Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
Akiko eine Nachricht überbringen, dachte Jack. Natürlich gegen Bezahlung.
Miyuki näherte sich bereits dem Tor. Ungeduldig drehte sie sich nach Jack um und fragte sich wohl, was ihn so lange aufhielt. Jack ging schneller. Er wollte nicht zurückbleiben und Miyuki noch misstrauischer machen. Aber er durfte auch nicht zu schnell gehen, denn das sah merkwürdig aus. Schließlich war er ein Mönch, der meditierte. Wenn er zu große Eile zeigte, machte er womöglich einen Samurai auf sich aufmerksam. Also ging er ganz langsam und bedächtig weiter, so schwer es ihm auch fiel. Durch seinen Weidenkorb behielt er die Wachen im Auge, die ihm allerdings keine weitere Beachtung schenkten. Er erreichte das Tor und wäre am liebsten die Straße entlanggehüpft. Sie hatten ihren Einsatz reibungslos abgewickelt und er hatte eine Möglichkeit gefunden, wie er mit Akiko Kontakt aufnehmen konnte.
»Komuso!«
Er erstarrte und das Herz schlug ihm bis zum Hals.
Miyuki, die schon vorausgegangen war, warf einen Blick zurück, blieb aber nicht stehen.
»Ich rede mit dir. Komm her.«
Jack wollte instinktiv losrennen. Aber mit dem Korb auf dem Kopf hatte er keine Chance, den Wachen zu entkommen. Er drehte sich also ganz ruhig um. Ein Samurai winkte ihn heran.
»Spiel uns ein Lied.«
Jack hätte vor Erleichterung am liebsten laut gelacht. Der Samurai wirkte überhaupt nicht misstrauisch, sondern ganz harmlos. Gehorsam hob Jack die Flöte an die Lippen und begann Hifumi zu spielen.
Der Samurai stöhnte. »Nein, nicht das«, sagte er und verdrehte die Augen. »Ich will Shika no Tone hören.«
Jack zögerte. Soke hatte ihm die Melodie vorgespielt, aber er beherrschte sie noch nicht richtig.
»Tut mir leid«, gestand er. »Das kann ich nicht.«
Der Samurai kniff die Augen zusammen und zog ohne Vorwarnung sein Schwert.
»Dann bist du kein echter komuso!«
32
Zur Treue verpflichtet
»Der berühmt-berüchtigte Gaijin und Samurai in meiner Burg!«, sagte Daimyo Akechi nachdenklich und strich sich über die Spitzen seines sorgfältig gestutzten Schnurrbarts. »Oder bist du jetzt ein Ninja?« Er lachte.
Jack schwieg. Er kniete mit gesenktem Kopf vor dem Fürsten. Rechts und links von ihm standen zwei Wachen, vier weitere waren an der Wand hinter ihm aufgereiht. Alle warteten nur auf den Befehl ihres Daimyo, ihn zu töten.
Draußen in der hellen Sommersonne zwitscherten die Vögel, völlig unbeeindruckt von Jacks Schicksal. Der Torwächter hatte Jack nach seiner Festnahme befohlen, den Korb abzunehmen. Er hatte fast sein Schwert fallen lassen, als darunter ein ausländisches Gesicht zum Vorschein kam. Die anderen Wächter waren blitzschnell aufgesprungen und hatten ihn umringt. Miyuki war unterdessen unbemerkt verschwunden. Die Wachen hatten Jack hastig in den vierten Stock der Burg zu Daimyo Akechi gebracht.
Der Samuraifürst trug schwarze, weite Hosen und eine ebenfalls schwarze, flügelartige Weste. Auf der Brustseite war mit Goldfäden sein Familienwappen, eine Libelle, aufgestickt. Er hatte ein schönes, selbstsicheres Gesicht und seine geölten Haare waren zu einem straffen Knoten aufgebunden. Den großen Siebdrucken an der Wand nach zu schließen, die ihn überlebensgroß und siegreich in der Schlacht zeigten, war er außerdem ziemlich eitel.
»Nur einem Ninja würde eine so schlaue Verkleidung einfallen«, fuhr er fort und zeigte auf Jacks Korb und Gewand. »Aber ich wüsste gern, warum die Ninja dir helfen.«
»Die Ninja sind meine Feinde, Akechi-sama«, sagte Jack und verbeugte sich noch tiefer.
»Wenn das so ist, warum bist du dann noch am Leben? Wo hast du dich die ganze Zeit versteckt? Meine Patrouillen haben sämtliche bekannten Täler, Wälder und Dörfer meiner Provinz nach dir abgesucht.«
»Ich habe mich im Gebirge versteckt.«
Der Daimyo seufzte. »Versuche bitte nicht, mich für dumm zu verkaufen. Du hast nicht wie ein wildes Tier gelebt, dazu bist du viel zu gut genährt. Sag mir also bitte, wo liegt das Dorf, das dich aufgenommen hat?«
»Da s … das kann ich Euch nicht sagen.«
»Du kannst nicht oder du willst nicht?«
Akechi betrachtete ihn prüfend.
»Ich will nichts Unzumutbares von dir fordern«, sagte er mit einem seidenglatten Lächeln. »Lass uns eine Abmachung treffen. Du verrätst mir, wo dein Ninjadorf liegt, und ich schenke dir dafür die Freiheit.«
Jack ahnte: Dieses Versprechen war genauso falsch wie die Abbilder seiner Heldentaten an der Wand.
»Und der Befehl des Shoguns?«, fragte er
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