Samurai 3: Der Weg des Drachen
zittern.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
Yori blinzelte, als erwache er aus einer Trance, und nickte schwach. »Ich konnte dich doch nicht schon wieder im Stich lassen«, sagte er kaum hörbar.
»Das hast du ja auch nicht«, antwortete Jack und legte den Arm um ihn. »Sensei Yamada hatte Recht. Der kleinste Luftzug kann auf dem größten Ozean Wellen schlagen.«
Jack zeigte auf Nobu, der bewusstlos auf dem Boden lag, und sie lachten beide vor Erschöpfung und Erleichterung zugleich. Sie verstummten, als sie bemerkten, dass Kazuki sich zum Ausgang schleppte.
Yori und Jack ließen den vor sich hin stöhnenden Hiroto und den bewusstlosen Nobu in der Halle zurück und rannten Kazuki nach. Doch als sie zur Tür kamen, war der Verräter bereits im Getümmel der Schlacht untergetaucht.
Eine neue Welle junger Samurai strömte gerade brüllend durch das Tor der Niten Ichi Ryu.
An ihrer Spitze lief Yoshioka.
Masamoto sammelte seine Schüler vor dem Südlichen Zen-Garten. Jede Gruppe wurde von einem Sensei angeführt. Jack und Yori rannten zu ihren Kameraden, um sich mit ihnen den neuen Gegnern von der Yoshioka Ryu entgegenzustellen. Sie waren müde vom Kämpfen und in der Minderheit, dachte Jack. Sie hatten kaum noch Hoffnung.
»Wir kämpfen bis zum letzten Samurai!«, schrie Sensei Kyuzo und hob sein Schwert.
Die Schüler der Niten Ichi Ryu nahmen den Schrei auf, um sich Mut für den letzten Angriff zu machen.
Siegessicher brüllten die Schüler und Lehrer der Yagyu Ryu zurück. Die Schüler der Yoshioka Ryu nahmen den Schlachtruf allerdings nicht auf. Stattdessen zogen sie ihre Schwerter und griffen die Schüler und Lehrer der Yagyu Ryu an.
Plötzlich sahen sich die Eindringlinge in die Defensive gedrängt. Sie wurden zurückgetrieben. Das Blatt hatte sich gewendet.
Hals über Kopf traten sie den Rückzug an.
Die Schüler der Niten Ichi Ryu begrüßten ihre unerwarteten Verbündeten jubelnd und machten sich gemeinsam mit ihnen an die Vertreibung des Gegners. Bald war der Hof geräumt und das Tor gegen weitere Überfälle geschlossen.
Erleichtert senkten Jack und die anderen ihre Schwerter. Sie hatten den Angriff überlebt.
Die Kosten ihres Sieges waren allerdings hoch. Sensei und junge Samurai beider Schulen lagen blutend und sterbend auf dem Hof und die ganze Schule stand in Flammen.
36
Der Tag danach
Das Morgenrot sickerte durch den vom Rauch trüben Himmel und färbte die Wolken wässrig rot. Feierliches Schweigen hing über der Schule. Die Überlebenden versorgten die Verwundeten und retteten aus den ausgebrannten Gebäuden, was sie konnten.
Jack trat mit dem Fuß einige rauchende Trümmer der Halle der Löwen zur Seite. Sein Zimmer war vollkommen zerstört, bokken, Bonsai und Kleider waren verbrannt. Ausnahmsweise war er einmal froh, dass Drachenauge ihm das Logbuch gestohlen hatte, sonst wäre es ebenfalls nichts als Asche. Jetzt besaß er nur noch den Kimono, den er am Leib trug, und Masamotos Schwertpaar.
Er bückte sich und entdeckte halb unter der Asche vergraben einen verkohlten Pergamentfetzen. Er zog ihn aus dem ebenfalls verkohlten Inro und hielt die Überreste einer Kinderzeichnung in der Hand. Das Bild, das seine Schwester von ihrer Familie gemalt hatte. Es war so gut wie zerstört. Jack ließ es wieder in die fast erloschene Asche fallen.
Er durfte sich keine Hoffnung mehr machen, je nach Hause zu Jess zurückzukehren. Nicht, wenn ein Krieg Japan zu verschlingen drohte. Kämpfe würden ausbrechen und das Reisen unmöglich machen. Nun war seine Schule überfallen worden. Er hatte gelobt, dem Weg des Kriegers zu folgen, und sich damit verpflichtet, die Ehre seiner Schule zu verteidigen. Der Verhaltenskodex des Bushido bestimmte über sein Handeln. Seine Treue zu Masamoto und zu seinen Freunden war wichtiger als die lang erträumte Heimkehr.
Der Inro, in dem das Bild gesteckt hatte, war ebenfalls verkohlt. Als Jack ihn fallen ließ, hörte er etwas klappern. Er hob ihn wieder auf und Akikos Perle rollte in seine Hand. Sie hatte das Feuer wie durch ein Wunder überstanden. Mit einem erschöpften Lächeln steckte er das kostbare Geschenk in eine Falte seines Obi. Es sollte ihn an das erinnern, was in Japan gut war und für das es sich zu kämpfen lohnte.
Er wollte gerade zu seinen Freunden zurückkehren, da sah er etwas stählern aufblitzen. Er schob die Asche zur Seite und legte das Messer frei, das er dem Ninja im Bambuswald abgenommen hatte. Die lackierte Scheide war in der Hitze
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