Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
hörte schlagartig auf zu lachen und presste die Lippen zusammen. Er marschierte tapfer über den Hof, konnte am Eingang der Halle aber einen Schauder nicht unterdrücken. Die Tür zur Halle schlug mit einem Unheil verkündenden Knall hinter ihm zu. Die zurückgebliebenen Prüflinge warteten und lauschten.
Eine Weile war nichts zu hören. Lautlos fiel der Schnee vom kalten, grauen Himmel. Dann ertönte plötzlich ein donnerndes »kiai!«, gefolgt von Kampflärm und einem gellenden Schrei.
Totenstille kehrte ein.
Die Prüflinge sahen einander erschrocken an.
Sie warteten, doch von Hiroto war nichts mehr zu hören.
Sensei Hosokawa öffnete die Tür und brach das Schweigen. »Yamato-kun!«, rief er.
Yamato holte dreimal tief Luft und überquerte den Hof. Jack warf ihm einen ermutigenden Blick zu, doch Yamato bemerkte es nicht. Er war bereits vollkommen auf die unbekannte Prüfung konzentriert, die ihn erwartete.
Wieder schloss sich die Tür.
Die Stille in der Halle zehrte an den Nerven der Wartenden. Jack fühlte sich an die Ruhe vor dem Sturm erinnert.
Dann ertönten plötzlich wieder »kiai!« -Rufe, gefolgt von Kampflärm und den dumpfen Schlägen eines Übungsschwertes.
Diesmal zog der Kampf sich länger hin. Plötzlich erzitterte die Halle unter ohrenbetäubendem Beifallsgeschrei.
Dann erschien wieder Sensei Hosokawa.
»Emi-chan!«
»Viel Glück«, sagte Jack.
Emi lächelte, doch ihre Augen verrieten deutlich ihre Angst.
»Denk an das Bild im Tigerzimmer und seine Bedeutung«, fügte Jack hinzu, um ihr Mut zu machen. »Wer sich nicht in die Höhle des Tigers wagt, fängt das Tigerjunge nicht.«
Emi verschwand im Butokuden.
»Wann warst du im Tigerzimmer der Burg?«, fragte Akiko. Sie klang angespannt. »Wir haben es nicht besucht, als wir zur Teezeremonie dort waren.«
»Nein. Ich bin noch einmal zurückgekehrt.«
»Was? Nur mit Emi?«
»Ja … schon«, murmelte Jack. »Ich wollte mir die Burg genauer ansehen.«
Akiko schürzte die Lippen, nickte kurz, hob den Blick und betrachtete angestrengt die Schneeflocken, die vom Himmel fielen und sich auf den Boden legten.
Von drinnen hörte man Emi »kiai!« schreien. Kurz darauf wurde der nächste Teilnehmer nach drinnen gerufen. Kurze Zeit später war Akiko dran.
Jack lächelte sie ermutigend an, doch Akiko hatte den Blick starr geradeaus gerichtet. Hoffentlich war sie ihm nicht böse, weil er ihr nicht früher von seinem zweiten Besuch in der Burg erzählt hatte. Warum auch? Sie erzählte ihm auch nicht alles.
Im Hof schneite es ununterbrochen und der Schnee legte sich den Wartenden auf Kopf und Schultern. Jack hörte Akiko über dem Kampflärm einige Male »kiai!« schreien. Er überlegte gerade, wie weit sie schon gekommen sein mochte, da kehrte in der Halle plötzlich unheilvolle Stille ein.
Unter den wenigen noch draußen wartenden Prüflingen wuchs die Spannung, wer als Nächster aufgerufen werden würde.
Zuletzt waren nur noch Jack und Kazuki übrig. Beide waren nervös und beachteten einander nicht.
»Kazuki-kun!«
Kazuki strich seine Jacke glatt und marschierte mit hocherhobenem Kopf zum Eingang.
»Viel Glück«, rief Jack ihm spontan nach.
Kazuki sah sich mit einem grimmigen Lächeln um. »Dir auch«, antwortete er ungewohnt kameradschaftlich. »Wir werden es brauchen.«
Er trat ein und schloss die Tür hinter sich.
Den Rufen nach zu schließen, die draußen zu hören waren, schlug er sich gut, doch Jack war inzwischen vor Kälte so steifgefroren, dass ihn das nicht mehr kümmerte.
»Jack-kun!«
Endlich war er an der Reihe. Aufgeregt rieb er sich Hände und Arme, um sich warm zu machen. Er hätte nicht sagen können, ob er vor Kälte zitterte oder vor Angst. Er umklammerte sein Schwert, um sich zu beruhigen, und betrat die Halle.
26
Die Schwertprüfung
Erschrocken blieb er stehen.
Entlang der Längsseiten der Halle standen die Schüler der Niten Ichi Ry ū . Auf den ersten Blick sah es aus, als wollten sie ihn förmlich willkommen heißen. Sie bildeten eine Gasse vom Eingang bis zu Sensei Hosokawa am anderen Ende der Halle.
An verschiedenen Plätzen hinter den beiden Reihen sah Jack die anderen Prüflinge stehen. Sie boten einen kläglichen Anblick. Einige hielten sich schmerzende Glieder, andere hatten blutig geschlagene Gesichter. Auf halbem Weg durch die Halle entdeckte er Akiko. Sie schien nicht verletzt, hielt sich aber die Seite und zuckte zusammen, als sie sich streckte, um Jack besser sehen zu
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