Samuel Carver 05 - Collapse
Schrankelemente, ein Bett, Kochgerät und ein Chemieklo, die er vorher ausgebaut hatte. Nur die alten Gardinen an den Fenstern waren dringeblieben und diskret zugezogen, damit keiner in den Wagen sehen konnte.
Die Nummernschilder und Plaketten des Campingbusses waren teils gestohlen, teils illegal hergestellt. Die Schilder gehörten zu einem anderen Fahrzeug, das sie vor zwei Wochen bei einer Auktion erworben, dann beseitigt und gestohlen gemeldet hatten.
»Das ist auch so ein alter PIRA-Trick«, sagte Smethurst, der die Szene betrachtete. »So wie die die Downing Street getroffen haben, sprengen wir ein großes Loch in Pembrokeshire.«
Hinten im Heuschober stieß Uschi Kremer einen theatralischen Seufzer aus. »Ich brauche dringend eine Zigarette«, sagte sie.
»Nicht hier!«, schrie eine der anderen Frauen entsetzt. »Sonst bringst du uns alle um.«
Kremer lachte. »Danke, aber das weiß ich selbst! Keine Sorge. Ich werde weit genug weggehen. Kommt eine von euch mit?«
Die beiden verzogen das Gesicht. Sie selbst rauchten nicht, und wenn sie die Wahl hatten, Uschi Kremer beim Qualmen zuzusehen oder hinter ihrem Rücken über sie zu lästern, wussten sie genau, was ihnen lieber war.
Kremer wusste es auch. »Na dann nicht«, sagte sie durchtrieben grinsend.
Fünf Minuten später und vierhundert Meter entfernt holte sie ihr Handy hervor und drückte die Kurzwahltaste für Derek Choi. »Ich bin’s«, sagte sie. »Ich wollte Sie nur informieren, dass alles gut läuft.«
»Halten Sie diese Leute wirklich für fähig genug, den Plan auszuführen?«
»Ja. Die geplante Initiative ist viel größer als für den gewünschten Effekt nötig wäre. Wenn wir nur zu fünfundzwanzig Prozent Erfolg haben, dann gibt das ein Feuerwerk, das die ganze Welt sehen wird.«
»Das Feuerwerk haben wir Chinesen erfunden«, sagte Derek Choi.
»Ich verspreche Ihnen, so eins haben auch Sie noch nicht erlebt«, erwiderte Uschi Kremer.
Beverly Hills, Kalifornien: fünf Monate vorher
In dem erstklassig eingerichteten Büro seines Operationssaals, wo lauter gerahmte Urkunden seine Befähigung zum Arzt bewiesen und große Farbfotos sein Können mit dem Skalpell veranschaulichten, diktierte Dr. Arpad Karvakian seiner Sekretärin einen Brief. Sie selbst war ebenfalls ein wandelndes Zeugnis seiner Arbeit.
»Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass die Operation ein voller Erfolg war«, sagte er. »Erschrecken Sie nicht … Nein, streichen Sie das, das wird ihn nur beunruhigen … Machen Sie sich keine Sorgen … Ja, das ist besser … keine Sorgen, äh, wenn sich unter dem Auge ein Bluterguss und an Stirn, Nase und Kinn eine Schwellung entwickelt. Das ist eine normale Folgeerscheinung der Operation, die im Lauf der nächsten sechs Wochen beträchtlich zurückgehen wird. Eine noch verbleibende Schwellung … Nein, eine kleine noch verbleibende Schwellung wird nach vier bis sechs Monaten ebenfalls verschwinden. Die Operation umfasste ebenfalls eine Reduzierung im Stirnbereich, Jochbeinimplantate sowie eine Modellierung des Kiefers. Diese Eingriffe, wie auch die Straffung in der Gesichtsmitte können sich auf die Nerven der betroffenen Zonen auswirken und ein gewisses Taubheitsgefühl verursachen. Auch das ist völlig normal, und die gewohnte Empfindlichkeit wird nach und nach zurückkehren. Im Allgemeinen verläuft der Heilungsprozess völlig erwartungsgemäß, und vorausgesetzt, meine Anweisungen werden befolgt, gibt es keinen Grund zur Beunruhigung. Ich hoffe, Sie stimmen mir darin zu, dass die Ergebnisse genau Ihren Wünschen entsprechen. Mit freundlichen Grüßen et cetera. Haben Sie das?«
»Hm«, antwortete Sherilyn. »Aber ich verstehe das noch immer nicht. Das war doch der Mann, der den Krebs hat, oder?«
K arvakian nickte.
»Wieso lässt der sich noch das Gesicht liften? Er wird doch kaum noch etwas davon haben.«
»Das weiß ich nicht, Liebchen. Vielleicht hofft er, dass der Tod ihn nicht erkennt, wenn es so weit ist.«
Sherilyn kicherte. »Oder er will bei seiner Beerdigung gut aussehen.«
6, Gresham Street, London EC2: am folgenden Tag
Die Wax Chandlers Hall befindet sich seit 1501 am selben Platz in der Londoner Innenstadt. Das ursprüngliche Haus der Ehrwürdigen Gesellschaft der Wachshändler – die die schicken Bienenwachskerzen für die königlichen Paläste und Adelshäuser verkaufte – fiel dem großen Brand von London zum Opfer, wurde beim Fliegerangriff zerbombt und insgesamt fünf Mal wiederaufgebaut. Die
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