Samuel Carver 05 - Collapse
bestätigen können.«
»Ausgezeichnet, Genosse Choi«, sagte der Pekinger Funktionär. »Sie werden mir den Plan in allen Einzelheiten schriftlich vorlegen, damit er begutachtet und kommentiert werden kann. Aber grundsätzlich sind wir einverstanden. Carver wird morgen sterben.«
63
Kensington Gardens, London
Sie trafen sich auf dem Weg, der neben dem Long Water in Kensington Gardens verläuft, wie zwei Verliebte, die sich nach Feierabend ein paar heimliche Minuten gönnen.
»Ich war so in Sorge«, sagte Alix. »Sowie ich sah, was in der Raffinerie passiert war, wusste ich, dass du dort bist, und dachte … entschuldige bitte …« Sie suchte in ihrer Handtasche nach einem Papiertaschentuch und wischte sich die Tränen weg, die völlig überraschend flossen. »So ein Pech!«, murmelte sie und versuchte zu lächeln. »Ich wollte für dich hübsch aussehen.«
Er wischte ihr eine Träne von der Wange und tat das mit derselben Zartheit, die im Bett mit ihm so erregend sein konnte und die jetzt so tröstlich war und ihr das Gefühl gab, geliebt zu werden. »Du siehst doch immer hübsch aus – viel mehr als hübsch«, sagte er. Dann nahm er sie in die Arme. Sie legte den Kopf an seine Brust und hörte seinen kräftigen, regelmäßigen Herzschlag, der sie mehr beruhigte, als Worte es gekonnt hätten.
Alix schniefte und räusperte sich. Es war ihr peinlich, dass sie sich gerade so schwach gezeigt hatte, und sie bemühte sich, zu einer sachlichen Haltung zurückzufinden.
»Was ist denn wirklich passiert?«
»Es wurde ein sehr wirkungsvoller, professionell vorbereiteter Anschlag verübt, der zufällig viel mehr Menschenleben gekostet hat, als die Planer erwartet hatten.«
»Und wer hat ihn geplant?«
»Theoretisch eine Gruppe, die sich Verteidiger Gaias nennt.Praktisch aber deine alte Freundin Celina Nowak, die dabei als Uschi Kremer auftrat. Sie hat ihnen die Idee in den Kopf gesetzt.«
Alix zog die Stirn kraus. »Du meintest, dass sie für Razzaq arbeitet.«
»Ja.«
»Der wiederum für Zorn arbeitet. Du glaubst, das war alles seine Idee?«
»Ganz genau. Die ganze Sache war praktisch ein Finanzbetrug. Zorn hat mit einem Haufen Geld spekuliert, und zwar so, dass er durch die Katastrophe Gewinn macht. Dann macht er die Märkte nervös, indem er sagt: Umweltterroristen sind im Kommen. Die schlagen tatsächlich zu. Dann räumt er ab … allerdings viel mehr, als er sich hat träumen lassen, weil nämlich die halbe Regierung bei dem Anschlag ums Leben gekommen ist.«
»Azarow hat also recht«, sagte Alix. »Sowie er die Nachrichten sah, vermutete er, dass Zorn dahintersteckt.«
»Ich dachte, das mit euch sei vorbei.«
»Was mich betrifft, ja. Aber ich habe versprochen, noch eine Sache mit ihm gemeinsam zu unternehmen. Wir sind morgen nach Wimbledon eingeladen, als Zorns Gäste.« Sie schüttelte den Kopf. »Kaum zu glauben. Ich werde den Kerl anlächeln und so tun müssen, als wäre nichts passiert, obwohl ich genau weiß, was er getan hat. Azarow will jedenfalls, dass ich Zorn genau beobachte. Er meint, eine Frau sieht Dinge, die einem Mann nicht auffallen. Warum schmunzelst du?«
»Weil ich gerade genau dasselbe dachte. Es gibt ein paar Kleinigkeiten, die ich unbedingt herausfinden muss. Und du könntest das für mich übernehmen …«
Eine Stunde später saß Carver im Südosten Londons in einem Pub an der Walworth Road mit Schultz und dessen Kumpel, einem ehemaligen Lance Corporal namens Kevin Cripps. Auf dem Tisch standen drei Gläser London Pride und zwei Schnapsgläser mit Whisky für Schultz und Cripps. Carver hielt eine Einsatzbesprechung ab. Mithilfe von Google Earth, einigen Bierdeckeln, Pfefferstreuern und Zigarettenschachteln erläuterte er, wie die Sache ablaufen sollte.
»Meinen Sie, dass Sie das schaffen?«, fragte er am Ende.
»Können Sie denn die Ausrüstung bis morgen früh beschaffen?«, fragte Schultz.
Carver nickte.
»Auch die Sachen für den Krakatoa?« Cripps klang skeptisch.
»Auch die.«
»Dann ist es ein Kinderspiel, Boss«, sagte Schultz.
64
Wentworth
Die Journalisten hatten das gemietete Anwesen längst verlassen. Jetzt saßen Zorn und Razzaq zusammen und besprachen in Ruhe ihre nächsten Schritte.
»Was wollen Sie tun, jetzt wo Orwell tot ist?«, fragte der Pakistaner. Seine religiösen Grundsätze erlaubten ihm nicht, Alkohol zu trinken, aber er hatte eine dicke Cohiba in der Hand, frisch aus Havanna, die ihm das Nachdenken angenehmer machte.
»Sie meinen, am
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