk beifällig.
    »Nein. Denn diese Haltung führt geradewegs zu Leuten in schwarzen Uniformen mit silbernem Totenkopf an der Mütze und SS-Abzeichen an der Schulter, die Juden in Viehwaggons drängen. Das ist die Haltung, die sagt: Mach dir keine Gedanken. Befolge deine Befehle und erledige deine Arbeit. Sehen Sie, es hat eine Weile gedauert, bis ich begriff, dass Geisel recht hat. Keiner weiß, welche Konsequenzen sein Handeln am Ende hat. Wir können nur überblicken, was unmittelbar vor uns liegt, und uns fragen: Tue ich hier und jetzt das Richtig? Kann ich das vor mir rechtfertigen? Vielleicht werde ich auf meine alten Tage milde, aber auch wenn Gushungo ein wahnsinniger, völkermordender, faschistischer Bastard ist, kann ich es nicht rechtfertigen, ihn kaltblütig umzubringen. Meine Antwort lautet also, dass ich Ihren Auftrag nicht annehme, Mr. Klerk, Mr. Tshonga, Zalika. Wenn Sie den alten Knacker so gern tot sehen möchten, tun Sie es selbst. Sehen sie, wie Sie damit klarkommen.«
    Klerk schüttelte ungläubig und angewidert den Kopf. »Wollen Sie mir sagen, dass Sie den Mumm verloren haben, Carver?«
    »Nein, nur das Interesse, anderen Leuten die schmutzige Wäsche zu waschen.«
    »Bitte, Sam, so ist es nicht«, bettelte Zalika. »Hier geht es um Prinzipien, um die Rettung von Menschen. Das ist absolut zu rechtfertigen.«
    »Finden Sie? Von meinem Standpunkt aus sieht es eher so aus, dass ein Mann an die Macht will, ein anderer will Geld und eine Frau will Rache für ein Verbrechen, das zehn Jahre zurückliegt, und, ach, wo wir gerade dabei sind: Kann ich mein Land zurückhaben? All die sterbenden, leidenden Menschen, über die Sie sich auslassen, sind nicht der Grund, weshalb Gushungo getötet werden soll. Sie sind der Vorwand.«
    »Und was ich Ihnen gestern außerdem noch erzählt habe, ist Ihnen gleichgültig?«, fragte Klerk.
    »Was denn? Dass der Tod Gushungos und Mabekis mehr für Zalika tut, als ein Seelenklempner bewirken könnte? Dass die Rache einer Therapie gleichkommt? Glauben Sie mir, das tut sie nicht.«
    »Ich verstehe. Nun, wenn Sie so denken, Carver, hat es keinen Zweck, den Besuch hier noch weiter auszudehnen. Terence wird Ihnen ein Taxi bestellen, das Sie zum Flughafen bringt. Sie werden sicher irgendwie in die Nähe von Genf gelangen.«
    »Danke. Mehr

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