Samurai 3: Der Weg des Drachen
geborsten, aber das Messer selbst war unbeschädigt. Im Gegenteil, das Feuer schien den Stahl noch mehr gehärtet zu haben, denn von Jacks kleinem Finger tropfte bereits Blut. Offenbar hatte er sich schon wieder geschnitten. Vorsichtig steckte er das von einem bösen Geist besessene Messer in den Gürtel.
»Jack!«, rief Yori und rannte zu ihm.
Jack richtete sich langsam auf und begrüßte ihn. Ihm tat alles weh. Er fühlte sich am ganzen Leib zerschlagen und sein Hals schmerzte von der Schlinge, die ihn fast das Leben gekostet hätte. Dabei gehörte er noch zu denen, die Glück gehabt hatten. Wenigstens konnte er noch gehen.
Yoris Gesicht war von Ruß und Tränen verschmiert. Er gab Jack einen kleinen, runden, in ein Tuch eingewickelten Gegenstand.
»Der gehört dir«, sagte er stolz.
Jack wickelte ihn aus.
Zum Vorschein kam sein Daruma.
»Er lag auf dem Kimono, in den ich die Waffen eingewickelt habe«, erklärte Yori. »Ich wusste, dass der Wunsch, den du an ihn gerichtet hast, dir viel bedeutet, deshalb habe ich ihn zusammen mit den Waffen mitgenommen.«
»Danke.« Jack klopfte ihm auf die Schulter. »Obwohl ich nicht glaube, dass der Daruma mir hilft. Mein Wunsch ist schon fast drei Jahre alt.«
»Daruma-Wünsche gehen immer in Erfüllung. Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, Jack.«
Yori blickte bittend zu ihm auf und Jack merkte, dass der Freund selbst am Ende seiner Kräfte war. Der Überfall und die grausamen Kämpfe hatten ihn zutiefst erschüttert und er rang sichtlich um Fassung. Jetzt suchte er bei Jack Trost.
Jack lächelte. »Wir haben überlebt, das ist das Wichtigste. Und du hast mir das Leben gerettet. Meine Mutter hat immer gesagt: ›Wo Freunde sind, da ist auch Hoffnung.‹ Und du bist ein wahrer Freund, Yori.«
Yori verneigte sich gerührt. »Es ist mir eine Ehre.«
Sie überquerten den Hof und kamen an einer Gruppe von Schülern der Yagyu Ryu vorbei, die von Samurai der Yoshioka Ryu bewacht wurden. Auch Nobu und Hiroto befanden sich unter den Gefangenen. Sie waren notdürftig verbunden, wirkten aber am Boden zerstört und hatten die Köpfe beschämt gesenkt. Kazuki war nicht dabei. Offenbar hatte der Verräter im Gewühl der Schlacht entkommen können.
Die Nachricht von seinem Verrat hatte sich wie ein Lauffeuer unter den Schülern verbreitet. Masamoto war über das doppelte Spiel von Kazukis Vater außer sich. Er gelobte, Oda-san zu bestrafen, und ließ eine Patrouille nach dessen Sohn suchen. Bisher waren alle Nachforschungen allerdings vergeblich gewesen.
Am Haupttor hatte man die Leichen der Gefallenen zusammengetragen. Sie sollten in verschiedenen Tempeln eingeäschert werden. Daneben stand Akiko.
»Geh du schon weiter, ich komme gleich nach«, sagte Jack zu Yori.
Yori nickte verständnisvoll und betrat die Halle der Schmetterlinge.
Jack ging zu Akiko. Sie hob den Kopf. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet.
»Ich mochte sie nicht, aber einen solchen Tod hat sie nicht verdient.« Akiko blickte auf die tote Moriko hinunter. »Es war alles meine Schuld.« Ihre Stimme klang rau.
»Das stimmt nicht«, widersprach Jack, ohne den verkohlten Leichnam anzusehen. »Du wusstest nicht, dass die Halle gleich einstürzen würde. Und wenn du sie nicht mit dem Pfeil kampfunfähig gemacht hättest, hätte sie uns beide getötet.«
»Sieht so der Krieg aus?«, fragte Akiko und zeigte traurig auf die Leichen. »Darauf wurden wir im Unterricht nicht vorbereitet.«
Jack verstand, was sie meinte. Sie hatten sich ausschließlich auf ihre Übungen konzentriert und nie darüber nachgedacht, was es bedeutete, jemandem das Leben zu nehmen. Der Ausbruch des Krieges zwang sie, ihre Waffen einzusetzen. Ab jetzt mussten sie zu ihrer Verantwortung als Samurai stehen.
»Du hast einmal gesagt, Samurai zu sein heiße zu dienen«, meinte Jack. »Dem Kaiser, dem Daimyo und unserer Familie. Ich habe das damals nicht verstanden. Jetzt weiß ich, was es bedeutet. Als Samurai müssen wir manchmal töten und laufen Gefahr, getötet zu werden, wenn wir die, denen wir dienen oder die wir lieben, schützen wollen.«
»So ist es, Jack.« Akiko seufzte. »Was das Ganze allerdings nicht leichter macht.«
»Nein, aber es lohnt sich, für den Frieden zu kämpfen.«
Während Jack das sagte, wurde ihm bewusst, dass er bereit war, sein Leben für Japan und seine Freunde zu opfern.
In der Halle der Schmetterlinge lagen auf abgeräumten Tischen verwundete Samuraischüler. Sensei Yamada und Sensei Kano versorgten
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