Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
an.
»Soke hat mir versprochen, dass Hanzo uns in Toba besucht, sobald der Clan sich in den Bergen eingerichtet hat. Ich weiß, dass er sich darauf freut, seine Mutter kennenzulernen.«
Akiko nahm Jacks Hand. »Ich stehe tief in deiner Schuld.«
»Nein, ich stehe in deiner«, erwiderte Jack und drückte sachte ihre Hand. »Es ist das Mindeste, was ich für dich tun konnte, nachdem du so viel für mich getan hast.«
Sie blickten einander an und spürten stärker denn je, dass ein Band zwischen ihnen war. Der zweite Abschied fiel ihnen noch schwerer als der erste. Jack wusste jetzt, wie das Leben ohne Akiko an seiner Seite war.
»Ich muss gehen«, sagte sie und ließ seine Hand los. »Meine Mutter wartet in Toba auf mich.«
»Du könntest mit mir kommen«, schlug Jack vor, obwohl er wusste, dass sein Weg in die entgegengesetzte Richtung führte.
Akiko schüttelte traurig den Kopf. »Meine Mutter muss unbedingt von Kiyoshi erfahren. Und ich muss für sie da sein. Das ist die Pflicht einer Tochter.«
Jack nickte. Er hätte die Frage gar nicht stellen dürfen.
Akiko beugte sich vor und küsste ihn zärtlich auf die Wange.
»Auf ewig miteinander verbunden«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Sie wandte sich ab und entfernte sich in Richtung der aufgehenden Sonne.
Jack blickte ihr stumm nach. Sie ging die Dorfstraße entlang, an dem verwüsteten Platz vorbei und um den Teich herum. So wie ihm jetzt zumute war, musste Akiko sich damals in Toba gefühlt haben, als er sie verlassen hatte. Am liebsten wäre er ihr nachgelaufen und hätte sie angefleht zurückzukommen.
Doch Akiko ging weiter. Sie wagte nicht einmal mehr einen Blick über die Schulter. Vielleicht hatte sie auch Angst. Sollte er rufen? Aber er wusste nicht, was er sagen sollte. Er und Akiko waren wie Blätter, die vom Wasser in verschiedene Richtungen getragen wurden.
Auch als sie schon verschwunden war, blickte er ihr noch nach und hielt die Hand an die Wange, die sie geküsst hatte. Wie gern hätte er sie noch einmal gesehen! Doch sie blieb verschwunden.
Wieder war er allei n – vielleicht besser für die bevorstehende Reise gerüstet als beim ersten Mal, aber dafür noch einsamer. Er hatte Akiko zum zweiten Mal verloren. Dann ermahnte er sich, dass er wie Akiko zuerst seiner Familie verpflichtet war. Die Liebe zu seiner Schwester Jess war anders als jene, die er für Akiko empfand, aber genauso verpflichtend, und Jess wartete in England auf ihn.
Er hob sein Bündel auf und vergewisserte sich, dass der kostbare Portolan gut gepolstert zwischen den beiden Kimonos steckte. Obenauf lagen der kleine Inro mit Yoris Papierkranich und Akikos Perle, die aufgefädelten Kupfermünzen und die mit Reis gefüllten Strohbehälter. Jack steckte noch die mit Wasser gefüllte Kalebasse und Tenzens fünf Wurfsterne hinein. Am Riemen der Tasche hing Sensei Yamadas rotseidenes Säckchen mit dem Amulett. Jack rieb daran und betete, dass es ihn weiterhin beschützen möge. Dann schwang er sich die Tasche über die rechte Schulter.
Seine Schwerter steckte er sich an die Hüfte. Mit ihnen fühlte er sich wie ein Samurai. Er hob seine letzten Gepäckstücke auf und fühlte sich wieder wie ein Ninja.
Diesmal sollte ihn niemand als Ausländer erkennen. Er stülpte sich den Weidenkorb über den Kopf, hob die Bambusflöte an die Lippen und begann leise zu spielen. Die einleitenden Töne von Shika no Tone wehten durch das Tal, und Jack trat seine einsame Pilgerreise nach Nagasaki an. Jeder Schritt brachte ihn der Heimat näher.
Japanisches Glossar
Bushido
Bushido bedeutet »Weg des Kriegers« und bezeichnet einen japanischen Verhaltenskodex ähnlich den ritterlichen Tugenden des europäischen Mittelalters. Die Samurai sollten bei ihrer Ausbildung in den Kampfkünsten und im täglichen Leben sieben Tugenden folgen.
1. Tugend: G i – »Gerechtigkeit« Gi steht für die Fähigkeit, moralisch richtig zu entscheiden und alle Menschen ungeachtet ihrer Hautfarbe oder Rasse, ihres Geschlechts und Alters gleich und gerecht zu behandeln.
2. Tugend: Y u – »Mut« Yu steht für die Fähigkeit, sich in jeder Lage mutig und selbstbewusst zu verhalten.
3. Tugend: Ji n – »Güte« Jin ist eine Mischung aus Mitgefühl und Großmut. Die Tugend geht Hand in Hand mit Gi und soll verhindern, dass der Samurai aus Hochmut oder Herrschsucht handelt.
4. Tugend: Re i – »Höflichkeit« Rei ist das höfliche und angemessene Benehmen gegenüber anderen. Der Samurai begegnet allen Menschen
Weitere Kostenlose Bücher