Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
ihm. Sie beauftragte Chiro, Wasser und Handtücher zu bringen, um das aus seiner Nase strömende Blut zu stoppen. Jiro zog erschrocken über die plötzliche Gewalt an Jacks Ärmel. Selbst Taka-san tauchte auf und beugte sich besorgt über ihn.
Nur Yamato stand mit finsterer Miene abseits. Niemand nahm seinen Sieg zur Kenntnis. Er mochte Jack geschlagen haben, doch letztlich hatte Jack gewonnen.
17
Gaijin
»Was ist mit dir passiert?«, fragte Pater Lucius kurzatmig. Er lag im Bett.
»Ich habe gekämpft«, erwiderte Jack trotzig. Die Blutergüsse an seinen Augen waren unübersehbar.
»Und offenbar hast du diesen Kampf verloren. Ich habe dich gewarnt, Junge. Die Samurai sind ausgezeichnete Krieger kennen keine Rücksicht.«
Pater Lucius setzte sich auf und hustete in sein Taschentuch. Husten und gelber Auswurf wurden seit einiger Zeit von Fieber und Schüttelfrost begleitet. Trotzdem beharrte Pater Lucius darauf, Jack zu unterrichten, wie Masamoto es angeordnet hatte, auch wenn ihn oft die Erschöpfung überwältigte. Diesmal mussten sie schon nach wenigen Sätzen abbrechen.
»Ich fürchte, meine Krankheit ist trotz der vielen Tees, Kräuter und Salben, die der Dorfarzt mir verordnet, stärker als ich. Selbst die unvergleichliche japanische Medizin kann sie nicht besiegen.«
Er bekam erneut einen Hustenanfall, krampfte sich zusammen und verzerrte das Gesicht vor Schmerzen. Nur ganz allmählich ließ der Husten nach und der mühsame Atem des Paters war wieder zu hören.
»Das tut mir leid, Pater«, sagte Jack ratlos.
Die Feindseligkeit ihrer ersten Begegnungen war im Lauf der Unterrichtsstunden einer wachsamen Freundschaft gewichen und Jack war aufrichtig um den kranken Priester besorgt.
»Ich brauche kein Mitleid, Jack. Ich habe meine Pflicht hier auf Erden erfüllt und werde bald meinen rechtmäßigen Lohn im Himmel empfangen.« Der Pater bekreuzigte sich. »Morgen geht es mir bestimmt wieder besser, aber heute musst du dich selbst unterrichten. Gib mir bitte mein Buch.«
Jack gab ihm die dicke Kladde, die auf dem Tisch lag.
»Das ist mein Lebenswerk.« Pater Lucius strich zärtlich über den weichen Ledereinband. »Ein japanisch-portugiesisches Lexikon. Seit meiner Ankunft in Japan vor über zehn Jahren habe ich daran gearbeitet. Es enthält den Schlüssel zum Verständnis der japanischen Sprache und Denkart. Damit kann die Gesellschaft Jesu das Wort des Herrn auf jede Insel des Landes bringen.«
In seinen wässrigen Augen leuchtete religiöser Eifer.
»Es gibt nur ein solches Lexikon«, sagte er. Er sah Jack einige Augenblicke lang ernst an, dann hielt er ihm das Buch mit zitternden Händen hin.
»Würdest du für mich darauf achtgeben und im Fall meines Hinscheidens dafür Sorge tragen, dass es in die Hände Seiner Eminenz Pater Diego Bobadilla in Osaka gelangt?«
Jack nickte. Er konnte Pater Lucius die letzte Bitte nicht abschlagen. »Es wäre mir eine Ehre.«
»Nein, die Ehre wäre ganz meinerseits. Du warst trotz deines Glaubens ein guter Schüler. Deine Mutter muss eine tüchtige Lehrerin gewesen sein. Wenn Akiko dir weiterhin hilft, wirst du Japanisch bis zum Ende des Jahres so gut sprechen wie ein Japaner.«
Er lächelte Jack freundlich an und fuhr in einem ungewohnt liebenswürdigen Ton fort.
»Vielleicht darf ich mir im Gegenzug das Tagebuch deines Vaters ansehen? Ich fürchte, meine Zeit auf dieser Welt neigt sich dem Ende zu, und es wäre mir eine besondere Freude, von den weltlichen Abenteuern eines Seemanns zu lesen.«
Jack wurde sofort misstrauisch. Hatte der Priester ihm das Lexikon nur gegeben, um an das Buch seines Vaters zu kommen?
Ihm fiel ein, wie die Augen des Jesuiten begehrlich geleuchtet hatten, als Masamoto ihm das Buch zurückgegeben hatte. Seit damals war der Pater im Unterricht oft darauf zu sprechen gekommen. Hatte Jack einen sicheren Aufbewahrungsort dafür gefunden? Wo bewahrte er es auf? Wollte er ihm nicht daraus vorlesen? Oder eine Seite zeigen? Der Priester wollte das Buch ganz offensichtlich in seinen Besitz bringen, wenn nicht für sich selbst, dann für seinen Orden.
Die Bitte des Paters ärgerte Jack ein wenig. Ob er nur deshalb so freundlich zu ihm war, weil er das wertvolle Buch wollte?
»Tut mir leid, Pater Lucius«, sagte Jack, »aber wie Sie wissen, handelt es sich um ein privates Tagebuch. Es ist das Einzige, was ich von meinem lieben Vater noch habe.«
»Ich weiß, ich weiß, macht nichts.« Der Priester schien zu erschöpft, um weiter nach dem
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