Samuel Carver 05 - Collapse
dem arroganten kleinen Idioten von einem Ministerreferenten gerade zum x-ten Mal sagen, dass in einer Ölraffinerie Sicherheit oberste Priorität hatte. Er schrie noch lauter als vorher, um sich bei dem Gesprächslärm der umstehenden Leute und dem Geknatter der ankommenden Hubschrauber verständlich zu machen. In dem Moment endete das Rotorgeräusch in einem metallischen Krachen, gefolgt von einer donnernden Explosion. Holloway blickte auf und sah einen Hubschrauber trudeln. Der zweite war in einer Wolke aus Feuer und Rauch verschwunden.
Eine Sekunde später traf eines der Geschosse die Destillationskolonne, die keine fünfzehn Meter hinter ihm aufragte, und die gigantische Explosion, die darauf folgte, fegte Willie Holloway, den Referenten und jeden anderen in der Nähe spurlos vom Erdboden.
Tyrrell und Schultz liefen hundert Meter weiter weg die Straße entlang, die auf die Verwaltungsgebäude zuführte, wo sie ein hoffentlich unbeobachtetes Treffen mit dem Leiter der Special Forces abhalten wollten. Ein rasiermesserscharfes Stück Stahlblech von der Größe einer Frisbeescheibe traf Major Rod Tyrrell über dem rechten Ohr und schnitt ihm die obere Kopfhälfte ab. Er war auf der Stelle tot. Schultz blieb unverletzt, doch die Druckwelle riss ihn um. Bis er wieder auf die Füße kam, war die Luft von erstickendem, waberndem Rauch erfüllt, der nach brennendem Öl stank, und der Boden zitterte von den fortgesetzten Explosionen, bei denen einBereich nach dem anderen zerfetzt wurde oder in Flammen aufging.
Mit einem Taschentuch vor Mund und Nase, um sich gegen den Rauch zu schützen, lief Schultz taumelnd und hustend los, um dem Inferno zu entkommen. Inmitten des Donners der Explosionen und der Rauchwolken entdeckte er den flugunfähigen Hubschrauber erst als er über das Dach eines Bürogebäudes schrammte und dabei hunderte Dachziegel mit sich riss. Die aufgerissene, zerbeulte Metallhülle stürzte auf die Straße und rutschte kreischend auf Schultz zu.
Schultz warf sich zur Seite und schaffte es irgendwie, nicht von den verbogenen Rotorblättern zerfetzt zu werden. Das Wrack rutschte noch ein Stück weiter auf die brennende Destillationskolonne zu, bis es am Straßenrand liegen blieb, keine zwanzig Meter von einer aufgerissenen Rohrleitung entfernt, aus der eine brennende Flüssigkeit strömte. Sie breitete sich auf dem Asphalt aus wie Weinbrand auf einem flambierten Steak und bildete eine immer größer werdende Feuerlache, die sich auf das Hubschrauberwrack zubewegte.
Wenn darin noch jemand lebte, würde er verbrennen.
Ohne sich um seine eigene Sicherheit zu kümmern, zögerte Schultz keine Sekunde und rannte sofort zu dem Wrack. Die Tür der Passagierkabine stand halb offen. Schultz zog an dem heißen, verbogenen Blech und vergrößerte die Lücke, sodass er sich mit einem Bein und einem Teil des Oberkörpers hineinzwängen konnte. Er versuchte mit der Hand den Rauch vor seinem Gesicht zu vertreiben, damit er nachsehen konnte, ob noch jemand lebte. Sein erster Eindruck war, dass alle tot waren oder zumindest bewusstlos. Niemand rührte sich oder rief um Hilfe, und es war einfach keine Zeit, um bei jedem nach dem Puls zu tasten. Nebenbei registrierte er ein bekanntes Gesicht, Nicholas Orwell, den früheren Premierminister. Er starrte mittoten Augen an die Decke. Und dann sah Schultz eine Hand, eine weibliche Hand, die sich bewegte. Die Verletzte versuchte, nach ihm zu greifen, und er hörte sie ganz schwach wimmern: »Helfen Sie mir … Bitte, helfen Sie mir.«
Schultz schob sich weiter in die Kabine. Jetzt sah er die Frau. Sie war rechts neben ihm auf ihren Sitz geschnallt. Ihr Gesicht war voller Blut, das aus einer klaffenden Wunde auf ihrer Stirn stammte. Ein Stück Haut war abgerissen und hatte den Knochen freigelegt. Auch an einem ihrer Beine sah er blanken Knochen, der unterhalb des Rocksaums die Haut durchstoßen hatte. Schultz war erleichtert. Keine lebensgefährliche Verletzung. Sofern keine böse Überraschung lauerte, die er noch nicht sehen konnte, würde die Frau am Leben bleiben.
Doch wenn er sie und sich selbst nicht schleunigst aus dem Wrack herausschaffte, wäre es nicht mehr von Bedeutung, was für Verletzungen sie hatte. Dann würden sie beide gegrillt.
Er langte nach dem Verschluss des Sicherheitsgurtes und drückte den Knopf. Nichts passierte. Er zerrte an dem Gurt. Doch er lockerte sich nicht. Schultz blieb ruhig. Er und Tyrrell waren in Zivil zum Konferenzort gekommen, theoretisch
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