Samuel Carver 05 - Collapse
eine Behörde, die im Ausland geheimdienstliche Informationen beschaffen soll, er verstößt auch gegen so viele Gesetze, dass ich mir gar nicht die Mühe machen will, sie alle aufzuzählen.«
»Wir wollen unseren Freunden nicht auf die Zehen treten«, sagte Grantham. »Wir möchten nur eine Lösung für ein Problem vorschlagen, das uns alle betrifft. Und übrigens haben wir die Information, die zu der Vermutung führte, dass Mr Zorns Motive in einigen Orten in den Vereinigten Staaten, Italien und Griechenland liegen, von denen keiner wirklich privat ist. Und jeder einzelne der führenden Verdächtigen in der Verschwörung, die wir glauben aufgedeckt zu haben, istein ausländischer Staatsangehöriger. Ich würde also behaupten, dass wir gute Gründe haben, uns zu engagieren. Was die Legalität betrifft: Dieses Land hatte kein Problem damit, eine gesetzeskonforme Rechtfertigung für einen Irakkrieg zu finden, die auf Geheimdienstmaterial basierte, das, wie wir alle wissen, absoluter Bockmist war, um es unverblümt zu sagen. Wie schwer kann es also sein, eine gute Begründung für diese Sache zu finden? Malachi Zorn ist in dieses Land geschlendert und hat uns alle zu Idioten gemacht. Und das, indem er zweihundert Menschen tötete, von denen wir einige persönlich kannten. Ich denke, wir haben ein Recht, ihn wissen zu lassen, dass wir uns so etwas nicht gefallen lassen.«
»Am Ende läuft alles auf diesen Carver hinaus«, unterbrach Young, um dem Grabenkampf ein Ende zu machen. »Sie verlangen, dass ich enormes Vertrauen in die Qualität seiner Information setze, in seine Auswertung dieser Information, und vor allem in seine Fähigkeit, durchzuführen, was mir fast so etwas wie eine öffentliche Hinrichtung erscheint. Das ist reichlich viel verlangt.«
»Es wäre nicht das erste Mal, dass wir ihm vertrauen müssen«, erwiderte Grantham. »Vor ein paar Jahren bat er mich – und Dame Judiths Vorgängerin, Dame Agatha Bewley –, ihm zu glauben, dass das Leben von Präsident Lincoln Roberts bedroht sei durch einen Auftragsmörder namens Damon Tyzack. Der Präsident, wie Sie sich noch erinnern werden, machte seinen ersten Staatsbesuch bei uns und wollte in Bristol eine Rede unter freiem Himmel halten. Sowohl der Secret Service als auch die Londoner Polizei schlugen Carvers Warnung in den Wind. Dame Agatha und ich zum Glück nicht. Darum verrotten Tyzacks sterbliche Überreste jetzt am Grund des Bristol-Kanals, während Präsident Roberts gesund undmunter im Weißen Haus sitzt. Ich bin sicher, er würde Carver mit Vergnügen eine persönliche Empfehlung schreiben.«
»Und Sie glauben, Carver ist auf der richtigen Spur?«, fragte Young.
Grantham antwortete nicht sofort. Sein Ruf stand auf dem Spiel, ebenso wie Carvers. Wenn der Plan aufging, würden sie, wenn sie großes Glück hatten, widerwilligen Dank ernten. Wenn er fehlschlug, würde man sie begeifern.
»Ja«, sagte er. »Das glaube ich.«
»Wenn das so ist«, sagte Cameron Young, »dann sehe ich keine andere Möglichkeit. Der Premierminister ist darauf angewiesen, das Blatt schnellstmöglich zu wenden. Warten wir ab, ob Mr Carver ihm dabei helfen kann. Sie dürfen mit der Operation fortfahren und sich aller erforderlichen Mittel bedienen.«
Dann blickte er Grantham traurig lächelnd an, als bedauerte er, den nächsten Satz äußern zu müssen. »Aber Sie müssen verstehen, dass im Falle des Scheiterns dieses Gespräch nicht stattgefunden hat. Die Regierung Ihrer Majestät darf auf gar keinen Fall mit einem Vorgehen in Verbindung gebracht werden, das nicht absolut legal ist.«
»Natürlich«, sagte Grantham. »Das verstehe ich.«
62
Chinatown
In seinem privaten Arbeitszimmer über dem Dim-Sum-Restaurant hielt Derek Choi eine Videokonferenz mit einem Vorgesetzten des Sicherheitsministeriums in Peking sowie einem Geheimdienstoffizier ab, der als politischer Beobachter in der chinesischen Botschaft in London arbeitete.
»Die heutigen Vorfälle sind äußerst bedeutsam«, sagte der Mann vom Ministerium. »Es ist klar, dass wir die Wirkung stark unterschätzt haben, die Mr Zorns selbsterfüllende Prophezeiung haben würde. Aufgrund der Aussagen Ihrer Quelle bei den Verteidigern Gaias haben wir vorhergesagt, dass die Raffinerie beträchtlichen Schaden davontragen und dieser sofort öffentlich bekannt wird, Genosse Choi.«
Choi machte ein unbewegtes Gesicht, obwohl er sich angesichts der impliziten Kritik an seiner Arbeit innerlich wand wie eine Nudel um die
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