Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
sichtlicher Genugtuung.
Triumphierend wandte er sich ab und eilte Shonin und Soke hinterher.
Jack bereute seine Entscheidung, die Technik der beiden Himmel vorzuführen, bereits bitter. Er konnte nur beten, dass Masamoto ihm seinen schweren Fehler verzieh. Wenigstens wollten die Ninja ihr Wissen nur zur Verteidigung nutzen und nicht zum Angriff auf Samurai.
»Das war toll!«, rief Hanzo und hüpfte begeistert auf ihn zu. »So kämpft ein Tengu! Ich will das unbedingt auch lernen.«
»Sehr eindrucksvoll«, stimmte Tenzen zu.
»Ich hatte einen guten Lehrer«, antwortete Jack. Hanzo tat so, als kämpfe er mit zwei Schwertern, und Jack lächelte. »Masamoto-sama ist der größte Schwertkämpfer und Samurai Japans. Mutig, ede l …«
Miyuki lachte spöttisch. »Edel? Ein Samurai?«
»Jawohl!«, beharrte Jack trotzig. »Er hat mich den Bushido gelehrt.«
»Bushido!«, schnaubte Miyuki und sah Jack herausfordernd an. »Du glaubst an diese Lüge?« Ihre Niederlage hatte sie offensichtlich rasend gemacht. »Dann muss dich wohl einmal jemand über die Samurai und ihre großartigen Werte aufklären.« Sie bohrte Jack den Finger schmerzhaft in die Brust. »Bushido dient ihnen nur als Vorwand zum Töten. Damit sprechen sie sich von aller Schuld frei. Die Samurai sind Mörder und Verbrecher! Teufel!«
»Das stimmt nicht«, widersprach Jack, erschrocken über den Hass in ihren Augen.
»Nein?«, rief Miyuki. »Meine Familie wurde von Samurai ermordet!«
Das also ist der Grund für ihren Hass, dachte Jack. Er wusste jetzt, wie groß ihr Leid war. »Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühls t …«
»Wie denn? Ich sage dir, zu was die Samurai fähig sind. Dann erkennst du vielleicht endlich ihr wahres Gesicht. Hast du schon mal von dem großen Feldherrn Nobunaga gehört?« Miyukis Stimme triefte vor Bitterkeit.
Jack nickte. Akiko hatte ihm von den berühmten Schlachten des Feldherrn erzählt, die dreißig Jahre zurücklagen.
»Gut, also dieser ›tapfere‹ Samurai zog mit vierzigtausend Soldaten gegen nur viertausend Ninja aus dem Iga-Gebirge in den Krieg. Er befahl seinen Leuten, sämtliche Dörfer niederzubrennen und alle Bewohner zu töten, egal ob Mann, Frau oder Kind. Welcher Tugend des Bushido entspricht das?«
Miyuki stand dicht vor Jack und blickte ihn hasserfüllt an. Seine Antwort wartete sie gar nicht ab. »Und er ist nicht der Einzige! Daimyo Akechi folgt seinem Beispiel und rottet jeden Ninjaclan aus, den er finden kann. Was hat es mit Wahrhaftigkeit zu tun, Dörfer niederzubrennen? Welche Ehre bringt es, eine wehrlose Frau wie meine Mutter zu ermorden? Wie viel Mut braucht ein Samurai, um ein Kind zu töten? Mein Bruder war noch nicht einmal fünf!« Eine Träne lief ihr die Wange hinunter, vor Empörung zitterte sie am ganzen Körper.
»Beruhige dich, Miyuki«, sagte Tenzen und trat zwischen die beiden. »Jack trägt keine Schuld dara n …«
»Ich soll mich beruhigen? Samurai wie er sind die Ursache für all unsere Probleme.« Sie wandte sich wieder an Jack. »Weißt du, dass in diesem Gebirge einmal fast hundert Ninjaclans gelebt haben? Jetzt kann man sie an den Fingern einer Hand abzählen!«
Miyuki hielt Jack aufgebracht eine Hand vors Gesicht.
»Also erzähle mir nicht, du wüsstest, wie ich mich fühle. Du bist ein Samurai und wirst immer einer bleiben. Ich hasse alles, was du verkörperst.«
Ihre Wut war schlagartig verraucht und sie begann unkontrolliert zu schluchzen. »Ich habe meine Mutter verlore n … meinen Brude r … meinen Vate r … all e …«
»Das tut mir furchtbar leid«, sagte Jack. »Aber ich weiß wirklich, wie du dich fühlst. Mein Vater wurde auch ermordet.«
Miyuki starrte ihn durch ihre Tränen hindurch erschrocken und zugleich misstrauisch an.
»Von dem Ninja Drachenauge«, fügte Jack zu Tenzens und Miyukis Erstaunen hinzu.
»Dann weißt du es vielleicht ein wenig«, lenkte Miyuki ein und schüttelte unglücklich den Kopf. »Aber Drachenauge war kein echter Ninja. Soke konnte sich anstrengen, wie er wollte, es war aussichtslos.«
»Soke kannte ihn?«, rief Jack. Ihm war trotz der Hitze plötzlich eiskalt.
»Kannte ihn?«, wiederholte Miyuki. »Soke hat Drachenauge alles beigebracht, was er wusste.«
27
Sokes Schüler
Jack stellte Soke vor seinem Haus zur Rede. Am Horizont waren Wolken aufgezogen und die Sonne stand wie ein blutrotes Auge über den Berggipfeln.
»Stimmt das?«, wollte er wissen.
Soke stützte sich schwer auf seinen Stock und seufzte tief.
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