Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
traf ihn in die Rippen. Er stöhnte auf und wich zurück.
Jack folgte Sensei Kanos Bewegungen erschöpft mit den Augen. Der Sensei trat über ihn hinweg und trieb Drachenauge tiefer in die Sackgasse hinein.
Der Ninja saß in der Falle.
Doch auch Jacks Leben näherte sich rasch seinem Ende. Die Schmerzen in seiner Brust wuchsen unaufhaltsam und er atmete stoßweise. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er gleich wie ein Ei bersten, sein Blickfeld schrumpfte und er sah immer schlechter. Er wollte nur noch eins: erleben, wie Sensei Kano den Mörder seines Vaters besiegte, den angeblich unschlagbaren Dokugan Ryu.
Sensei Kano hieb nach dem Unterleib des Ninja. Diesmal sprang Drachenauge hoch und spreizte die Beine so weit, dass er sich mit den Füßen an den Mauern rechts und links abstützen konnte. Der Stock fuhr unter ihm hindurch, ohne ihn zu verletzen. Drachenauge rannte wie schwerelos auf halber Höhe über Sensei Kano hinweg.
Sensei Kano stieß seinen Stock nach oben, verfehlte den Ninja aber.
Wie eine Kakerlake huschte Drachenauge zwischen den Mauern entlang. Benebelt beobachtete Jack die Regentropfen, die wie eiserne Nadeln herunterfielen. Er sah sie vom Himmel fallen und klimpernd auf dem Boden aufschlagen. Erst dann begriff er, worum es sich in Wirklichkeit handelte. Der Ninja streute spitze, dreieckige Metallstacheln aus. Sie waren so konstruiert, dass immer eine Spitze nach oben zeigte.
Drachenauge war am Ende der Sackgasse angelangt und ließ sich auf den Boden fallen.
»Komm, Blinder«, rief er herausfordernd. »Lass sehen, wie du im Freien kämpfst.«
Sensei Kano rannte ihm durch die Gasse nach. Jack wollte ihn warnen, brachte aber lediglich ein schwaches Krächzen heraus. Im letzten Moment setzte der Sensei seinen Stock in den Morast und schwang sich über Jack hinweg. Er landete genau am Eingang der Gasse, ohne die tödlichen Stacheln zu berühren.
»Tetsu-bishi, wie einfallslos«, bemerkte er. Jack hätte am liebsten gelacht, aber es tat zu weh.
Wütend schlug der Ninja nach Sensei Kanos Hals. Der Samurai wehrte ihn mit seinem Stock ab und zielte auf Drachenauges Zwerchfell.
Der Ninja wich dem Schlag nicht aus, sondern fing ihn ab und klemmte den Stock zwischen Körper und Arm ein. Dann zog er daran, brachte den überraschten Sensei Kano aus dem Gleichgewicht und trieb ihn anschließend in die Gasse zurück. Sensei Kano fing sich zwar wieder, machte aber einen Schritt zu viel und trat mit dem hinteren Fuß auf einen der Metallstachel. Er bohrte sich durch die dünne Sohle seiner Sandale in sein Fleisch.
Der Sensei schrie erschrocken auf und stürzte.
Sofort griff Drachenauge wieder an. Er sprang auf den Stock und zerbrach ihn. Dann trat er Sensei Kano mit aller Kraft ins Gesicht. Jack hörte die Nase des Sensei brechen. Blut schoss heraus.
»Hast du wirklich geglaubt, du könntest mich besiegen?« Dokugan Ryu packte Sensei Kano am Kopf, um den tödlichen Schlag gegen seinen Hals zu führen. »Weißt du nicht, dass unter Blinden der Einäugige König ist?«
Blitzschnell wie eine Kobra führte der Ninja einen Handkantenschlag gegen Sensei Kanos Kehle, um die Luftröhre zu durchtrennen.
Sensei Kano wehrte den Angriff trotz seiner Schmerzen instinktiv ab. Er bekam Drachenauge am Handgelenk zu fassen, hielt den Führungsarm des Ninja fest und schlug mit einer Speerhand nach seinem Gesicht. Der Ninja wich ihm mit knapper Not aus und führte einen senkrechten Faustschlag auf die mächtige Brust des Samurai. Der ihm an Kraft überlegene Sensei steckte den Schlag weg und sprang auf.
Benommen vor Schmerzen sah Jack zu. Die beiden Krieger standen dicht voreinander und kämpften im Chi Sao auf Leben und Tod. Er wusste, dass der Erste, der einen Fehler machte, sterben würde.
Angriff und Gegenangriff folgten so schnell aufeinander, dass die Arme der beiden vor Jacks Augen verschwammen. Samurai und Ninja waren einander ebenbürtig. Auf jeden Angriff folgte die entsprechende Abwehr, keiner wich zurück.
»Ninja!«, rief jemand in einiger Entfernung.
Drachenauge warf einen Blick in die größere Gasse. Von der Burg näherte sich ein Trupp Samurai. Der Ninja machte sich von Sensei Kano los, sprang mit einem mächtigen Satz die Mauer hinauf und auf das Dach. Er warf einen letzten Blick auf Jack. »Für uns gibt es kein nächstes Mal, Gaijin. Oder wenigstens für dich nicht!«
Wie ein Schatten huschte er über das Dach und war verschwunden.
Sensei Kano hinkte zu der Stelle, an der Jack an der Wand
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