Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
schon jetzt, was er im Eifer des Gefechtes zu ihm gesagt hatte. Doch konnte auch das nichts daran ändern, dass Ronin an seinem gegenwärtigen Unglück schuld war.
Er verstaute die Wurfsterne in ihrem Beutel. Wieder hatte er etwas von seinen Sachen gefunden. Nur der Portolan fehlte jetzt noch. Und wenn Ronin die Wahrheit gesagt hatte, wusste Jack auch, wo er ihn suchen musste.
»Ich kehre nach Kizu zurück«, sagte er. »Von dort finde ich hoffentlich zu dem Shinto-Schrein zurück, wo ich dem Rätselmönch begegnet bin.«
»Ich begleite dich!«, rief Hana.
»Nein, du musst Akiko warnen. Der Mönch dürfte nicht schwer zu finden sein, es sei denn, es gibt ihn wirklich nur im Märchen und ich habe nur von ihm geträumt.«
»Es gibt ihn wirklich«, erwiderte Hana. »Er lebt in dem alten, verlassenen Tempel auf dem Berg Jubu im Nordosten von Kizu, auf der anderen Seite des Flusses. Dort geht niemand hin, der bei Trost ist. Aber …« Sie schluckte und schien ein wenig blasser zu werden. »Aber ich könnte dich hinführen und danach nach Toba weitergehen.«
»Dann lass uns aufbrechen, bevor hier noch jemand auftaucht«, sagte Jack und wickelte sich fester in seinen feuchten Kimono.
Er ging ein paar Schritte und merkte dann, dass Hana ihm nicht folgte. Sie war mit gesenktem Kopf bei Ronins Langschwert stehen geblieben.
»Auf was wartest du?«, fragte Jack.
»Ronin wird zurückkehren, um sein Schwert zu holen«, sagte sie. Sie drückte den Papierkranich, den Jack ihr geschenkt hatte, in einen Spalt zwischen Griff und Parierstange des Schwerts. »Dann soll er wissen, dass er noch eine Freundin hat.«
Es war tiefe Nacht, als Hana und Jack in Kizu eintrafen. Sie vergewisserten sich, dass niemand die Brücke bewachte, überquerten den Fluss, bogen gleich dahinter nach Nordosten von der Straße ab und verschwanden kurz darauf im Waldesdickicht.
»Wir müssen dem Flusstal folgen«, erklärte Hana.
»Woher kennst du den Weg?«, fragte Jack. Er konnte nicht einmal einen Pfad erkennen.
»Ich kenne ihn gar nicht«, gestand Hana. »Aber ich musste mich einmal auf dem Berg verstecken und verirrte mich. Bei dieser Gelegenheit sah ich den Rätselmönch und auch seinen Tempel auf dem Gipfel. Da ich die Gerüchte über ihn kannte, rannte ich schnell weg.«
Sie arbeiteten sich mühsam voran, folgten Tierfährten und mussten sich manchmal erst eine Schneise durch das Unterholz schlagen. Nach einer Weile ging es steiler bergan. Dunkelheit und Nässe machten den Weg zu einer gefährlichen Rutschpartie. Als sie endlich zu einem überhängenden Felsen gelangten, blieb Jack stehen.
»Lass uns für die Nacht hier bleiben«, schlug er vor. »Hier ist es trocken.«
»Du hast Recht«, stimmte Hana ihm keuchend zu. »Wir brauchen unsere Kraft morgen noch für den Jubu.«
Sie suchten vor dem prasselnden Regen Zuflucht in der kleinen Höhle. Jack versuchte Feuer zu machen, aber das Holz war zu nass. Zitternd vor Kälte saßen sie auf einem Stein. Zum Essen mussten sie sich mit kaltem Reis und rohem Gemüse begnügen. Jack wagte sich noch einmal in die Sintflut hinaus und kehrte kurz darauf mit einigen belaubten Ästen für ein provisorisches Nachtlager zurück. Die Blätter waren zwar nass, aber immer noch besser als der harte Steinboden.
Blitze zuckten über den Himmel und Donner rollten grollend durch das Tal. Ihr tiefes Rumpeln erschütterte die ganze Höhle. Hana rückte instinktiv näher an Jack heran.
»Hoffentlich hört das Gewitter bald wieder auf«, sagte sie mit vor Kälte und Angst klappernden Zähnen.
Jack legte beruhigend den Arm um sie und begann ihre Schulter zu reiben, damit ihr warm wurde. »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe auf dem Meer schon weit Schlimmeres überstanden.«
»Das meine ich nicht«, erwiderte Hana. »Dieser Berg ist verflucht.« Ihre Augen waren weit aufgerissen. »Es heißt, dass der Berggott des Jubu brüllt, wenn er wütend ist.«
Wieder fuhr ein gleißender Blitz über den Himmel.
»Er kämpft dann gegen den Flussgott. Wenn er verliert, strömt Blut aus seinen Flanken und der Fluss staut sich und überflutet das Tal.«
Donnergrollen dröhnte ihnen in den Ohren und Hana schmiegte sich noch enger an Jack.
»Wurde der Tempel deshalb aufgegeben?«, fragte er.
»Teilweise ja. Aber der Berg wird auch von onryo heimgesucht.«
»Echten onryo? «
Hana nickte. »Ich habe einen koshakushi einmal die Geschichte erzählen hören. Vor vielen Monden, zur Zeit des Kaisers Temmu, wurde im
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