Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samurai 3: Der Weg des Drachen

Samurai 3: Der Weg des Drachen

Titel: Samurai 3: Der Weg des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Bradford
Vom Netzwerk:
kämpfen lohnt.«
    Yori hob die kleine Messingschale samt Kissen in die Höhe.
    »Und er hat mir diese Klangschale zum Üben gegeben. Es geht nicht darum, wie laut man schreit, sondern wie konzentriert das Ki ist.« In Yoris Augen war ein entschlossener Blick getreten. »Der kleinste Luftzug, sagt er, könne auf dem größten Ozean Wellen schlagen.«
    Sensei Nakamura gab Jack das Haiku zurück, das er mühsam verfasst hatte, und schüttelte nur bekümmert den Kopf. Ein Schauer durchlief ihre schneeweiße Mähne.
    »Du willst unbedingt deine eigene Meinung in das Gedicht schreiben«, sagte sie mit Grabesstimme. »Zorniges Meer, schöne Blüte. Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst nicht Worte verwenden, die dem Moment, den du beschreibst, deine eigenen Gefühle überstülpen. Der Leser deines Haiku empfindet vielleicht ganz anders.«
    »Hai, Sensei«, sagte Jack mit einem müden Seufzer. Er verstand immer noch nicht, was sie meinte. Es ging in Gedichten doch um Liebe und leidenschaftliche Gefühle. Genau deshalb waren die Stücke von William Shakespeare in England so beliebt. »Soll ich vergleichen einem Sommertage dich, der du lieblicher und milder bist?« oder etwas anderes in der Art. Die Japaner dagegen schienen ihren Gefühlen so distanziert gegenüberzustehen, dass sie sie nicht einmal in einem Gedicht ausdrücken durften.
    Sensei Nakamura ging zu Yori weiter. Mit mürrischem Gesicht las sie sein Gedicht.
    »Ein guter Versuch«, begann sie. »Vielversprechend.«
    Yori lächelte hoffnungsvoll. Doch seine Freude war von kurzer Dauer.
    »Aber du darfst in deinem Haiku nicht dasselbe zweimal sagen. Du fängst hier mit kalter Morgendämmerung an und schreibst dann, der Wind sei kühl. Das ist schlecht. Du verschwendest ein Wort und erzählst dem Leser nichts Neues über dein Thema. Versuche es noch einmal.«
    Beschämt nahm Yori das Blatt zurück und begann das Haiku umzuschreiben.
    Sensei Nakamura ging von Schüler zu Schüler, rügte ihre Fehler und sprach in ganz seltenen Fällen auch ein kleines Lob aus.
    »Lies dein Haiku der Klasse vor, Kazuki-kun. Ich würde es ja gerne loben.«
    Kazuki stand mit einem Blatt Papier in der Hand auf und las stolz vor:
    »Nimm das Flügelpaar
einer Libelle, es entstünde
eine Pfefferschote.« [7]
    Die anderen Schüler klatschten beifällig, doch Sensei Nakamura beendete den Applaus mit einem strengen Blick. »Ich sagte, ich würde es gern loben. Aber es ist nicht im Geist eines Haiku geschrieben. Der Junge hat die Libelle getötet. Um ein Haiku zu schreiben, muss man ihm Leben einhauchen. Es müsste also heißen:
    Verbinde ein Flügelpaar
mit einer Pfefferschote, es entstünde
eine Libelle.« [8]
    Zustimmendes Gemurmel wurde laut und Kazuki setzte sich enttäuscht wieder.
    »Ich hatte gehofft, ihr würdet bis zum Herbst bessere Haikus schreiben«, seufzte Sensei Nakamura. »Immerhin sind die meisten annehmbar, ich riskiere es deshalb, Anfang des Winters ein kukai zu veranstalten. Bis dahin haben die, die noch nicht so weit sind, die Möglichkeit aufzuholen.«
    Sensei Nakamura sah in fragende Gesichter. Sie schnalzte laut mit der Zunge und verdrehte die Augen angesichts der Unwissenheit ihrer Schüler.
    »Ein kukai ist ein Haiku-Wettbewerb. Ich werde den berühmten Dichter Saigyo-san als Schiedsrichter dazu einladen, damit auch wirklich die besten Gedichte ausgewählt werden.«
    Mit einer Handbewegung beendete sie den Unterricht. Die Schüler räumten Tusche, Papier und Pinsel auf und verließen die Halle.
    »Toll, was?«, rief Yori begeistert, als sie draußen in ihre Sandalen schlüpften. »Dass der große Saigyo-san hierher in unsere Schule kommt! Er ist mein Lieblingsdichter.«
    »Ich glaube, ich nehme an dem Wettbewerb teil«, sagte Saburo zur allgemeinen Überraschung.
    »Du?« Akiko sah ihn ungläubig an. »Mit Gedichten über Essen kann man keinen Preis gewinnen.«
    »Dann schreibe ich eben über Liebe!«
    Akiko lachte. »Was verstehst du denn davon?«
    »So viel wie andere auch.« Saburo wirkte auf einmal ganz aufgeregt.
    »Akiko!«, rief Takuan und winkte ihr zu.
    »Wenn auch vielleicht nicht so viel wie gewisse Leute«, murmelte Saburo und machte sich auf den Weg zur Halle der Schmetterlinge, denn es war Mittagessenszeit.
    Jack, der Saburo gehört hatte, sah zu Akiko und Takuan hinüber.
    »Lass uns gehen, Jack«, sagte Yamato und folgte Saburo. »Sonst lässt der Dichter der Liebe uns keinen Reis übrig!«
    Jack zog seine Sandalen zu sich heran. Dabei hörte er

Weitere Kostenlose Bücher