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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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mich für tot gehalten und liegen gelassen. Sein Fehler.«
    »Hast du ihn irgendwann mal aufgespürt?«
    »Er wird mich in Kürze aufspüren.«
    Zheng nickte begreifend. »Verstehe. Er ist das Problem, das du erwähnt hast.«
    Mabeki nickte knapp.
    »Dann solltest du jetzt mitkommen«, sagte Zheng.
    Sie verließen den Fischmarkt und gingen zum Ufer. Eine Steintreppe mit glänzendem Metallgeländer führte vom Kai nach unten zum Wasser. Dort schaukelte ein Boot mit robustem Holzrumpf, eckigem Bug und alten Autoreifen als Puffer. Es war mit einer Segeltuchplane überdacht, die über einen Metallrahmen gespannt war, und an Deck standen überall Plastikeimer und Kisten. Eine alte Frau im weiten, grauen Hemd und Hosen und einem pilzförmigen Strohhut auf dem Kopf stand barfuß vor ihnen. Als sie Zheng sah, rasselte sie mit heller Stimme ein paar schikanöse Sätze herunter und zeigte dabei auf Mabeki. Zheng verbeugte sich respektvoll und antwortete in wesentlich konzilianterem Ton. Die Alte spuckte angewidert auf das Deck, schoss Mabeki einen wütenden Blick zu, dann begab sie sich ans Heck.
    Einen Augenblick später legten sie von der Treppe ab. Die Alte wendete, wich dabei auf wunderbare Weise den dicht beieinanderliegenden Booten aus und fuhr durch die Bucht. Mabeki konnte vor lauter Booten kaum das Wasser sehen, doch die Frau steuerte mit der Leichtigkeit lebenslanger Praxis zwischen ihnen hindurch. Kaum eine Handbreit Platz blieb zwischen Rumpf und Reling, während sie in scheinbare Sackgassen fuhr, die sich am Ende doch noch öffneten.
    Sie passierten eine Autobrücke, die sich über den Hafen spannte, und sahen nicht weit weg die blendenden Lichterketten und den bunt gestrichenen Rumpf des Jumbo-Kingdom-Restaurants, wo auf mehreren Decks viertausend Gäste zu gleicher Zeit speisen konnten, ein wahrer Fresstempel.
    »Beeindruckend, nicht wahr?«, meinte Zheng. »Ich fürchte, unser Ziel ist wesentlich bescheidener.«
    Das war untertrieben, wie Mabeki bald feststellte. Die alte Frau bremste das Boot bei dem eckigen Rumpf eines viel kleineren Restaurantschiffes ab, das am anderen Ende des Aberdeen Harbour lag und über einen rot lackierten Laufsteg mit dem Ufer verbunden war. An der Seite des Rumpfes hing eine rostige Leiter herab. Die alte Frau legte mit dem stumpfen Bug daran an und zeigte abschätzig in deren Richtung.
    »Hier steigen wir aus«, sagte Zheng.
    »Einen Moment noch«, sagte Mabeki.
    Er kehrte Zheng, der schon schwungvoll auf die Leiter stieg, den Rücken zu und ging zu der Alten. Leise, aber ungeheuer drohend sagte er auf Ndebele, sie sei eine mistfressende Pavianhure mit verschrumpelten Brüsten und einer Fotze so trocken wie ein alter Flaschenkürbis. Er schwelgte in ihrer Angst, die sich auf ihrem Gesicht abmalte, obwohl sie kein Wort verstand, und ließ das Gift seiner Bosheit in ihre Seele strömen. Dann wechselte er lauter und viel freundlicher ins Englische. »Danke, dass Sie uns hergebracht haben, Großmutter.« Er ging zum Bug und sprang überraschend athletisch auf die Leiter. Ein paar Sekunden später stand er auf dem Restaurantdeck.
    »Gehen wir«, sagte Zheng.
    Er ging voraus den schmalen Gang entlang, der längs der Bordwand zum Restauranteingang führte. Dort gab es keine Lichterketten, nur einen schmuddeligen, schlecht beleuchteten Raum, wo ein Dutzend Tische besetzt waren. Die zwanglosen Gespräche verebbten, während Mabeki vorbeiging.
    Ein weiß befrackter Kellner nickte Zheng respektvoll zu. Sie durchquerten den Speiseraum und gingen an der Bar vorbei durch eine Tür in die Küche, wo es stark nach Kurzgebratenem roch. Auch hier war es recht still. Eine Hand voll Köche standen rauchend bei einem der Elektroherde und unterhielten sich so gelassen, als erwarteten sie an diesem Abend keine Bestellungen mehr. Zheng ignorierte sie und ging weiter zu einer Stahltür.
    »Vorsicht, zieh den Kopf ein«, sagte er, als er sie öffnete und einen Vorratsraum betrat.
    An den Wänden standen ringsherum Stahlregale mit großen Dosen Speiseöl und Sojasoße neben Konservenbüchsen, Beuteln und Gläsern mit Gemüse, Nudelpackungen und Reissäcken. Ein Bullauge unter der Decke war geöffnet worden, um Frischluft hereinzulassen, doch die Luft war vollgequalmt mit Zigarettenrauch, der von den vier alten Männern an dem kleinen Holztisch in der Mitte aufstieg. Auf dem Tisch lag eine Plastikdecke. Die Männer sahen aus wie Dockarbeiter oder einfache Matrosen und waren mit fleckigen, speckigen Westen und

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