Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
eine andere, die einer Frau gehörte.
Jack hielt den Atem an. Er hörte die beiden im Zimmer auf und ab gehen.
»Tja, hier ist er nicht«, sagte wieder die erste Stimme. »Vielleicht ist er umgekehrt?«
»Ich habe doch gleich gesagt, wir hätten im ersten Zimmer nachsehen sollen. Komm!«
Die Schiebetür schloss sich mit einem leise schleifenden Geräusch und die Stimmen entfernten sich. Jack seufzte erleichtert auf. Das war knapp gewesen. Um ein Haar wäre er erwischt worden.
Im Dunkel der Nische, in die er sich gezwängt hatte, sah er, dass nach links ein schmaler Gang abging. Es gab keine andere Wahl, also folgte er ihm. Er hatte keine Ahnung, wohin der Gang führte, doch nach einigen Biegungen wurde es heller. Schwaches Licht drang durch die durchscheinenden Wände.
»Wohin kann er verschwunden sein?«, fragte eine Stimme neben ihm.
Jack erstarrte. Der versteckte Gang verlief offenbar parallel zu einem der Hauptkorridore. Durch die papierdünne Wand sah er die Umrisse seiner Verfolger. Da er selbst im Schatten stand, ahnten sie nicht, dass er nur eine Messerlänge von ihnen entfernt war.
»Versuchen wir es hier. Er kann nicht weit gekommen sein.«
Jack hörte, wie ihre nackten Füße sich entfernten, und setzte seinen Weg fort, bis der Gang zu seiner Überraschung auf einmal endete.
Überzeugt, dass der Gang irgendwohin führen musste, tastete Jack die Wände ab. Er versuchte einzelne Wandtafeln zu verschieben, doch vergeblich. Er gab einem Feld einen festen Stoß, um herauszufinden, ob es sich auf diese Weise öffnete. Plötzlich klappte der untere Teil weg und er wurde in den Hauptkorridor hinauskatapultiert.
»Das ist er!«, schrie jemand.
Er sprang auf, während sich die falsche Wand hinter ihm wieder schloss, rannte, so schnell er konnte, durch das Labyrinth der Gänge und bog abwechselnd nach links und nach rechts ab. Er gelangte zu einer kleinen Treppe und eilte in drei Sprüngen hinauf. Auf der obersten Stufe angekommen, zog sich die ganze Treppe nach oben ein. Jack hatte mit seinem Gewicht ein verstecktes Gelenk in Bewegung gesetzt. Vom Gang unter ihm aus gesehen war die Treppe vollständig in der Decke verschwunden.
Trotz seines Schreckens über den bemerkenswerten Mechanismus besaß er die Geistesgegenwart, keinen Laut von sich zu geben. Seine Verfolger rannten ahnungslos unter ihm weiter.
Jack ging die Stufen vorsichtig zurück und die Treppe senkte sich wieder nach unten. Er kehrte in den inzwischen leeren Gang zurück, bis er eine Tür fand, die er noch nicht geöffnet hatte. Dahinter erstreckte sich ein Korridor mit einem glänzenden Holzboden. Am Ende des Korridors sah Jack ein großes Tor. Bestimmt führte es nach draußen.
Die Strecke, die ihn vom Tor trennte, war nur noch so lang wie das Achterdeck eines Schiffes. Gleich hatte er es geschafft, aus der Burg des Daimyo zu fliehen!
Er eilte zum Ausgang, doch auf einmal begannen die Bretter unter seinen Füßen wie Vögel zu zwitschern. Er versuchte leichter aufzutreten, doch vergeblich, der Boden trällerte bei jedem Schritt, als wollte er sich über seine Flucht lustig machen.
Hinter Jack näherten sich schwere Schritte.
Er begann zu rennen und der Boden tirilierte noch lauter.
»Erwischt!«, rief ein Wächter und hielt ihn fest. »Du hast verloren.«
11
Das goldene Teehaus
Jack wurde von dem Wächter in das Empfangszimmer mit dem Wandteppich des weißen Kranichs gebracht. Beim Betreten des Zimmers kniete er sich hin und verbeugte sich ehrfürchtig vor dem Daimyo, bis er mit dem Kopf die Bodenmatte berührte.
»Mein Nachtigallenboden hat dich also verraten?«
Daimyo Takatomi saß mit gekreuzten Beinen auf dem Podium aus Zedernholz.
An den Wänden standen wie steinerne Statuen seine Wachen, sechs Samurai.
Jack nickte. »Ja.«
»Hervorragend!« Der Daimyo lächelte zufrieden. »Der Nachtigallenboden ist eine neue Sicherheitsvorkehrung in meinem Palast und ich bin besonders stolz auf ihn. Das Vogelzwitschern wird durch metallene Scharniere unter den Dielen erzeugt und durch das Gewicht des Fußes ausgelöst. Man kann den Gang nicht unbemerkt passieren. Unser kleines Fluchtspiel hat die Wirksamkeit des Mechanismus unter Beweis gestellt.«
Emi, die zwischen Yamato und Akiko kniete, meldete sich zu Wort. »Ich wüsste nur gern, wie Jack aus diesem Zimmer hier entkommen konnte, Vater.«
Jack lächelte in sich hinein. Der Daimyo hatte ihnen die Aufgabe gestellt, unbemerkt aus seiner Burg zu fliehen. Jack war zwar in einige
Weitere Kostenlose Bücher