Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
Fallen gegangen, aber er hatte länger durchgehalten als die anderen.
»Emi-chan«, sagte ihr Vater vorwurfsvoll, »ich kann nicht glauben, dass meine Tochter die andere Tür nicht entdeckt hat.«
Jack hob den Kopf ein wenig und sah, dass der Daimyo auf die nackte Wand auf ihrer rechten Seite zeigte. Alle betrachteten sie ratlos. Takatomi bedeutete einem Samurai mit einer Handbewegung, auf die mittlere Wandtafel zu drücken. Sie klickte leise und drehte sich um eine Mittelachse. Im nächsten Moment war der Samurai verschwunden.
Die Wand drehte sich erneut und der Samurai stand wieder im Zimmer. Jack, Akiko, Yamato und Emi sahen einander entgeistert an. Sogar jetzt, da sie wussten, dass es hier eine geheime Tür gab, konnten sie keine Spur davon an der Wand entdecken.
»Wie gesagt, ist die Burg jetzt gegen Ninja geschützt, aber man kann nie vorsichtig genug sein. Jedes Mal wenn ich in diesem Zimmer Gäste empfange, steht hinter dieser Tür ein Wächter.«
»Dadurch konntest du also entkommen«, sagte Emi und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass du die Tür gesehen hast und wir nicht.«
Jack wollte sie schon aufklären, doch dann schwieg er. Offenbar glaubte der Daimyo, dass niemand das Schlupfloch hinter dem Wandteppich mit dem Kranich entdeckt hatte.
Es war sein Geheimnis.
Und jetzt auch das von Jack.
»Aber genug gespielt für heute Abend«, sagte der Daimyo. »Es ist Zeit für die Teezeremonie.«
»Der Gastgeber verbringt manchmal Tage mit der genauen Planung, damit auch alles perfekt klappt«, erklärte Emi mit gedämpfter Stimme.
Sie betraten einen kleinen, sorgfältig gepflegten Garten. Hier blühten zwar keine Blumen, aber alles war mit Wasser benetzt, sodass moosbewachsene Felsen, Farne und Trittsteine wie taufeucht glänzten. Emi ging voraus, ließ sich auf einer Bank nieder und bedeutete Jack, Akiko und Yamato, sich neben sie zu setzen.
»Wir warten hier«, sagte sie leise, »um uns vom Staub des Alltags zu reinigen.«
Jacks Spannung wuchs. Zwar schmeckte ihm grüner Tee nicht besonders, aber er wusste, dass der Teezeremonie allergrößte Bedeutung zukam. Emi hatte versucht, sie ihm zu erklären. Doch jede Handlung und Bewegung hatte einen symbolischen Sinn, den Jack kaum verstanden hatte.
»Die Teezeremonie wird von vier Prinzipien geleitet«, hatte Emi erklärt. »Harmonie, Achtung, Reinheit und Ruhe. Letztendlich sollte man diese vier Qualitäten in Herz und Geist erfahren.«
Während sie im Garten saßen und den Frieden ihrer Umgebung auf sich wirken ließen, verstand Jack etwas besser, was Emi gemeint hatte. Das leise Plätschern des Wassers erinnerte ihn an den Klang ferner Glocken und der Garten wirkte in seiner Schlichtheit beruhigend. Geradezu magisch zog die Umgebung ihn in ihren Bann und er fühlte sich geläutert.
»Wenn wir jetzt gleich hineingehen«, flüsterte Emi nach einem kurzen Moment des Schweigens, »achte darauf, nicht auf die Nahtstellen zwischen den Matten zu treten. Du darfst auch nicht die Matte in der Mitte mit dem Kohlebecken betreten oder berühren. Und du musst während der ganzen Zeremonie knien. Vergiss nicht, das Rollbild zu bewundern, Teekessel und Kohlebecken zu betrachten und dich anerkennend über Schöpflöffel und Teedose zu äußern, wenn sie dir gezeigt werden.«
»Ist das alles?«, rief Jack, dem schon schwindlig war vor lauter Regeln.
Akiko merkte es. »Keine Sorge, mach mir einfach alles nach«, sagte sie leise.
Sie sah ihn fürsorglich an und er fühlte sich beruhigt. Mit Akiko an seiner Seite konnte er bestimmt die schlimmsten Fehler vermeiden.
Emis Vater erschien. »Du musst jetzt still sein«, sagte Emi und strich ihren Kimono glatt.
Daimyo Takatomi näherte sich in einem reinweißen Kimono auf einem mit schwarzen Kieseln bestreuten Weg. An einem großen steinernen Becken blieb er stehen und füllte es mit frischem Wasser aus dem Bach. Anschließend nahm er eine kleine hölzerne Schöpfkelle, die neben dem Becken lag, schöpfte damit etwas Wasser und wusch sich Hände und Mund. Nach Abschluss des Reinigungsrituals betrat er durch das Chumon-Tor den Garten und hieß seine Gäste mit einer stummen Verbeugung willkommen. Die Gäste erwiderten die Verbeugung und folgten dem Daimyo durch das Tor. Emi hatte Jack erklärt, dass es sich dabei um einen symbolischen Durchgang von der körperlichen Welt in die geistige Welt der Teezeremonie handelte.
Sie nahmen nacheinander die Schöpfkelle und reinigten Hände und Mund,
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