Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
ich von einer netten Frau, die mich kachimushi nennt, ›meine kleine Libelle‹. Von Geschwistern hat Großvater aber nie gesprochen.«
Das passt nicht zusammen, dachte Jack. Soke hatte gesagt, Hanzos Eltern seien von Samurai getötet worden. Doch Akikos Mutter Hiroko lebte gesund und munter in Toba, während ihr Vater tragischerweise vor zehn Jahren in der Schlacht am Nakasendo gefallen war. Sie konnten also nicht Hanzos Eltern sein. Und selbst wenn Hanzos Eltern gar nicht beide tot waren, war doch Soke der Großvater des Jungen und Soke stammte nicht von Samurai ab. Wie sollte er zugleich der Großvater von Akiko und Hanzo sein?
Trotz des Muttermals konnte Hanzo also nicht Kiyoshi sein. Das Muttermal war nur Zufall und der Rest Wunschdenken.
»Los, wir klauen das Kissen.« Hanzo stand leise auf.
Jack ließ sich von seinem Tatendrang anstecken. Er schlug die Decke zurück und trat leise zu Hanzo, der bereits vor der Tür kauerte. Nachdem er sie behutsam aufgeschoben hatte, schlichen sie sich lautlos durch das Zimmer an der Feuerstelle vorbei zu Sokes Tür.
Jack langte nach dem Griff der Schiebetür, doch Hanzo hielt ihn zurück. Er zog ein Fläschchen mit Pflanzenöl heraus und ließ es über den unteren Steg des Türrahmens rinnen.
»Damit nichts quietscht« , flüsterte er.
Jack lächelte über seine Umsicht. Hanzo ist wirklich genauso schlau wie Akiko, dachte er.
Er legte die Hand an den Türrahmen und zog an der Tür. Geräuschlos glitt sie auf. Soke schlief fest auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Sein Kopf lag auf dem Kissen. Jack hatte keine Ahnung, wie sie es entfernen sollten, ohne dass der Alte aufwachte.
Leiser als Mäuse schlichen sie näher.
Sie waren noch nicht in der Mitte des Zimmers angelangt, da schlug der Großmeister die Augen auf.
»Ihr beide müsst auch eure Gedanken zum Schweigen bringen!«
26
Die Vorführung
Die Klinge des Ninjaschwertes hätte Jack beinahe den Kopf abgetrennt. Doch er duckte sich darunter hindurch und revanchierte sich mit einem gewaltigen Schlag nach dem Bauch seiner Gegnerin. Miyuki wehrte ihn mit ihrem Schwert ab und drang erneut auf Jack ein, um ihn zu durchbohren. Jack schlug ihr Schwert zur Seite, dass die Funken sprühten, und zielte mit der Spitze seines Schwertes auf ihren Hals. Die rasiermesserscharfe Spitze kam unmittelbar vor Miyukis Kehle zum Stehen. Ein vollkommener Flint-und-Funken-Schlag. Miyuki starrte Jack wütend an und brachte sich rückwärts in Sicherheit.
Anerkennendes Gemurmel erhob sich unter den Zuschauern, die sich auf dem Dorfplatz versammelt hatten. Shonin, der unter einem Sonnenschirm saß, musterte Jack mit wachsender Bewunderung und ließ ihn nicht aus den Augen. Jack hob beide Schwerter und nahm die richtige Ausgangshaltung ein, um die Technik der beiden Himmel anzuwenden. So erwartete er Miyukis nächsten Angriff.
Es hatte eigentlich ein freundschaftlicher Schlagabtausch werden sollen, eine Übung, um Shonin die Technik vorzuführen. Doch die Vorführung war schnell zu einem erbitterten Zweikampf ausgeartet. Miyuki wollte Jack unbedingt besiegen, um zu beweisen, dass die Technik der beiden Himmel mangelhaft war und die Ninja besser kämpften als die Samurai.
Jack seinerseits wollte auf keinen Fall durch Miyuki das Gesicht verlieren. Nicht nur der Ruf von Masamotos Technik, sondern auch seine persönliche Ehre stand auf dem Spiel. Miyuki hatte ihn damals bei seinem Fluchtversuch überwältigt. Sie durfte ihn auf keinen Fall jetzt auch noch mit dem Schwert besiegen.
Die Sonne brannte heiß vom Himmel herab und sie keuchten beide vor Anstrengung. Jack blinzelte den Schweiß weg, der ihm die Stirn hinunterlief, und begann seitlich zu gehen, um mit dem Rücken zur Sonne zu stehen. Auf diese Weise hatte Miyuki die Sonne im Gesicht. Sie kämpfte sehr geschickt und Jack musste jeden sich bietenden Vorteil nutzen.
Bisher hatte Miyuki die verschiedensten Ninjatricks angewandt. Sie hatte ihm Sand ins Gesicht geworfen und so getan, als wollte sie sich ergeben. Bei einer anderen Gelegenheit, als sie besonders dicht voreinanderstanden, war sie ihm auf die Zehen getreten. Doch sie hatte seine Verteidigung nicht durchbrechen können. Jetzt hatte sie noch eine dritte und letzte Chance, ihn zu besiegen. Wie würde sie diesmal angreifen?
Miyuki starrte mit zusammengekniffenen Augen in die grelle Sonne und suchte nach einer Lücke in seiner Abwehr.
»Was du kannst, kann ich schon lange«, sagte sie, hob ihr Schwert und neigte es
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