Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
misstrauisch.
»Ich werde dem Shogun sagen, du hättest mir einen großen Dienst erwiesen. Deine Sicherheit ist also garantiert, zumindest bis an die Grenzen meiner Provinz.«
Jack überlegte sorgfältig, bevor er antwortete. »Ich kann es Euch trotzdem nicht sagen. Die Ninja haben mich gefangen genommen und mir die Augen verbunden.«
Der Daimyo hob misstrauisch die Brauen.
»Es geht hier um Treue, Fletcher-san, um Bushido!«, erklärte er. Er hatte zur förmlichen Anrede gewechselt. »Bist du nun ein Samura i … oder ein Ninja?«
Jack wusste es selbst nicht. Vor einigen Monaten war er noch ohne jeden Zweifel ein Samurai gewesen. Aber jetzt?
»Ich habe viel von dir gehört«, fuhr Akechi fort. Er hatte einen schmeichelnden Ton angenommen. »Daimyo Takatomi, dein früherer Herr in Kyoto, hat deine Samuraikünste in den höchsten Tönen gepriesen. Hast du ihm nicht das Leben gerettet und ein Attentat von Drachenauge verhindert? Und hat dieser Ninja nicht deinen Vater getötet?«
»Ja«, antwortete Jack mit zusammengebissenen Zähnen. Er durfte nicht zulassen, dass Gefühle sein Urteil trübten.
»Warum schützt du die Ninja dann?«
»Drachenauge ist tot«, sagte Jack ausweichend. »Ich will nur nach Hause zurückkehren.«
»Sei kein Narr! Drachenauge lebt in den Ninja weiter. Ein Teufel ist wie der andere! Und darum verbergen sie auch ihr Gesicht.«
Der Daimyo beugte sich vertrauensvoll vor.
»Auch mein Vater wurde von einem Ninja ermordet«, sagte er leise, als vertraue er Jack ein wichtiges Geheimnis an. »Ich weiß allerdings nicht, von welchem. Deshalb muss ich alle töten, um die Familienehre wiederherzustellen.«
In seinen Augen funkelte grenzenloser Hass. Die Rachegelüste haben seinen Blick getrübt, dachte Jack. Genau wie bei Drachenauge.
»Ich werde jeden einzelnen Ninja aufspüren, die Dörfer der Ninja niederbrennen und ihre finsteren Machenschaften ein für alle Mal beenden. Stell dir vor, Fletcher-san: keine Ninja mehr. Die Feinde deines Vaters wären vom Erdboden getilgt.«
In diesem Augenblick beschloss Jack, dass er diesem Mann auf keinen Fall den Standort des Dorfes verraten konnte. Der Daimyo würde all die unschuldigen Dorfbewohner einschließlich der Frauen und Kinder abschlachten lassen und Miyuki würde denselben Albtraum noch einmal erleben. Wem immer er zu Treue verpflichtet war, das jedenfalls konnte er nicht zulassen, erst recht nicht, solange auch Hanz o – oder Kiyoshi, wie er ihn inzwischen in Gedanken nannt e – im Dorf lebte.
»Ein einzelner Baum macht noch keinen Wald«, sagte er.
»Wie bitte?«
»Nicht alle Ninja sind böse. Viele sind nur Bauern, die hart für ihren Unterhalt arbeiten müsse n …«
Der Daimyo unterbrach ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Offensichtlich hast du schon viel zu lange bei ihnen gelebt. Die Ninja haben dir mit ihren Zauberkünsten den Verstand vernebelt.« Er schnippte mit den Fingern und die beiden Wachen rissen Jack hoch.
»Vielleicht brauchst du noch etwas Zeit, um darüber nachzudenken, wem du zur Treue verpflichtet bist, Gaijin«, sagte er barsch. Sein Lächeln war verschwunden. »Gemnan!«
Ein Mann mit einem eingefallenen, groben Gesicht, gelblicher Haut und eng stehenden Augen schlüpfte durch eine Nebentür ins Zimmer, trat schlurfend vor Akechi und verbeugte sich schief.
»Du hast die Wahl, Gaijin«, erklärte der Daimyo. »Wenn du mir die Position des Dorfes nicht bis morgen Früh mitgeteilt hast, hilft Gemnan dir, dich zu erinnern. Er kann das sehr gut.«
Gemnan verzog die Lippen zu einem hämischen Grinsen und musterte Jack wie eine Schlange ihr Opfer. Ein eiskalter Schauer überlief Jack. Über welche Mittel dieser Mensch auch verfügte, um ihn zum Sprechen zu bringe n – angenehm waren diese Methoden mit Sicherheit nich t … und wohl kaum schmerzlos.
33
Höllengarten
»Willkommen in meinem Garten«, sagte Gemnan kurzatmig. Die beiden Wachen stießen Jack grob zu Boden.
Der Hof an der Rückseite der Burg bestand aus einem von der Sonne ausgedörrten, öden Stück Erde. Hier wuchsen weder Blumen noch Büsche, nur ein einsamer Baum, an dem ein Mann an seinen auf den Rücken gefesselten Armen hing.
»Wie schön es hier ist«, sagte Gemnan stolz.
Jack blickte entsetzt um sich. Der Hof war von hohen Mauern umschlossen. Ein weiterer Gefangener war mit ausgestreckten Gliedern an einige Pfähle gefesselt, die man in den Boden getrieben hatte, und stöhnte schwach. Über seine Haut zogen sich tiefrote, blutige
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