Samuel Carver 05 - Collapse
zwischen langsamen Flanierern hindurch und verschafften sich mit höflichen Entschuldigungen oder brüsken Worten Durchlass. Schließlich gelangten sie auf den Weg. Linker Hand lagen der neu gebaute Court Number Three und ein paar Außenplätze, geradeaus ein Zeltdorf mit Verkaufs- und Essständen. Carver schlug die andere Richtung ein, zu einer steilen Treppe. Hier verlief der Weg zwischen dem hoch aufragenden Centre Court und der Zickzackfassade des Millennium Buildings, das der Presse und den Spielern mit allem, was sie zum Arbeiten und Entspannen brauchten, zur Verfügung stand und wo sich beide Seiten auch zu Interviews trafen.
Am Fuß der Treppe blieb Carver stehen und blickte zurück. Die drei Chinesen verfolgten sie noch und drängten sich gerade dreißig, vierzig Meter entfernt an einer Treppe durch die Leute. Er fasste Alix’ Hand fester. »Weiter.«
Vor ihnen war es noch voller. Eine dicht gedrängte Schar vonFans stand unverrückbar mitten im Weg mit Kameras, Videorekordern und Mobiltelefonen und schaute zu einer überdachten Fußgängerbrücke hoch, die das Millennium Building mit dem Centre Court verband. Sie warteten auf einen Starspieler, der zu seinem Match erscheinen sollte, und wurden ärgerlich, als Carver sich zwischen sie zwängte.
Er hörte Alix verblüfft Luft schnappen.
»Was ist?«, fragte er.
»Sieh mal, oben auf dem Hügel … Da sind noch mehr.«
Carver gab ihr brummend zu verstehen, dass er die drei Chinesen, unter denen eine Frau war, auch entdeckt hatte. Möglich, dass die völlig unbeteiligt waren, doch er durfte kein Risiko eingehen. Beide Gruppen waren etwa gleich weit entfernt. Kurz blickte er zwischen beiden hin und her, dann zog er Alix mit einem Ruck mit sich.
»Änderung des Plans«, sagte er.
Er wandte sich dem Millennium Building zu und steuerte eine Lücke in der Fassade an, an der Glaswand vorbei, hinter der die internationalen Sportjournalisten an ihren Schreibtischen saßen, die gleichzeitig sowohl ein Auge auf den Fernseher wie auch auf den Computermonitor hielten, an dem sie ihren Bericht schrieben. Jetzt kam Carver in einem kleinen Hof an, der an drei Seiten von hohen weißen Mauern begrenzt war. Er fühlte Alix vor der klaustrophobischen Umgebung zurückschrecken. »Keine Angst«, sagte er. »Dort entlang.«
Er steuerte auf eine Tür in einer Hofecke zu, die sich zu einem Treppenabsatz öffnete.
»Nach unten«, befahl er. »Wir laufen unterirdisch weiter.«
70
Schultz’ Aussehen besaß durchaus auch Vorteile: Wenn er sich auf eine Parkbank setzte, würde sich garantiert kein anderer darauf niederlassen wollen. Zumindest nicht, ohne sehr höflich zu fragen.
Er hörte eine Stimme in seinem Ohr. Es war Cripps. »Brauchst du Hilfe beim Feuerwerk, Boss?«
»Keine Sorge, Kev, hab das Arschloch genau im Visier.«
Schultz hatte das graue Plastikrohr, den flachen Kupferkegel und einen Sicherungsring aus der Tüte genommen. Den Kegel setzte er mit der Spitze nach innen auf die Rohröffnung, sodass die konkave Seite nach außen zeigte, und schraubte den Sicherungsring auf, bis der Kegel fest saß. Dann drehte er das offene Ende zu sich herum.
Als Nächstes nahm er den Beutel Spachtelmasse heraus, öffnete den Clip, der die aufgeschnittene Ecke wieder abgedichtet hatte, kehrte den Beutel auf den Kopf über die Rohröffnung und streute den Inhalt – hochexplosives RDX-Pulver – hinein. Dabei drückte er es zusammen, um es zu verdichten. Als der Beutel leer war, legte er die Plastikscheibe als Deckplatte auf die Rohröffnung und befestigte sie mit dem anderen Sicherungsring. Der Draht befand sich jetzt auf der Außenseite der Deckplatte.
Damit hatte Schultz einen geschlossenen Behälter von der Größe einer Bierdose, der mit Sprengstoff gefüllt war und an einem Ende einen Zünddraht, am anderen Kupfer hatte. Das war ein Krakatoa, eine Waffe, die für ihr Geld lauter knallte als jede andere auf dem Planeten. Im Grunde eine kleine, aberintelligentere Variante der Raketen, die auf die Raffinerie abgefeuert worden waren, fand Schultz. Gut zu wissen, dass der Mann, der hinter dem Anschlag steckte, seine eigene Medizin zu schmecken bekommen würde. Nur schade, dass Carvers Befehl so eindeutig war: den Motor treffen, nicht den Innenraum. Schultz hätte das Arschloch zu gern atomisiert. Aber Befehl war Befehl, selbst wenn man ihn scheiße fand.
An der Seite des soeben gebauten Behälters befanden sich vier kleine offene Röhren. Schultz nahm die vier Plastikstäbe
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