Samurai 3: Der Weg des Drachen
Takuan sagen: »Ich überlege, ob ich mit diesem Haiku am Wettbewerb teilnehmen soll, und wüsste gern deine Meinung dazu.«
Akiko beugte sich über das Blatt, das er ihr hinhielt. »Es ist schön«, sagte sie. »Das Bild des Berges ist so lebendig. Man steht förmlich davor.«
»Ich schenke es dir«, sagte Takuan.
Akiko errötete und verbeugte sich. »Aber du willst doch damit am Wettbewerb teilnehmen.«
»Dafür schreibe ich ein neues.« Er gab ihr das Blatt. »Die größte Ehre ist für mich, dass es dir gefällt.«
»Danke.« Akiko verbeugte sich noch einmal und nahm das Haiku.
»Komm schon, Jack«, rief Yamato ungeduldig von der anderen Seite des Hofs.
Jack setzte sich in Bewegung. Der Appetit war ihm allerdings vergangen.
»Machst du beim Wettbewerb mit?«, fragte Jack und blickte durch das kleine Fensterchen von Yoris Schlafkammer. Am Himmel draußen funkelten die Sterne.
»Jah!«, rief Yori schrill.
»Findest du, ich sollte auch mitmachen?«
»Jah!«, brüllte Yori.
»Hörst du mir überhaupt zu?«
»Jah!«
Yori stand in der Ecke und seine Schreie galten der kleinen Klangschale auf einem Gestell in der anderen Zimmerecke. Er war fest entschlossen, sie zum Klingen zu bringen. Seit dem Gespräch mit Sensei Yamada hielt er kiaijutsu für sein unentdecktes Talent und seine Rettung im kommenden Krieg. Bisher hatte die Schale allerdings keinen Ton von sich gegeben.
Jack bemerkte draußen im Hof eine Bewegung. Akiko verließ die Schule durch den Hintereingang. Bestimmt besuchte sie den Mönch im Tempel des friedlichen Drachen.
»Entschuldige, Jack, was hast du gefragt?«, fragte Yori außer Atem.
»Ob du auch beim Wettbewerb mitmachst.«
»Ja, wenn mir ein Gedicht gelingt, das Saigyo-san genügt. Er stellt bestimmt hohe Anforderungen. Und du?«
»Bei mir hat es wohl keinen Zweck. Ich bringe kein Haiku zustande. Im Unterschied zu Takuan.«
Yori sah Jack von der Seite an.
»Ich bin nicht eifersüchtig.« Jack wandte sich ab. »Ich habe nur zufällig gesehen, wie Takuan Akiko ein Haiku geschenkt hat.«
Yori unterdrückte ein Lächeln. »Wenn du so dringend ein Gedicht brauchst, schreibe ich dir eins.«
»Du weißt, dass ich das nicht meine«, erwiderte Jack gereizt. »Bedeutet es in Japan denn nichts, jemandem ein Gedicht zu schenken? In England wäre das ein Liebesgedicht.«
»Bei Takuan nicht«, versicherte ihm Yori. »Gestern hat er ein Haiku für Emi verfasst. Er hat wahrscheinlich schon für alle Mädchen eins geschrieben. Mädchen freuen sich, wenn sie ein Gedicht geschenkt bekommen. Unter anderem ist Takuan ja deshalb so beliebt. Wenn dir das was ausmacht, warum schreibst du Akiko nicht selbst eins?«
»Du weißt genau, dass ich das nicht kann. Sie würde nur lachen.«
»Nein, bestimmt nicht. Ich helfe dir.« Yori langte ein Blatt Papier von einem Stapel.
Jack nahm es widerstrebend. »Aber ich schreibe kein Liebesgedicht, ja?«
Er spürte, dass er rot geworden war, und hoffte, dass Yori es nicht bemerkte.
»Nein, natürlich nicht«, sagte Yori mit Unschuldsmiene. »Wir üben nur für den Wettbewerb.«
Jack hatte zwar bestritten, eifersüchtig zu sein, doch er wusste, dass er für Akiko mehr empfand als nur Freundschaft. Wenn er ehrlich mit sich selbst war, musste er zugeben, dass es ihm vor allem ihretwegen schwerfiel, Japan zu verlassen.
23
Der Herbstblattschlag
»Hajime«, befahl Masamoto und eröffnete damit den Übungskampf in der Technik der beiden Himmel zwischen Jack und Taro.
Die beiden gingen langsam von den entgegengesetzten Enden der Halle des Phönix aufeinander zu, bis sich die Spitzen ihrer Langschwerter berührten. Ihre kurzen Schwerter hielten sie darunter in Bereitschaft.
Plötzlich explodierte Taro. Ohne sein Schwert zu heben, fuhr er damit an Jacks Klinge entlang, drückte sie zur Seite und stach nach Jacks Herz. Im letzten Moment hielt er inne. Jack spürte die Schwertspitze nur ganz leicht auf seiner Brust.
»Ausgezeichnet, Taro-kun, ein fehlerfreier Flint-und-Funken-Schlag«, lobte Masamoto. »Jetzt bist du dran, Jack-kun.«
Jack fuhr mit der Spitze seines Schwerts an Taros Waffe entlang und zielte auf Taros Herz. Doch noch bevor er am Ziel war, spürte er schon Taros Schwertspitze an seinem Magen. Er hatte Taros Schwert nicht weit genug zur Seite geschlagen.
»Wenn die Klinge aus Stahl gewesen wäre, hätte sie dich durchbohrt«, sagte Masamoto grimmig. »Du musst bestimmter zuschlagen, Jack-kun. Lege mehr Kraft in Füße, Körper und Hände und schlage
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