Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
Gelegenheit, sich umzusehen und Informationen zu sammeln. Die Stadt war zu seiner Überraschung von regem Leben erfüllt. Trotz ihrer abgeschiedenen Lage inmitten des Iga-Gebirges waren in letzter Zeit offenbar zahlreiche Samurai eingetroffen. Alle Gasthöfe hatten Besetzt-Schilder herausgehängt und auf der Hauptstraße drängten sich die Menschen, von denen viele Lang- und Kurzschwerter trugen. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass Daimyo Akechi dabei war, hier eine Armee auszuheben.
Miyuki hörte auf zu spielen, bückte sich und hob die Almosenschale auf.
»Nur zwei Münzen und ein Rettich«, schimpfte sie und hielt den bereits bräunlich verfärbten Rettich angewidert hoch. »Vielleicht hast du ja mehr Glück, während ich mich umsehe.«
Jack stellte seine Schale auf den Boden, fuhr mit der Zunge über die Lippen und blies in seine Flöte. Die sehnsuchtsvolle Melodie des Hifumi hachi gaeshi mischte sich in den Lärm der geschäftigen Menge. Hin und wieder ließ ein Passant eine Münze in Jacks Schale fallen.
Als er zu Ende gespielt hatte, sagte Miyuki: »Zeit für den Tempel.«
Jack leerte seine Schale. »Fünf Münzen! Und ein Säckchen Reis!«
»Die Leute haben nur gespendet, damit du aufhörst!«, brummte Miyuki.
Sie zogen durch die Stadt, merkten sich, was sie sahen, und machten bei bestimmten Sehenswürdigkeiten Halt, um zu spielen und zu betteln. Sie spielten in der Nähe der Stallungen, zählten die Pferde, die mindestens für zwei Regimenter ausreichten, und entdeckten ein Lagerhaus voller Reissäcke. Dazwischen verglichen sie immer wieder ihre Einnahmen, als musizierten sie um die Wette.
Nach den Stallungen besuchten sie den Tempel, um keinen Verdacht zu erregen. Dort waren auch einige andere Mönche der Leere versammelt, die auf ihrer Pilgerreise in der Stadt Station machten.
»Du bleibst hier und tust so, als ob du betest«, flüsterte Miyuki. »Ich sehe inzwischen, was ich vom Priester erfahren kann.«
Jack näherte sich einer großen, hölzernen Buddhastatue, nahm ein Räucherstäbchen, zündete es an einer Kerze an und legte es in eine Schale. Der berauschende Duft von Sandelholz erfüllte die Luft. Jack verbeugte sich zweimal, klatschte in die Hände und verbeugte sich wieder.
»Bist du schon lange unterwegs?«, fragte eine leise Stimme hinter ihm.
Jack drehte sich um. Hinter ihm stand ein Mönch mit einem Korb auf dem Kopf. »Zwei Tage«, antwortete er.
»Dann hat deine Reise gerade erst begonnen.«
»Und deine?«, fragte Jack.
»Meine Pilgerreise hört nie auf. Ich besuche alle Tempel in Japan.«
Alle Tempel , dachte Jack und überlegte, ob vielleicht dieser Mönch Akiko eine Nachricht überbringen konnte. Ein Mönch war bestimmt vertrauenswürdiger als ein Kurier.
»Auch den Ise-Schrein bei Toba?«, fragte er.
»Natürlich«, sagte der Mönch. »Dort habe ich schon gebetet. Jetzt bin ich nach Süden unterwegs.«
Jack war froh über seinen Korb, sonst hätte der Mönch sein enttäuschtes Gesicht gesehen.
»Gute Reise«, sagte der Mönch und ging mit einer Verbeugung.
Unversehens tauchte Miyuki neben Jack auf. »Was fällt dir ein?«, fuhr sie ihn an.
»Ich habe nur höflich eine Frage beantwortet.«
»Lass das bleiben. Du gefährdest unsere Mission.«
Sie kehrten zum Marktplatz zurück und suchten sich einen Platz zum Spielen, von dem aus sie das Haupttor sehen und auf die anderen beiden warten konnten.
»Wir können gehen«, flüsterte Miyuki wenig später und zeigte mit ihrer Flöte auf Zenjubo und Tenzen, die soeben aufgetaucht waren. Die beiden gingen bereits auf der Hauptstraße in Richtung Tor.
Jack beendete sein Lied und einige weitere Münzen fielen in seine Schale.
»Damit habe ich gewonnen.« Er leerte den Ertrag in seine Tasche. In ihr klirrten erheblich mehr Münzen als in der von Miyuki.
»Du kannst feiern, wenn wir draußen sind«, erwiderte Miyuki gereizt.
Sie ging ihm voraus die belebte Straße entlang und die Passanten machten ihnen respektvoll Platz. Sie kamen an einem Stand vorbei, der Fächer verkaufte, und Jack hörte, wie der Händler sich mit einer vornehm gekleideten Dame unterhielt.
»Der mit Perlmutteinlage kommt aus Tob a …«
Neugierig geworden, ging Jack langsamer und lauschte angestrengt.
»Haben Sie noch mehr von der Sorte?«, fragte die Dame.
Der Händler schüttelte den Kopf. »Aber ich kann welche bestellen. Mein Sohn ist regelmäßig auf dem Tokaido unterwegs. Nächsten Monat kommt er durch Toba.«
Dieser Händler könnte
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