Samurai 3: Der Weg des Drachen
zweiten Versuch und konzentrierte sich diesmal vor allem auf den Angriff. Die Spitze seines Langschwerts fand ihr Ziel, doch er vergaß darüber die Abwehr. Kazukis hölzerner bokken klatschte mit voller Wucht auf sein Ohr und schlug ihm fast den Kopf von den Schultern.
»Pass doch auf!«, rief Jack und hielt sich das schmerzende Ohr.
Kazuki zuckte nur die Schultern. »Du hättest den Schlag eben abwehren müssen.«
»Und du hättest deinen Schlag besser beherrschen müssen, Kazuki-kun«, bemerkte Masamoto vom anderen Ende der Übungshalle.
»Jawohl, Sensei. Tut mir leid, ich bin es noch nicht gewöhnt, zwei Schwerter zu halten. Entschuldige, Jack.«
Er verneigte sich. Doch sein verschlagenes Grinsen verriet Jack, dass er mit zwei Schwertern besser umgehen konnte, als er vorga b – und dass ihm das Geschehene keineswegs leidtat.
Ungeduldig sehnte Jack den Abend herbei. Dann würde Yamato endlich dafür sorgen, dass Kazuki das Lachen verging.
13
Einer gegen fünf
»Ich habe nicht mit Zuschauern gerechnet!«, murmelte Yamato, während er sich für den Kampf aufwärmte. »Woher wissen die davon?«
»Kann sein, dass ich ein paar Freunden Bescheid gesagt habe«, gestand Saburo verlegen.
»Ein paar Freunden! Die ganze Schule ist hier.«
Eine aufgeregt plaudernde Schülerschar hatte sich am Rand des großen Innenhofes von Enryakuji versammelt. Die angrenzenden Klostergebäude lagen in Ruinen. Der Samuraifeldherr Nobunaga hatte sie vor vierzig Jahren zerstört. Doch Sensei Kano unterrichtete die Schüler hier gelegentlich in der Kunst des bo. Er fand, dass die geistige Kraft der ehemaligen Soldatenmönche in den Ruinen immer noch zu spüren war. Auch jetzt betete ein einsamer Mönch in den zerstörten Mauern des Kompon Chu-do und sorgte dafür, dass das Ewige Licht wie seit mehr als achthundert Jahren weiterhin brannte. Man konnte die Flamme im Dunkeln flackern sehen. Unstet wanderte ihr Schein über die gesplitterten Balken und zerbrochenen steinernen Götterbilder des verlassenen Tempels.
Draußen fielen die Strahlen der Abendsonne durch die Bäume und verwandelten den Hof mit seinen rissigen steinernen Platten in eine goldene Arena. Kazuki und die Gründungsmitglieder seiner Skorpionbande hatten sich am anderen Ende versammelt und fieberten dem Kampf ungeduldig entgegen. Moriko, das fünfte Mitglied, traf gerade mit ihren Anhängern von der rivalisierenden Samuraischule Yagyu Ryu ein. Das weiß gebleichte Gesicht und die glatten, schwarzen Haare verliehen ihrem Aussehen etwas Teuflisches, das durch die blutroten Lippen und die schwarzen Rabenaugen noch verstärkt wurde. Das Schrecklichste an ihrer Erscheinung waren allerdings die pechschwarz angemalten Zähne.
Jedes Bandenmitglied hatte eine Übungswaffe ausgewählt. Kazuki hatte seinen hölzernen bokken mitgebracht, Goro hielt einen Stock und Hiroto schwang ein surujin. Die Gewichte an den beiden Enden des Seils hatte er in Stoff eingewickelt, um die tödliche Wirkung der Waffe abzuschwächen. Nobu hielt zwei tonfa, hölzerne Schlagstöcke mit seitlich abstehenden Griffen. Nur Moriko schien keine Waffe mitgebracht zu haben. Doch Jack ahnte, dass sie ihre Waffe nur versteckte, um Yamato später damit zu überraschen.
Kazuki kam über den Platz. »Du musst nicht gegen sie kämpfen, Yamato«, sagte Jack. »Du könntest dich ernsthaft verletzen.«
»Wunden und Knochenbrüche heilen schneller als ein beschädigter Ruf. Ich muss meine Ehre wiederherstellen.«
»Abe r …«
»Jack, Name und Ruf sind für einen Samurai alles. Ich werde wegen meines Vaters strenger beurteilt als andere. Weil ich die Technik der beiden Himmel nicht lerne, betrachten mich alle, auch mein Vater, als Versager. Aber ich brauche diese Technik nicht, um ein großer Samurai zu sein. Ich will beweisen, dass ich es auch so verdiene, den Namen Masamoto zu tragen.«
Jack wusste, wie sehr Yamato sich nach der Anerkennung seines Vaters sehnte. Yamato stand im Schatten seines Bruders Tenno, seit dieser von Drachenauge ermordet worden war. Nichts von dem, was er tat, schien sich mit den Leistungen des Bruders messen zu können, zumindest nicht in Masamotos Augen. Der bevorstehende Kampf sollte die endgültige Entscheidung darüber bringen, ob er seinem Bruder ebenbürtig war.
»Dafür kämpfe ich«, sagte Yamato und riss Jack den Stock aus der Hand.
Kazuki blieb stehen und verbeugte sich vor Yamato.
»Wir scheinen Zuschauer zu haben«, sagte er und sah sich um. »Hoffentlich werden sie
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