Samuel Carver 04 - Collateral
aber wollten nichts davon hören.
»Komm, Dad, lass mich das tun«, bat Andy. »Ich könnte ein bisschen Aufregung gebrauchen.«
»Das ist es ja gerade«, brummte sein Vater. »Ich will keine Aufregung, sondern nur jemanden, der hinfährt und nachsieht, was passiert ist. Wenn Auseinandersetzungen anstehen, weil Wilderer festgenommen werden müssen, will ich die Polizei dort haben, damit alles offiziell abläuft.«
»Bitte, Mr. Stratten, machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Moses. »Ich bin sicher, dass niemand zu Schaden kommt.«
»Aber Moses, mein Lieber«, schaltete sich Jacqui ein, »du musst doch müde sein nach diesem langen Flug von London. Möchtest du dich nicht lieber etwas ausruhen?«
»Bestimmt nicht, Mrs. Stratten, es geht mir gut. Ich habe im Flugzeug sehr gut geschlafen. Erst wenn wir uns um die Sache kümmern, werde ich mich wieder richtig zu Hause angekommen fühlen. Außerdem sind Sie sehr großzügig zu mir gewesen. Ich würde gern die Gelegenheit nutzen und mich nützlich machen, um Ihnen meine Dankbarkeit zu zeigen.«
»Das ist sehr anständig«, räumte Dick Stratten ein. »Also nehmt zwei von den Männern mit. Ich will, dass ihr alle vier bewaffnet seid. Und ihr schießt nur in Notwehr. Habt ihr mich verstanden? Ich will nicht, dass ihr euch da aufführt wie John Wayne.«
»John wer?«, fragte Andy grinsend.
»Du weißt genau, was ich meine, junger Mann. Seid da draußen vorsichtig.«
»Bitte, Liebling«, sagte Jacqui, »tu, was dein Vater sagt. Und komm wohlbehalten zurück.«
Andy Stratten küsste seine Mutter im Vorbeigehen auf den Scheitel. »Machen wir, Mum, keine Sorge«, versprach er, und dann zu Moses: »Los, Boet , lass uns verschwinden!«
Die zwei Freunde zogen sich gegenseitig auf, während sie zu der Stelle hinausfuhren, wo die Tiere geschossen worden waren. Doch das Geplänkel stoppte, sowie die Nashornkadaver in Sicht kamen.
»Scheißkerle!«, zischte Andy. Er wandte sich Moses zu. »Willkommen daheim. Viel hat sich nicht geändert.«
»Nein, noch nicht«, pflichtete Moses bei. »Komm, sehen wir nach, was passiert ist und in welche Richtung die Wilderer geflohen sind.«
Zu viert untersuchten sie den Tatort, gingen jeder Fußspur in dem Gehölz nach, stellten sorgfältig die Fundorte der Patronenhülsen fest, wie es die Polizei auch getan hätte. Fährtenlesen war eine Fähigkeit, die Andy von klein auf gelernt hatte. Für den Ndebele war das jedoch ein Erbe ungezählter Generationen, das bis zum Anbeginn der Menschheit zurückreichte.
Moses sprach mit den anderen beiden Schwarzafrikanern, dann sagte er zu Andy: »Wir sind uns also einig: acht Männer mit Kalaschnikows, aber nur sieben haben geschossen. Der achte Mann stand da drüben und hat zugesehen.«
»Der Anführer«, sagte Andy. »Er hat nur Befehle erteilt.«
»Das nehme ich auch an.«
»Gut, sehen wir mal, wohin sie gegangen sind. Ich weiß, wir haben dem alten Herrn versprochen, dass es zu keinem Zwischenfall kommt, aber wenn ich den Bastard finde, der das befohlen hat, ist er ein toter Mann.«
»Ja, und was passiert dann?«, fragte Moses. »Nichts Gutes für dich, das ist sicher. Also ruhig Blut, du Hitzkopf. Wir heften uns an ihre Fersen. Wir werden sie finden, beobachten, ihre Position melden und auf die Polizei warten. Dann kannst du vielleicht deine Rache bekommen. Aber vorerst folgen wir nur ihrer Spur.«
Die Wilderer hatten versucht, ihre Spuren zu verwischen und falsche Fährten zu legen, doch die Täuschung war ihnen so gründlich misslungen, dass es ihre Verfolger nur zuversichtlicher machte. Es dauerte nicht lange, bis sie die Stelle fanden, wo die Wilderer den Wagen verlassen hatten. Der Reifenspur nach waren sie von der Straße abgebogen, hatten das Fahrzeug in einem Mopane-Gehölz versteckt und waren nach der Tat nicht wieder auf die Straße zurückgekehrt, sondern tiefer ins Buschland gefahren.
»Sie sind zum Fluss«, stellte Andy fest. »Sie müssen verrückt sein.«
»Vielleicht dachten sie, sie können ihn durchqueren«, meinte Moses.
»Die Furten sind aber ganz woanders. Sie können doch nicht so dumm sein, oder?«
Moses zuckte die Achseln. »Nicht dumm, aber vielleicht verzweifelt. Wir müssen vorsichtig sein. Vielleicht sollten wir hier Schluss machen. Denk dran, die sind zu acht.«
»Schluss machen? Auf keinen Fall. Ich will diese Scheißkerle auf jeden Fall erwischen.«
Moses erwiderte nichts. Aber seine Fingerknöchel am Gewehr wurden weiß, und sein Blick huschte nervös
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