Samurai 6: Der Ring des Feuers (German Edition)
doch glatt seinen Speer verkehrt herum gehalten!«
Auch Jack war unzufrieden. Er redete sich zwar ein, dass die Bauern immerhin einige Fortschritte gemacht hatten, aber wenn es weiterhin so langsam voranging, wurde aus ihrem ungeordneten Haufen nie eine Armee. Und da es schon bald Neumond war, blieb auch keine Zeit, die Bauern einzeln auszubilden.
»Was sollen wir deiner Meinung nach tun?«, wandte er sich an Hayato.
Hayato war seit ihrer Rückkehr ungewohnt still gewesen und antwortete auch jetzt nicht gleich. Er hatte die Stirn gerunzelt und war tief in Gedanken versunken. Doch dann hob er den Kopf. »Ehrlich gesagt beschäftigt mich im Moment etwas anderes viel mehr – nämlich Nekos Schwert.«
»Darüber haben wir doch schon gesprochen«, sagte Miyuki ungeduldig.
»Aber ich meine etwas anderes«, erwiderte Hayato. »Ich frage mich, wem es gehört.«
»Also, mir nicht.«
»Und meins liegt auf dem Bett.« Yuudai zeigte auf sein überlanges Schwert, das auf seiner Strohmatratze lag.
»Ich als Mönch trage gar kein Schwert«, erklärte Yori lächelnd.
Jack klopfte auf das Schwerterpaar an seiner Hüfte. »Meine sind hier.«
»Ich habe meine auch.« Saburo hielt seine beiden neuen, noch völlig unversehrten Schwerter hoch.
»Genau darauf will ich hinaus!«, sagte Hayato. »Wir haben alle unsere Schwerter und Bauern dürfen keine Schwerter besitzen. Woher hat Neko also ihres?«
Alle sahen zu Neko hinüber, die gerade dabei war, das Abendessen zuzubereiten. Ihr geheimnisvolles Schwert lehnte in der Ecke.
»Ich frage sie«, erbot sich Miyuki kurzerhand.
»Neko sagt, sie hat es gefunden«, erklärte sie, als sie zurückkehrte.
»Und wo?«, wollte Hayato wissen.
»Das zeigt sie uns nach dem Essen.«
Mit Appetit fielen sie über ihre übliche Mahlzeit aus weißem Reis und gedünstetem Gemüse her. Danach schlüpften alle in ihre Mäntel und folgten Neko nach draußen. Neko führte sie über den Dorfplatz und blieb zu ihrer Überraschung vor dem Reisspeicher stehen. Dort zog sie das große Holztor auf und hielt die Öllampe hoch, die sie aus dem Bauernhaus mitgenommen hatte. Ihr flackernder Schein beleuchtete den Innenraum der Scheune. An den Seitenwänden waren, fünffach aufeinandergestapelt und in Reisstroh eingewickelt, jede Menge Ballen mit Reis zu erkennen.
»Ganz schön viel Reis«, bemerkte Saburo staunend.
»Für dich vielleicht!«, schnaubte Miyuki. »Der Speicher ist schon halb leer und der Vorrat muss dem gesamten Dorf noch bis zum Frühjahr reichen!«
Neko bedeutete ihnen, ihr zu folgen, und trat zu einem Berg Heu an der Rückwand. Als die anderen das Heu umrundet hatten, sahen sie zu ihrem Schrecken Kunio inmitten lauter Waffen und Rüstungsteilen stehen. Rot vor Scham drehte er sich zu ihnen um. Auf seinem Kopf saß ein viel zu großer Helm mit Hörnern. Dazu trug er einen blutbefleckten Brustpanzer. In der ausgestreckten Hand hielt er in der Pose eines siegreichen Samurai ein schartiges Langschwert.
»Leg sofort das Schwert hin!«, befahl Hayato und betrachtete entsetzt die seltsame Waffensammlung.
»Aber Neko hat auch eins«, beschwerte sich Kunio. »Warum kriege ich keins?«
Hayato sah Miyuki an. »Genau das habe ich befürchtet!«
Er bückte sich, um einen Speer aufzuheben. Dabei rutschte das Heu ein wenig zur Seite und eine in die Bodenbretter eingelassene Falltür kam zum Vorschein. Nach dem Öffnen gab sie den Blick auf ein ganzes Arsenal von Speeren, Schwertern und Rüstungen frei.
Hayato packte Kunio und schüttelte ihn heftig.
»Woher habt ihr das?«, fragte er. Doch Kunio brachte vor lauter Schreck keinen Ton heraus.
Aus dem Dunkeln trat Toge hervor und antwortete an seiner Stelle. »Von toten Samurai.«
25
Streit
»Diese Bauern sind allesamt Diebe und Mörder!«, rief Hayato außer sich. Er stieß Kunio unwirsch weg und sah Toge verächtlich an.
Auch Saburo, Yori und Yuudai wechselten angesichts dieser Enthüllung befremdete Blicke.
»Dafür gibt es bestimmt einen anderen Grund«, sagte Jack, bemüht, eine Erklärung für das dunkle Geheimnis der Bauern zu finden.
»Nein, gibt es nicht!«, rief Hayato empört. Er hob einen Helm auf und hielt ihn den anderen hin. »Diese Sachen wurden besiegten Samurai abgenommen. Nach einer Schlacht schwärmen Bauern wie der da wie Geier über das Schlachtfeld aus, suchen nach Verwundeten und Gefallenen und nehmen ihnen alles, was sie am Leib tragen!«
Abrupt drehte er sich um und ging zum Tor.
»Wo willst du hin?«, fragte
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