Samurai 3: Der Weg des Drachen
die Hiebe in rascher Folge aus. Ganz am Ende der Reihe standen ein Mädchen namens Mizuki und ihr Trainingspartner Taro. Sie schlugen mit einer Leichtigkeit, die von viel Übung zeugte, auf den bokken des anderen ein, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten.
Masamoto beendete die Übung. »Ausgangshaltung einnehmen!«
Er ging an der Reihe der Schüler entlang und korrigierte sie.
»Mehr Kraft in den Nacken, Sachiko-chan.«
Er drückte Jacks Schultern nach unten. »Aufrecht stehen. Nicht den Hintern herausstrecken.«
Prüfend betrachtete er Kazuki. »Gut. Du stehst sehr sicher. Ihr müsst alle das Gefühl haben, dass euer Körper eine Einheit bildet.«
Er veränderte den Griff, mit dem Akiko das führende Schwert hielt. »Du hältst es zu locker. Du musst es immer so halten, als wolltest du gleich zuschlagen. Ichiro-kun und Osamu-kun, ihr steht zu nah aneinander. Achtet immer auf ma-ai. Mizuki-chan, lege mehr Kraft in deine Füße. Bravo, Taro-kun, aber vergiss nicht, metsuke anzuwenden.«
Masamoto bemerkte den verwirrten Blick auf Jacks Gesicht.
»Ma-ai ist die Entfernung zwischen dir und deinem Gegner. Metsuke bedeutet ›einen fernen Berg ansehen‹. Diese Vorstellung müsstest du eigentlich schon kennen, Jack-kun. Soviel ich weiß, hat Sensei Kano dich in den Prinzipien der Mugan Ryu unterrichtet, der Schule ohne Augen. Metsuke ist etwas Ähnliches: Es geht um die Fähigkeit, alles zugleich wahrzunehmen, ohne sich auf etwas Bestimmtes zu konzentrieren. Man soll das Schwert des Gegners beobachten, aber zugleich nicht ansehen.«
Jack nickte. Sein blinder bojutsu- Lehrer Sensei Kano hatte ihm im vergangenen Jahr beigebracht, sich beim Kämpfen nicht auf den Sehsinn zu verlassen. Diese ungewöhnliche Fähigkeit hatte ihm schon bei zwei Gelegenheiten das Leben gerette t – einmal gegen Kazuki und das andere Mal im Kampf gegen Drachenauge und seine Helferin Sasori.
Zufrieden mit der Haltung seiner Schüler, fuhr Masamoto mit dem Unterricht fort. »Ich zeige euch jetzt, welchen Vorteil es hat, das Schwert nur mit einer Hand zu halten.«
Er zog sein Schwert so schnell, dass es durch die Luft pfiff, und hielt es unmittelbar vor Jacks Hals an. Jack holte unwillkürlich erschrocken Luft. Kazuki grinste und Jack verfluchte sich stumm dafür, vor der Klasse Schwäche gezeigt zu haben.
»Wenn ihr ein Langschwert mit beiden Händen haltet, ist die Bewegungsfreiheit nach rechts und links und damit die Reichweite des Schwerts eingeschränkt.«
Masamoto packte das Schwert mit beiden Händen, um den Unterschied zu zeigen. Jack tat einen leisen Seufzer der Erleichterung, als sich die nadelscharfe Spitze von seinem Adamsapfel zurückzog.
»Wer mit zwei Schwertern kämpft, überwindet diese Einschränkung.« Masamoto steckte sein Schwert ein. »Ich zeige euch jetzt zusammen mit Sensei Hosokawa eine grundlegende Technik der beiden Himmel.«
Er drehte sich zu dem Schwertmeister um, der den Unterricht von der erhöhten Plattform aus verfolgt hatte. Hosokawa verbeugte sich und trat neben Masamoto. Er zog sein Langschwert und Masamoto seine beiden Schwerter. Blitzschnell griff Hosokawa an. Das Schwert sauste in einem Bogen auf Masamotos Kopf zu. Masamoto fing den Schlag mit seinem Kurzschwert ab, trat zugleich einen Schritt zur Seite und stach mit dem Langschwert nach Hosokawas Hals.
Im nächsten Augenblick war schon alles vorbei. Wäre der Kampf echt gewesen, die Waffe hätte im Hals des Schwertmeisters gesteckt und er wäre an seinem eigenen Blut erstickt.
Sensei Hosokawa zog sich zurück.
»Wie ihr soeben gesehen habt, handelt es sich um eine geradlinige Technik ohne Schnörkel und übertriebene Bewegung«, erklärte Masamoto. Er steckte seine Schwerter ein und verbeugte sich vor Sensei Hosokawa. »Sie ermöglicht genaues Zielen, ohne Zeitverschwendung und auf dem kürzesten Weg. Ich vergleiche die Technik der beiden Himmel gern mit dem Wasser. Sie ist genauso fließend und klar.«
Die Schüler erhielten nun Gelegenheit, die Kombination von Abwehr und Angriff selbst zu erproben. Jacks Übungspartner war diesmal Kazuki. Kazuki schlug mit seinem Langschwert zu. Jack konnte ihn mit seinem Kurzschwert abwehren, verfehlte Kazukis Hals mit dem anderen Schwert jedoch deutlich.
Die Technik wirkte trügerisch einfach, war aber zugleich verwirrend komplex, als wollte man sich zur gleichen Zeit auf den Kopf klopfen und den Bauch reiben. Sie erforderte höchste Konzentration und genaueste Abstimmung beider Hände. Jack machte einen
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