Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuel Carver 05 - Collapse

Samuel Carver 05 - Collapse

Titel: Samuel Carver 05 - Collapse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
Vom Netzwerk:
wie es ihr gehe, setzte sie ihr breitestes Lächeln auf und antwortete: »Einfach großartig!«
    Wer Zorn beobachtete – und das tat jemand –, dem schien es, als ob der Mann mehr Freude an der Zankerei hatte als an dem grottenschlechten Tennis, das auf dem Platz geboten wurde, denn Castizos zweiundzwanzigjährige Geliebte war über den Umzug nicht glücklicher als Lockheimers vierzigjährige Gattin. Er schien sich bestätigen zu wollen, wie verzweifelt diese reichen Leute waren, dass sie ihm große Summen ihres Geldes gaben. Ihnen den Tag zu versauen war eine angemessene Art, ihre Gier auszuloten. Und natürlich war Zorn im Gegensatz zu seinen Gästen an Tennis ernsthaft interessiert. Er war tatsächlich des Sports wegen nach Wimbledon gekommen.
    In Begleitung von Ahmad Razzaq führte Zorn seine Gäste aus dem Centre Court und durch die Leute hindurch, die versuchten zum sogenannten Tea Lawn zu gelangen, der eigentlich der Personalparkplatz des All England Lawn Tennis Clubs war und für die vierzehn Tage des Turniers mit einer Bühne, Tischen und grün-violett gestreiften Sonnenschirmen ausgestattet wurde. Das unzufriedene Getuschel seiner Gäste wurde lauter, als sich einige uniformierte Sicherheitsleute, die einendunkelhäutigen, stämmigen Spieler mit Dreitagebart schützten, an ihnen vorbeidrängten und einer der Damen auf die Louboutin-Sandaletten traten.
    »Das ist Hernandez von Platz neun der Setzliste«, sagte Zorn, als die schwarzen Uniformen und der weiße Tennisdress von der Menge verschluckt wurden. »Zäher Bursche, spielt wirklich hart, gibt keinen Ball auf. Aber er muss gegen Arana spielen, und ich sage, der Junge gewinnt in vier Sätzen.«
    Der Weg zum Number Two Court verengte sich und drängte die Besucher, die dorthin strebten, noch dichter zusammen. Dieser Court war eine schlichte Betonschale; das einzige Zugeständnis an den Glanz der Veranstaltung waren die gepolsterten Sitze. Es waren keine Berühmtheiten zu sehen, es gab keine Königsloge zu begaffen. Zorn war das so gleichgültig wie nur was. Oscar Hernandez war der bewährte Spieler, aber Quinton Arana war ein neunzehnjähriger Aufsteiger mit einem Ziel vor Augen. Der Sohn einer Arbeiterfamilie aus einem Bergwerksort in Pennsylvania hatte in der ersten Woche schon zwei hochplatzierte Skalps gemacht und hatte es auf einen dritten abgesehen. Zorn sah ein paar ultraehrgeizigen Ballwechseln mit zischenden Grundschlägen zu, applaudierte beiden Spielern, wenn sie scheinbar aussichtslose Fälle bekamen, brüllte begeistert »Ja!« und erklärte: »Das nenne ich Tennis!«

22
    Carver hörte jedes Wort. Er hatte einen Sitzplatz an der Seite, ideal, um Zorn und seine Gesellschaft zu beobachten, die in der ersten Reihe hinter der Grundlinie saßen. In dem Taschenschirm, den er auf dem Schoß liegen hatte, verbarg sich ein Richtmikrofon. In der khakifarbenen Anglertasche neben ihm war eine Kamera versteckt. Sie war bei der lächerlichen Taschenkontrolle, der er sich am Eingang hatte unterziehen müssen, nicht bemerkt worden. Es gab dort auch keine Leibesvisitation und keinen Scanner, was ihm das Leben in dieser Woche erleichterte. Die Kamera schickte die Aufnahmen aufs iPad, das sich ebenfalls in der Tasche befand, zusammen mit einer eingerollten, aktuellen Ausgabe des Herald Tribune , einem Baumwollpullover von J. Crew und einer Dose Halspastillen. Carver trug die typisch amerikanische Sommerkleidung: eine hellbeige Chino, ein hellblaues Ralph-Lauren-Hemd und einen dunkelblauen einreihigen Blazer. Um die Leibesmitte hatte er sich ausgepolstert, um einen weichen, fetten Bauch vorzutäuschen, und sein normalerweise glatt rasiertes Kinn und die kurzen dunklen Haare waren unter welligen, blonden Haaren und einem Bart verschwunden. Eine Pilotensonnenbrille verbarg seine Augen. Während er Zorn überwachte, beschäftigte ihn immer wieder dieselbe Frage: was Zorn in London wirklich vorhatte und warum ihn jemand so dringend umbringen wollte. Er selbst hatte nichts gegen Zorn. Er war sogar beeindruckt, weil Zorn die schicken Plätze verschmähte. Das sprach für ihn. Andererseits hatte Carver über dreitausend Pfund für sein Centre-Court-Ticket bezahlt. Wäre schade, es zu vergeuden.
    Zorn schien genauso zu denken. Nach einer Stunde auf Court Number Two lenkte er ein und führte seine erleichtert lächelnde Gesellschaft zurück zum Centre Court. Als Carver den berühmtesten Tennisplatz der Welt betrat, verblüffte es ihn, wie intim er wirkte. Auf der

Weitere Kostenlose Bücher