Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
Masamoto nicht etwa glaubte, er wisse die Lösung. Die Spannung wuchs ins Unerträgliche. Jeder, der nicht antwortete, brachte Schmach über die ganze Schule.
Masamoto schien kurz davor zu explodieren, da hob sich zwischen der Schar beschämter Samurai eine kleine Hand.
»Ja, Yori-kun? Du hast eine Antwort?«
Yori nickte nur ängstlich mit dem Kopf.
»Dann komm vor und nimm an der Prüfung teil.«
Yori näherte sich der Nische mit zögernden Trippelschritten wie eine Maus auf der Suche nach einem Schlupfloch.
»Bitte sehr, Yori-kun«, sagte Sensei Yamada einladend und sah ihm anders als der gestrenge Masamoto mit einem freundlichen Lächeln auf dem runzligen Gesicht entgegen. »Lass mich deine Antwort hören.«
Es wurde still in der Halle, während alle zu verstehen versuchten, was Yori sagte.
Doch Yori sprach so leise, dass nur der Sensei ihn hören konnte. Dann trat er zurück und verbeugte sich. Sensei Yamada betrachtete ihn und zwirbelte seinen grauen Bart mit den Fingern. Schließlich wandte er Masamoto unendlich langsam den Kopf zu und nickte. Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und offenbarte einige Zahnlücken.
Masamoto war augenblicklich besänftigt. »Ausgezeichnet«, rief er. »Wenigstens ein Schüler hier denkt wie ein wahrer Samurai. Yori-kun, teile deinen Kameraden die Antwort mit, die unserer Schule würdig ist.«
Yori erschrak. Er war immer ein stiller Schüler gewesen und die Aussicht, vor der gesamten Schule sprechen zu müssen, versetzte ihn in Angst und Schrecken.
»Fasse Mut, Yori-kun. Sprich!«
Yoris Stimme war ein panisches Krächzen. »Nichts ist … wie es scheint.«
Er schluckte aufgeregt, um die Beherrschung über seine Stimme wiederzugewinnen.
»Wie ein Blatt Papier beim Origami mehr ist als nur ein Blatt Papier, wenn man es zu einem Kranich, einem Fisch oder einer Blume faltet, so … so …«
»So muss ein Samurai an seine Fähigkeit glauben, durch Biegen und Falten den Anforderungen des Lebens gerecht zu werden«, sprach Sensei Yamada den Satz zu Ende, bevor Yori ganz verstummte. »Er muss beständig danach streben, mehr zu sein, als er scheint, und die ihm gezogenen Grenzen zu überschreiten.«
Yori nickte dankbar. »Das lehrt uns Origami«, schloss er leise.
»Das Gassenlaufen ist die letzte Prüfung«, verkündete Sensei Hosokawa und ging vor den Anwärtern auf und ab, die ehrerbietig in einer Reihe knieten. »Dabei ist Mut gefragt. Es ist eure letzte Gelegenheit, euch für den Kreis der Drei zu qualifizieren. In den bisherigen Prüfungen seid ihr uns noch Einiges schuldig geblieben.«
Die Halle war leer und nichts wies darauf hin, was für eine Art von Gassenlauf sie erwartete.
»Ziel ist es, von einem Ende des Butokuden zum anderen zu gelangen«, fuhr der Sensei fort und machte eine ausladende Geste.
So schwer klingt das nicht, dachte Jack. Ein verstohlener Blick auf Yamato zeigte ihm, dass Yamato derselben Ansicht war.
Doch Akiko schüttelte zweifelnd den Kopf. Sie schien nicht an einen einfachen Spaziergang zu glauben.
»Der Gassenlauf ist die Schwertprüfung, ihr solltet deshalb euer Übungsschwert tragen. Wenn ihr das andere Ende der Halle erreicht, habt ihr die Prüfung bestanden. Ich bitte jetzt alle Teilnehmer, die Halle zu verlassen.«
Jack und die anderen zögerten. Was war an dieser Prüfung so anders, dass sie nach draußen gehen mussten?
»Raus mit euch!«, befahl Sensei Hosokawa.
Sie standen hastig auf und eilten nach draußen.
»Wartet im Hof, bis ihr aufgerufen werdet«, rief der Sensei ihnen nach. Er kehrte in die Halle zurück und schloss die große hölzerne Tür hinter sich.
Sie standen knöcheltief im Schnee und zitterten vor Kälte.
»Was jetzt wohl kommt?«, fragte Yamato.
Aus der Halle hörten sie Bewegungen und Schritte.
»Vielleicht richtet Sensei Hosokawa einen Hindernislauf ein«, riet Jack.
»Oder er lässt einen Tiger los, der Gaijin frisst!«, spottete Hiroto und brach zusammen mit Kazuki in schallendes Gelächter aus.
Jack, dessen Nerven zum Zerreißen gespannt waren, wäre am liebsten auf die beiden losgegangen. Die Schwertprüfung war seine letzte Chance, sich zu beweisen.
»Spar dir deine Kraft für die Prüfung«, sagte Akiko und überprüfte den Sitz ihres Schwertes an ihrer Hüfte. »Sensei Hosokawa hat nicht umsonst so hart mit uns geübt.«
Jack schluckte seinen Ärger hinunter und sah ebenfalls nach seinem Schwert.
»Hiroto-kun!«, rief Sensei Hosokawa aus der Halle.
Hiroto
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